Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
gelangt so in den Gemeinschaftsraum.
"Paul!", schreit und juchzt es erfreut aus allen Ecken. Klara stürmt übermütig auf ihn zu und wirft sich in seine Arme.
"Paul, was machst du denn hier?"
Sie strahlt über das ganze Gesicht, bis zu den blond geflochtenen Zöpfen und Paul muss schon jetzt seine Tränen unterdrücken. Die übermäßige Freude über seinen Besuch überwältigt ihn stets aufs Neue.
Er lacht zurück: "Ich dachte, ich besuche euch kleine Frechdachse mal. Und erzählt, was habt ihr in der Zwischenzeit wieder ausgefressen?"
Lautes Gelächter erfüllt den Raum, die Kinder mögen es, wenn er sie so nennt. Das gibt ihnen ein Gefühl von Normalität. Als könnten sie tatsächlich etwas anstellen! Ohne Beobachtung und ohne Aufsicht, einfach einen Streich machen, wie in ihren Lieblingsgeschichten von den Drei ???. Die Abenteuer der Detektivbande kennen die Kleinen von zahlreichen Leseabenden mit Paul. Wenn seine Stimme sich abwechselnd hebt und an spannenden Stellen leise flüstert, lauschen selbst die größten Rabauken mucksmäuschenstill den spannenden Erzählungen. Dann fiebern die Kinder atemlos mit ihren Helden und brechen in hemmungsloses Kichern aus, wenn mal wieder etwas schief geht. Die Welt ist spannend und voller Leben, das dürfen sie nie vergessen.
Fragend sucht Paul Fraukes Blick, die heute die Rasselbande betreut und formt lautlos das Wort "Eis" mit seinen Lippen. Als sie lächelnd nickt, wendet er sich wieder den Kindern zu.
"Was haltet ihr heute von einer Eisparty?", fragt er verschmitzt, während er kleine Hüte hinter seinem Rücken hervor zaubert.
"Jaaaaaaaaaaaaaaaaa!", brüllt es so laut durcheinander, dass Paul sich mit schmerzverzogenem Gesicht die Ohren zuhält.
Die Kleinen mögen alles, was das Wort "Party" enthält, das weiß Paul nur zu gut. Daher gibt es regelmäßige Back-, Märchen- und Gruselpartys. Pauls Fantasie kennt keine Grenzen, wenn es darum geht den Kleinen eine Freude zu bereiten.
"So, jetzt setzt euch alle brav an den Tisch, dann bekommt ihr gleich euer Eis", versucht Frauke mit sanfter aber bestimmter Stimme die Racker zu bremsen. Angesichts einer Feier ist es jedoch schwierig, Ruhe in das Chaos zu bringen. Mit vereinten Kräften ist es nach einigen Minuten geschafft und die Bande verdrückt mit glänzenden Augen ihre Portionen. Diesen Moment der Stille nutzt Paul, um Frauke zur Seite zu ziehen.
"Wie geht es ihr heute?", flüstert er in das Ohr der zierlichen Frau. An der zurückhaltenden Reaktion der Erzieherin kann Paul keine positiven Änderungen von Klaras Gesundheitszustand ablesen. Frauke ist eine ehrliche Haut und zu ihrem Leidwesen sogar etwas zu aufrecht. Beim Lügen wurde sie bereits als Kind ständig ertappt und hat sich auch mit dem Alter darin nicht verbessert. Verlegen wischt sie mit der Hand ein paar Krümel zusammen.
"Ja weißt du, um ehrlich zu sein, nicht so gut. Sie nimmt von Tag zu Tag ab, die Krankheit scheint mehr und mehr an Stärke zu gewinnen."
Paul schluckt und beobachtet traurig, wie die kleine Klara ihre Schüssel mit einem großen Löffel auskratzt.
"Wenn man sie so sieht …", beginnt er, lässt den Satz jedoch unvollendet. Der Spruch ist dumm, er weiß selber, dass kranke Menschen gute und schlechte Zeiten haben. Und Schönreden ist eines der Dinge, die er seit seiner Zivildienstzeit nicht leiden kann.
Frauke wendet sich hastig ab, um die Brösel in den Mülleimer zu werfen und Paul ahnt, dass Tränen in ihren braunen Augen stehen. Gerne würde er sie tröstend in die Arme nehmen, unterlässt es aber aus Angst selber loszuheulen. Das ist das Schlimmste an seiner Aufgabe als freiwilliger Betreuer. Er kann sich noch so sehr bemühen, um den Kindern eine schöne Zeit zu bereiten und alles für sie tun, doch irgendwann heißt es Abschied nehmen. Die Tatsache, dass die Zeit mit Klara begrenzt ist, schmerzt ihn sehr und Paul ist sich nicht sicher, ob er es wirklich schon begriffen hat. Solch große Verantwortung übernimmt er zum ersten Mal, wie soll er auch nur annähernd erahnen, was ihn erwartet?
Als Frauke sich umdreht, liegt wieder ein Lächeln auf ihrem Gesicht und Paul bewundert sie dafür. Er weiß wie wichtig es ist, sich nicht hängen und noch wichtiger die Kinder nichts davon spüren zu lassen.
Flüchtig drückt er ihre Hand.
"Meinst du, ein Spaziergang auf dem Hof wäre zu anstrengend?"
Frauke mustert Klara kurz und schüttelt den braunen Pagenkopf. Wer weiß wie oft das Mädchen die Sonne noch sehen kann.
"Geh nur, aber
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