Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
finden. Ich habe einen makellos runden Schädel, um den mich jeder Glatzkopf beneiden würde.
Inzwischen werde ich von der gegenüberliegenden Parkbank interessiert von zwei Obdachlosen beobachtet. Der kleinere von beiden grient mich zahnlos an, während er es mir gleich tut und seinen mützenbedeckten Schopf mit rauen Händen untersucht. Sein Lächeln wird bei dem Theater fortwährend breiter und es fehlt nicht viel, bis er in einen Lachanfall ausbricht. Der zweite hingegen betrachtet mich voller Mitleid. Das gibt mir den Rest. Wenn dir ein Penner so mitfühlende Blicke zuwirft, bist du ganz unten angelangt. Das bringt dich mehr ins Straucheln als eine harte Rechte von den Klitschko-Brüdern.
Ich springe auf und gehe erhobenen Hauptes davon. Was wissen die denn schon!
Zu Hause öffne ich eine teure Flasche Rotwein. Auch hier muss ich unweigerlich an die Parallelen zu gestern denken. Gab es vor wenigen Stunden noch Sekt, um den Erfolg zu feiern, wird nun mit Rotwein die Niederlage verdaut. Nach wenigen Schlucken beginnt der Alkohol zu wirken und ich werde ruhig und schläfrig. Die Aufregung hat mich ausgelaugt und so lasse ich mich erschöpft auf mein Bett fallen. Für den heutigen Tag habe ich genug gelitten, beschließe ich, als ich mir die Decke über den Kopf ziehe. Bevor ich einschlafe, falte ich die Hände.
Meine abendlichen Gebete sind eine alberne Angewohnheit von mir und das pädagogische Erbe meiner Uroma. War es in meiner Kindheit noch ein Zwang, so ist es inzwischen zu einer Gepflogenheit geworden, eine Art Selbstgespräch mit Therapieeffekt. Vergleichbar mit einem Tagebucheintrag, nur besser, weil ein kleines Stück Hoffnung auf ein Wunder mitschwingt.
Einen Moment lang überlege ich was ich sagen will, dann weiß ich es.
"Hallo Gott" , beginne ich. Das "lieber" spare ich absichtlich aus.
"Vielen Dank! Ja wirklich, vielen Dank auch.
Heute war einer der schwärzesten Tage in meinem Leben, aber wem erzähle ich das, du warst ja dabei. Wie konntest du das nur zulassen? Da bin ich endlich auf der Sonnenseite des Lebens angelangt und dann wird über Nacht alles zerstört.
Wieso? Ich weiß, du hast viel zu tun. Hungersnöte, Seuchen und so weiter. Aber sind wir doch mal ehrlich, von allzu großem Erfolg sind diese Projekte leider nicht gekrönt, oder? Es ist nicht leicht, die Welt zu retten, vielleicht solltest du es gerade deshalb erst einmal mit kleineren Vorhaben versuchen?
Ich habe keine Ahnung, ob der Traum gestern Nacht Wirklichkeit oder ein Hirngespinst war, aber eines weiß ich, du schuldest mir etwas! Mir steht diese Beförderung zu und das weißt du auch. Ich habe schließlich die Unterlagen eigenhändig und unter Einsatz meines Lebens aus dem Container gezogen, während die dicke Evi nur auf Futtersuche war.
Ist Völlerei nicht sogar eine der sieben Todsünden? Ich könnte beim bloßen Gedanken an die mampfende Kuh platzen. Nein, besser, sie soll platzen. Oder sich zumindest ein Bein brechen. Jawohl!
Aaaamen."
Am nächsten Morgen erwacht Paul ohne das gewohnte Scheppern seines alten Weckers. Er braucht ein paar Minuten, um zu begreifen, wo er sich befindet. Mit leerem Blick starrt er ratlos an die Decke, während seine Gedanken zu einer Theorie schweifen, von der er als Student einmal gehört hatte.
Ein berühmter Professor, an dessen Namen sich Paul nicht mehr erinnern kann, meinte in seinem Vortrag, dass jedes Einschlafen ein kleiner körperlicher Tod sei und jedes Erwachen somit einem Wunder gleiche. Dies wäre der Grund für die Wirrnis, welche einem an manchen Morgen hartnäckig den Kopf umnebelt, undurchsichtig wie der aufsteigende Schleier auf einer Herbstwiese. Damals fand Paul diese Idee gruselig, doch heute fühlt er sich tatsächlich wie von den Toten auferstanden. Das ist auch kein Wunder, in Anbetracht der chaotischen Ereignisse der letzten Tage.
Tief einatmend löst Paul den Blick von der weißen Vertäfelung und rollt sich auf die Seite zu seinem Nachtisch. Die schwarz verchromten Zeiger auf dem altmodischen Ziffernblatt zeigen noch genügend Zeit, bis zu seinem Meeting mit John an und Paul seufzt wohlig. Wenn er sich jetzt aus den gemütlich warmen Kissen quält, reicht es sogar noch für ein ausgedehntes Frühstück im Speisesaal. Die Vorfreude auf ein leckeres Omelette vertreibt die letzte Trägheit aus seinen Gliedern und sein Magen knurrt wie zum Aufruf.
Ausgelassen schwingt Paul die Beine aus dem Bett und überlegt. Wann war er gestern eigentlich eingeschlafen? Seine
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