Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
diesen Ausnahmezustand nur eingebildet? Egal, vor Erleichterung muss ich fast lächeln, und schaffe es sogar, Evi wohlwollend auf den Bauch zu schauen. Stimmt. Eigentlich ist es schier unmöglich ohne einen triftigen Grund, derart dick zu werden. Da hätte ich auch alleine drauf kommen können.
Jetzt wird aus meiner Kollegin also ein weiteres Heimchen am Herd. Nicht, dass ich die Leistung von Müttern nicht zu schätzen weiß, schließlich wird aus deren Mündern andauernd betont, wie umfangreich und schwierig der Job sei. Aber so schwer diese Arbeit auch sein mag, genauso wenig wird sie auch öffentlich wahrgenommen. Nach der Geburt verschwinden die betreffenden Frauen meist hinter dem häuslichen Herd, wo sie langsam aber stetig den Blick für das Wesentliche verlieren. Prioritäten werden neu gesetzt, Kinder und Haushalt stehen bald an erster Stelle. Binnen kurzer Zeit gehören regelmäßige Frisörbesuche und Yogastunden der Vergangenheit an und der Jogginganzug verdrängt bald das sexy Outfit der sonst so gepflegten Damen. Ist doch auch viel praktischer, zumal das Baby ständig draufspuckt.
Doch damit nicht genug. Man vernachlässigt seine Freunde und das Leben spielt sich immer seltener draußen vor der Haustür ab. Der Ehemann wird schnell zum einzigen sprachbegabten Wesen in der Umlaufbahn der gestressten Mutter, abgesehen von der Verkäuferin im Edeka und den Leidensgenossinnen aus der WeightWatchers-Gruppe. Diese Wandlung entgeht auf Dauer auch nicht dem unsensibelsten Mann und er erkennt bald, dass die zauberhafte, geheimnisvolle und aufregende Frau an seiner Seite zu einer pfundigen und pragmatischen Hausherrin geworden ist. Die besten Exemplare der Männerwelt werden an diesem Punkt versuchen, der neuen Hausfrau-Mutation mit einfühlsamen Gesprächen ihre Bedürfnisse zärtlich und behutsam näher zu bringen – und einen Ehekrach ernten, der sich gewaschen hat. Schließlich zieht frau sich nicht zum Spaß so an und weiß Mann eigentlich, was sie den ganzen Tag über leistet? Nein, der Herr kommt spät abends nach Hause,
fordert sein Essen und schläft anschließend auf dem Sofa ein. Diese Phase ist meist der Beginn der letzten langweiligen Ehejahre und sobald die Kleinen aus dem Gröbsten raus sind - tja, man weiß ja, wie das Ende aussieht.
Ich strahle Evi an: "Das ist ja großartig! Ich freue mich so für euch! Wann ist es denn endlich soweit?"
Meine Schauspielleistung erntet, anstatt dem gebührenden Beifall, nur verwundert fragende Blicke. So muss sich ein Salatkopf unter Evis skeptischer Musterung fühlen.
"Du wusstest es? Ist ja ein Ding! Hat sich die Neuigkeit schon so weit herumgesprochen oder hat er dich etwa um Rat gefragt? Immerhin standet ihr euch einmal sehr nahe, da bin ich aber platt!"
Jetzt ist es an mir, verdattert in die Runde zu schauen. Kann Evis Mann aber auch gar nichts ohne Anweisung und was heißt hier eigentlich "nahe stehen"? Der kleine unauffällige Klaps auf sein Hinterteil, war doch nicht der Rede wert und außerdem nur die Auswirkung, der viel zu starken Erdbeerbowle auf Herrn Brunners Geburtstagsfeier.
Ich bemerke, wie Frau Grube mich eindringlich fixiert und folge ihrem Blick, der auf Evis Bauch deutet und von einem unauffälligen Kopfschütteln begleitet wird. Ich denke nach. Das bedeutet wohl, dass Evi nicht schwanger ist und ihr Gewicht tatsächlich durch natürliche Nahrungsaufnahme zustande kam. Gespannt warte ich auf die Klärung der Situation, bis Frau Grube mir zur Hilfe eilt.
"Evi zieht ein Stockwerk höher. Sie ist, halten Sie sich fest! Zur Vorstandsassistentin befördert worden. Ist das nicht toll?"
Evi jubelt nun leise: "Und alles nur, weil ich gestern Heißhunger auf Kekse hatte." gluckst sie. Die letzten Worte dringen wie durch Watte an mein Ohr.
"Kekse?", krächze ich heiser.
Augenblicklich muss ich an den leeren Karton hinter unserem Drucker denken. Das ideale Versteck für die derzeit wichtigsten Unterlagen der Firma. Es sei denn, man hat eine scheinschwangere, fresssüchtige, dicke Kuh … mir fehlen die Worte. Mein Mund ist ganz trocken und ich muss mich setzen. Zu allem Übel bemerke ich, wie alle Augen erwartungsvoll auf mich gerichtet sind und falle instinktiv um Evis stämmigen Hals. Während ich dem Drang, diesen mit aller Kraft zu würgen, nur mühsam widerstehe, stammle ich meine besten Glückwünsche. Die Kollegen betrachten mich zutiefst gerührt und verschiedene Hände klopfen mir anerkennend auf die Schulter. Da bemerke auch ich die salzigen
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