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Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Titel: Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorna Sternekieker
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Vibrieren und ich muss unweigerlich an die Geschichte vom verräterischen Herz denken. Fest halte ich die Tasche umklammert, aus Angst sie könne sich von selber öffnen und der brisante Inhalt laut singend über den Flur tänzeln. Mein Verstand lacht mich aus, aber ich bleibe vorsichtig. Es kann noch so vieles passieren! Was wäre, wenn ich jetzt ohnmächtig umfallen würde? Innerhalb von Minuten hätte sich ein Pulk um mich gebildet und auch Herr Brunner würde zu mir eilen. Dann würde er sich über mich beugen und mir besorgt über die Haare streichen, während ihm klar wird, was er im Begriff ist zu verlieren. Bei diesem Bild muss ich lächeln.
Aber dann würde jemand auf die Idee kommen, meine Familie anzurufen. Sie können ja nicht wissen, dass diese nur aus einem selbstgefälligen Kater besteht, der grundsätzlich nicht ans Telefon geht. Auf der Suche nach meinem Handy würde man unweigerlich über eine grüne Akte in meiner Tasche stolpern und dann …
Ein kalter Schauer läuft über meinen Rücken und ich verspüre schon erste Anzeichen einer bevorstehenden Ohnmacht. Die Paranoia drückt meinem Hirn eine DVD und Popcorn in die Hand und übernimmt das Kommando. Inzwischen renne ich den Gang entlang, denn mir wird klar, dass ich die Unterlagen in Sicherheit bringen muss.

Beim Betreten meines Büros stelle ich fest, dass dieses leer und Frau Grube zu Tisch ist. Was für ein Glück, weitere Fragen hätte ich jetzt nicht ertragen. Ich setze mich und verschnaufe kurz. Für die bescheuerte Idee, in das Büro zurückzukommen, verleihe ich mir selbst die goldene Kartoffel. Meine Nerven erinnern allmählich an ein Floß aus Zuckerwatte auf dem Niagara. Unter den Wasserfällen. Bei Regen.
Ich überlege fieberhaft nach einer Möglichkeit das Haus zu verlassen, als plötzlich die Tür mit lautem Knall aufschwingt und Frau Knauss hereinstürmt. Erschrocken zucke ich zusammen und kann einen Aufschrei nicht unterdrücken. Ich habe keine Ahnung, zum wievielten Male ich mich heute erschrecke, aber wenn der Tag so weitergeht bekomme ich noch vor dem Abendbrot einen Herzinfarkt.
Wütend schaue ich auf, doch Frau Knauss ignoriert meinen Blick mit der üblichen Mischung aus Penetranz und Dummheit.
"Ach Frau Wiese, da sind Sie ja wieder!", ertönt es schrill von unten. "Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht, geht es Ihnen inzwischen besser? Na, so schrecklich wie Sie aussehen, haben Sie sich bestimmt etwas eingefangen, Sie sind ganz blass um die Nase. Waren Sie im Park frische Luft schnappen? Das soll bekanntlich das beste Hausmittel sein!", prasselt es ohne Punkt und Komma auf mich ein. Ein weiteres Talent von Frau Knauss.
"Sie sollten nach Hause gehen, Sie sehen ganz schlimm aus", beteuert sie mit großen ehrlichen Augen.
Ich bin versucht, etwas Böses zu erwidern, schließlich sollte Frau Knauss mit ihren ein Meter fünfzig und der Haut einer Seegurke lieber nicht über das Aussehen andere Leute urteilen. Da kommt mir eine Idee.
"Sie haben recht", jammere ich. "Ich fühle mich von Minute zu Minute schlechter. Dabei hatte ich gehofft, die frische Luft würde mir guttun, aber ich glaube das bringt heute nichts mehr."
Frau Knauss nickt zustimmend und ihre gelben Locken wippen dabei auf und ab. "Dann nichts wie ab nach Hause und ins Bett! Ich stelle ihr Telefon um und informiere die anderen."
Schon oft hat mich ihre dominante Art, über andere Menschen zu bestimmen, an meine Grenzen gebracht, heute bin ich froh darüber. Kläglich nickend fahre ich meinen Computer runter und beiße mir auf die Lippen, um mir meine Freude nicht anmerken zu lassen. Das ist der endgültige Beweis dafür, dass jeder für etwas gut ist, sogar unsere Frau Knauss.
Auf leisen Sohlen verlasse ich das Zimmer. Das Engelchen auf meiner Schulter rollt vorwurfsvoll mit den Augen, aber ich reagiere nicht. Letztendlich geht es um das Wohl und die Zukunft der Firma, da darf ich mir schon mal einen Tag Auszeit gönnen. Ich trage genau genommen die Verantwortung für Hunderte von Mitarbeitern, beruhige ich im Geiste den himmlischen Moralapostel. Zunächst aber brauche ich einen Plan, der morgige Tag muss genauestens durchdacht werden. So eine Chance klopft nur einmal im Leben an die Tür, da muss jeder Schritt sitzen. Angefangen von meinem Auftritt im Vorstandsbüro, über die Kleidung auf der Dankesfeier am Abend, bis hin zu - einfach alles eben! Die Herren sollen nicht eine Sekunde zögern, die richtige Entscheidung zu treffen.
Apropos Kleidung, ich habe gar nichts

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