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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Schwarze mit den breiten Schultern, scheinbar ungerührt. »Ich sagte es schon, seltsame Dinge gehen in diesem Land vor sich, vieles mag hier geschehen, das andernorts undenkbar ist. Ihr solltet es so rasch wie möglich verlassen.«
    »Es verlassen? Aber mein Meister …«
    »Wenn diese Kreaturen das sind, wofür du sie hältst, ist er längst tot. Um ihn brauchst du dich also nicht mehr zu sorgen. Ruht euch ein paar Stunden aus, ich werde über euch wachen. Dann verlasst diese Gegend und flieht, solange ihr noch könnt. Ich werde euch die Vorräte der Templer überlassen sowie drei ihrer Kamele.«
    »Das ist sehr großzügig von Euch, Herr«, erwiderte Rowan, »und ich leugne nicht, dass wir die Hilfe gut gebrauchen können – aber ich werde dieses Land nicht ohne meinen Meister verlassen.«
    »Dein Meister ist tot, geht das nicht in deinen Schädel?«
    »Das glaube ich erst, wenn ich einen Beweis dafür gefunden habe«, erwiderte Rowan.
    »Also willst du dafür dein Leben riskieren und ihres gleich mit dazu?«, fragte der Schwarze, auf Cassandra deutend. »Sie ist deinem Schutz anvertraut, also handle entsprechend. Nicht den Toten, sondern den Lebenden hat deine Sorge zu gelten.«
    »Und das sagt ausgerechnet Ihr? Der Ihr einen sinnlosen Krieg gegen den Templerorden führt? Einen Krieg, den Ihr noch nicht einmal gewinnen könnt? Früher oder später wird man Euch töten und dann …«
    Das Blitzen im Auge des Ritters sagte Rowan, dass er in seiner Aufregung zu weit gegangen war. Er verstummte, aber es war zu spät. Wütend schoss der Hüne in die Höhe und starrte zornbebend auf ihn herab. »Sinnlos?«, blaffte er. »Geschwätziger junger Narr, was weißt du vom Sinn und davon, wie man ihn findet? Was maßt du dir an?«
    »N-nichts«, versicherte Rowan eingeschüchtert, »ich …«
    Er verstummte abermals, als der Ritter das Feuer umrundete, sich zu ihm herabbeugte, ihn am Kragen seiner Tunika packte und zu sich emporriss. »Weißt du, welche Gründe mich bewegen?«, schrie er Rowan an, während ihn sein Auge durchdringend anstarrte. »Weißt du, wie tief der Abgrund ist, in den ein Mensch zu stürzen vermag? Weißt du das?«
    »Bitte verzeiht ihm, Herr.«
    Es war das erste Mal, dass Cassandra das Wort ergriff. Die ganze Zeit über hatte sie geschwiegen und sich damit begnügt, in die Flammen zu starren. Nun erhob sie sich von ihrem Platz am Feuer und legte dem eisengepanzerten Riesen die Hand auf die Schulter, um ihn zu besänftigen, so als ginge keine Gefahr von ihm aus. »Bitte verzeiht«, sagte sie noch einmal. »Er hat es nicht so gemeint. Er ist jung und unerfahren und weiß nichts von Eurem Schmerz.«
    Ohne von Rowan abzulassen, wandte sich der Hüne Cassandra zu und starrte sie an, und einen Augenblick lang fürchtete Rowan, er würde nun vollends die Beherrschung verlieren und sich auch noch auf die junge Frau stürzen – doch es kam anders. Jäh schien sich der Ritter anders zu besinnen. Er lockerte seinen Griff und ließ Rowan schließlich ganz los. Dann wankte er wie jemand, der einen Schlag auf den Kopf erhalten hatte, zurück und sank wieder auf seinen Platz am Feuer.
    »Verzeiht, Herr«, sagte jetzt auch Rowan, der keuchend nach Atem rang. »Es war nicht meine Absicht, Euch zu verärgern.«
    »Schon gut, Junge«, sagte der Ritter tonlos. Seine Miene machte den Eindruck, als hätte er einen Geist gesehen.
    »Es ist nur … ich habe meinem Meister viel zu verdanken«, erklärte Rowan. Er begriff nicht, weshalb der Hüne so plötzlich von ihm abgelassen hatte, und hatte noch immer das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Ich kann einfach nicht gehen, ohne zu wissen, was aus ihm geworden ist.«
    »Dann such nach ihm«, bestätigte der Schwarze, ohne ihn dabei anzusehen. »Eines jedoch merke wohl: Du solltest nie eine Suche beginnen, die du nicht zu Ende führen willst.«

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21
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    »Den Gewalttätigen wird Unglück jagen,
Stoß auf Stoß.«
    Psalm 140,12
    Quelle von Cresson
1. Mai 1187
    »Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ruhm!«
    Der Psalm, den die Ritter des Templerordens zu ihrem Wahlspruch erkoren hatten, scholl als donnernder Schlachtruf durch die Senke. Dann gaben die Trompeten das Signal. Ein Ruck ging durch die Schlachtreihe, und die Pferde, mächtige destriers , trabten an.
    Es waren über hundert berittene Kämpen: zum größten Teil Angehörige des Templerordens aus La Fève, aber auch Johanniter und Ritter des Königs, die in die Schlacht stürmten, dem

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