Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Feuerball und taucht den Horizont in bunte Farben. Nicht in seinen kühnsten Träumen vermag Paul sich auszumalen, welch wundervoller Ort dort für gute Seelen bereitsteht.
Nur schwer reißt Paul sich von dem Anblick los. Für Tagträume bleibt ihm keine Zeit, er muss weiter nach Anka suchen. Mit etwas Glück würde er sie an einem der vertrauten Orte antreffen. Aufgewühlt hetzt Paul durch die Straßen, doch weder im Café noch in dem kleinen italienischen Restaurant wird er fündig. Nach mehreren Stunden erfolglosen Herumirrens sinkt er traurig zu Boden. Wie gerne hätte er sich bei Anka entschuldigt oder ihr wenigstens die Gelegenheit geboten, ihm ordentlich die Meinung zu geigen. Schließlich stand sie ihm permanent mit helfender Hand zur Seite, während er nichts Besseres zu tun hatte, als ihre Ideen für seine niederträchtigen Rachepläne zu missbrauchen. Anka muss sich durch seinen Verrat schrecklich ausgenutzt fühlen und er würde es verstehen, wenn sie nie wieder auch nur ein Wort mit ihm wechselt. Paul weiß aus eigener Erfahrung wie schrecklich es ist, ein Bauer auf einem Schachbrett von Lügen und Betrug zu sein und anschließend ohne ein Wort aus dem Spiel geworfen zu werden. Um jeden Preis will er verhindern, dass Anka die gleiche Hilflosigkeit durchleben muss, sich mit denselben bohrenden Fragen quält.
Ihre letzte Begegnung blitzt vor seinem inneren Auge auf. Die heißen Tränen auf Ankas schmerzverzerrtem Gesicht wird er niemals vergessen können.
Verzweifelt schüttelt Paul seinen Kopf, er braucht dieses Treffen unbedingt, nicht zuletzt auch um selbst einen Schlussstrich ziehen zu können. Erneut läuft Paul los, dieses Mal hat er ein Ziel. John muss wissen, wo Anka steckt, Gott weiß schließlich alles, oder?
Mit letzter Hoffnung stürmt Paul durch die große Eingangstür und tritt impulsiv an Julias Tresen. Es ist nicht seine Absicht, die freundliche Assistentin zu erschrecken, doch Paul befürchtet den Mut zu verlieren, wenn er die bevorstehende Konfrontation auch nur einen Moment hinauszögert. Und nochmals unter Johns eisige Augen zu treten, erforderte einen Haufen Mut.
Erstaunt blickt Julia auf, in ihrem Gesicht sind weder Verachtung noch Ablehnung zu lesen. Nur eine sanfte Traurigkeit umspielt ihren Mund, als sie kaum merklich in Richtung Fahrstuhl nickt.
Ein weiteres Mal erkennt Paul, wie viele Menschen er mit seinem Verhalten verletzt hatte, umso zielstrebiger steuert er den Lift an. Er hofft auf keine Vergebung oder Absolution durch John, aber er muss seiner inneren Stimme folgen, bevor er an jenen dunklen Ort reisen kann. Sonst würden seine seelischen Qualen die dortigen Foltermethoden bei weitem übersteigen. Aber vielleicht war eben dies sein Los und die gerechte Strafe? Augenblicklich verwirft er diese Vorstellung. Nein, das muss er um jeden Preis verhindern!
Als sich die Fahrstuhltür öffnet, tritt Paul zaghaft hinaus. Er hat mit einem wütenden John als Empfang gerechnet, die Leere des Flurs erleichtert und verunsichert ihn zugleich. Vorsichtig schleicht er weiter in Johns Büro, wo dieser ihn erwartet.
"Bitte?"
Die Stimme hallt hohl durch den Raum und Paul verlässt der Mut. Er wollte eigentlich so vieles sagen, doch nun fehlen ihm die passenden Worte. Nur unbedeutende Phrasen schießen Paul durch den Kopf, zu schal, um ausgesprochen zu werden. Stattdessen stellt er die einzige Frage, die ihm in diesem Augenblick wichtig erscheint.
"Wo ist Anka?"
Sein Gegenüber lehnt sich zurück und schnaubt wütend: "Warum willst du das wissen, hast du nicht genug Unheil angerichtet?"
Paul zuckt zusammen. Er hatte nicht erwartet, mit offenen Armen empfangen zu werden, aber diese unverhohlene Abneigung tut ihm weh.
"Ich will mich bei ihr entschuldigen", wispert er und seine brüchige Stimme widert ihn an. "Ich muss sie sprechen und ihr sagen wie leid es mir tut", wiederholt er fester.
John mustert ihn mit ausdrucksloser Miene.
"Da kommst du zu spät, sie ist weg."
"Weg?", fragt Paul fassungslos. "Wohin?"
"Nun ja, sie hat ihren Auftrag leider nicht erfüllt."
Pauls Verwirrung steigt zunehmend. Dass John nur in Rätseln spricht, geht ihm allmählich auf die Nerven.
"Welcher Auftrag denn?", fragt er hitzig und auch John erhebt nun seine Stimme.
"Na was denkst du denn? Welchen Auftrag könnte sie gehabt haben?"
Angestrengt versucht Paul, sich die gemeinsamen Gespräche mit der Kindergärtnerin ins Gedächtnis zu rufen. Doch auch nach intensivem Nachdenken kann er sich nicht daran erinnern, jemals
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