Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
mich. Langsam bewege ich mich rückwärts und entferne mich so von der Kreuzung. Aus der Ferne, blicke ich ein letztes Mal auf die skurrile Szenerie, bevor mich der Schwindel übermannt und ich den Boden unter den Füßen verliere. Dann wird es schwarz vor meinen Augen.
Nach einiger Zeit, es ist schwer zu sagen ob inzwischen Sekunden oder Stunden vergingen, komme ich zu mir. Die Dunkelheit ist verschwunden und aggressives, weißes Licht reizt meine Augen. Schnell kneife ich sie wieder zu. An die Helligkeit muss ich mich erst noch gewöhnen. Ich warte bis der Schmerz nachlässt und versuche dann vorsichtig zunächst das rechte Lid zu öffnen. Es sticht höllisch und so entscheide ich das Auge wieder zu schließen.
Woher kommt bloß dieses verdammte Licht? Im Geist gehe ich die Möglichkeiten durch: Ich könnte zum Beispiel auf meinem Balkon eingeschlafen sein und jetzt in der Mittagssonne braten. Dafür ist es jedoch nicht heiß genug und da ich außerdem einen Sonnenschirm besitze, kann ich diese Option ausschließen. Oder bin ich womöglich in der Waschküche umgefallen und liege nun unter dem grellen Neonlicht auf dem kalten steinernen Boden? In der Hoffnung gefunden zu werden, bevor mich die Ratten unter sich aufteilen? Dafür ist es wiederum zu warm und auch zu weich und kuschelig.
Ach du Schreck, ich liege doch nicht etwa in einem Sarg? Panik steigt in mir auf und ich verfluche meine Neigung zu Horror-Thrillern. Bevor meine Phantasie mit mir durchgeht, werde ich mich wohl oder übel umsehen müssen.
Nach einem leidvollen Stöhnen, starte ich einen weiteren Versuch. Dieses Mal lasse ich mir mehr Zeit, als unser Hausmeister beim Reparieren der Damentoiletten. Und siehe da, es klappt. Erfreut betrachte ich mein Umfeld und ... bin genauso schlau wie vorher.
Alles, was ich sehen kann, ist helles, gleißendes Licht. Es ist seltsam, obwohl ich keinen Schimmer habe, wo ich mich befinde, verspüre ich nicht die geringste Nervosität. Im Gegenteil, ein behagliches Gefühl durchströmt meinen Körper, vergleichbar mit den Weihnachtsfeiertagen meiner Kindheit. In der Hand ein paar Kekse und heiße Schokolade im Bauch, auf dem Schoß mein Lieblingskätzchen Mulle. Damals war das Leben noch einfach. Ich seufze tief.
Während ich in lang zurückliegenden Erinnerungen schwelge, gewöhnen sich meine Augen allmählich an das Strahlen und ich kann erste Umrisse erkennen. Soweit ich sehen kann, befinde ich mich in einem weißen Raum, so hell und die Wände so leuchtend, dass es schier unmöglich ist zu erkennen, wo der Boden aufhört und die Wände beginnen. Im Hintergrund ertönt leise Musik und an den Wänden reihen sich ebenfalls weiß lackierte Stühle aneinander. Alles gleicht dem Warteraum bei meinem Zahnarzt. Auf einer dieser Stuhlreihen liege ich und versuche, aus meiner Ohnmacht zu mir zu kommen. Auch das erinnert mich an meine verhassten Zahnarztbesuche. Nur scheint hier alles viel friedlicher als bei Doktor "Daskönntejetzteinbisschenwehtun" zu sein. Dieses Gefühl der Geborgenheit ist schwer zu beschreiben, es liegt einfach in der Luft. In der Mitte des Raumes steht ein Tisch, der so gläsern ist, dass er mir erst jetzt auffällt. Auf dessen Oberfläche liegen einige Papiere, neugierig richte ich mich auf und wanke in die Richtung. Es handelt sich um Hochglanzbroschüren, passend zu dieser Umgebung. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, das mir Sekunden später jedoch schlagartig aus dem Gesicht fällt. Wieder und wieder lese ich fassungslos die Überschrift. Ich kann die Worte aneinander reihen, den Sinn erfassen, aber ich kann es einfach nicht begreifen. Vor meinen Augen tanzen in silbernen Buchstaben die einfachen Worte: "Sie sind also gestorben. Der richtige Umgang mit dem Leben nach dem Leben."
Das kann nur ein schlechter Witz sein! Meine Atmung überschlägt sich und ich beschließe mich erst einmal zu beruhigen. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Jeder Geburtsvorbereitungskurs wäre stolz auf mich, trotzdem schlagen meine Übungen fehl. Ich kann mich einfach nicht entspannen. Mein Blick fällt auf die weiteren Flyer auf dem Tisch: "Sterben für Dummies",
"Gestorben wird immer" und "Wovor fürchten, Sie sind doch schon tot?"
Eine grausame Wahrheit sickert in meinen Kopf und mir wird schwindlig. Das Chaos vorhin auf der Straße. Der Unfall. Das war kein Traum!
Ich. Bin. Tot?
Erschöpft lege ich mich auf den Boden und beginne meine Atemübungen von Neuem. Tatsächlich werde ich nach einigen Minuten
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