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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sondern die Gier nach Macht und Beute treibt sie an.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich weiß es«, entgegnete der Schwarze, und Rowan entging nicht der drohende Unterton, der in seiner Stimme mitschwang.
    »Wie lange führt Ihr schon diesen Kampf?«
    »Eine Weile.« Noch einmal fuhr der Ritter energisch über die Klinge, dann schien er zufrieden. Als er den Stahl diesmal prüfte, nickte er wohlwollend.
    »Und Ihr seid ganz allein?«
    »Allein«, bestätigte der Ritter, während er die Waffe sorgfältig zu polieren begann. Der Widerschein des Feuers spiegelte sich in der Klinge. »So allein, wie wir träumen.«
    Rowan und Cassandra wechselten abermals einen Blick. Etwas Dunkles ging von ihrem geheimnisvollen Retter aus, das nicht unmittelbar bedrohlich war, jedoch von Unheil kündete – von solchem, was vor langer Zeit geschehen war, oder von solchem, das erst noch geschehen mochte.
    »Wenn Ihr uns beobachtet habt«, erkundigte sich Rowan vorsichtig, »dann wisst Ihr, dass wir zu dritt gewesen sind. Ein Benediktinermönch war bei uns, Cuthbert ist sein Name.«
    »Ich weiß.«
    »Vergangene Nacht ist er spurlos verschwunden.«
    »Er wurde verschleppt«, bestätigte der Schwarze ungerührt.
    »Von wem?«
    »Rideforts Schergen sind nicht die Einzigen, die sich in diesem Landstrich herumtreiben«, erklärte der Einäugige geheimnisvoll. »Es gibt auch noch andere.« Der schwarze Ritter zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nicht, wer sie sind. Seltsame Dinge gehen in den Bergen vor sich. Barbaren leben dort, gesichtslose Krieger, die nachts auf Beutezug gehen und sich lautlos wie Schatten bewegen. Sie sind es, die euch überfallen und deinen Meister verschleppt haben. Ich hörte seine Hilfeschreie.«
    »Ihr … Ihr habt gehört, wie er um Hilfe schrie?« Rowan schnappte nach Luft. »Wieso habt Ihr nicht eingegriffen? Wieso …?« Er unterbrach sich. Der Blick, den der Einäugige ihm schickte, war Antwort genug. »Natürlich«, knurrte er, »Ihr seid ja nicht unseretwegen hier, sondern wegen der Templer. Wegen des Krieges, den Ihr führt.«
    »Wie ich schon sagte.« Der Schwarze hatte seine Arbeit beendet und schob das Schwert mit einem Ruck zurück in die Scheide. »Dankt mir nicht, denn ich habe es nicht um euretwillen getan.«
    »Und mein Meister?«
    »Du solltest ihn vergessen. Er ist längst nicht mehr am Leben, denn die Schattenkrieger töten schnell und ohne Mitleid.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte Rowan trotzig. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte er es nicht für möglich gehalten, aber die Aussicht, Bruder Cuthbert niemals wiederzusehen, entsetzte ihn.
    »Nein. Aber ich habe das hier gefunden.« Der Ritter griff in seinen Packsack und zog ein etwa armlanges Stück Holz hervor.
    »Ein Pfeil?«, fragte Rowan.
    »Ein besonderer Pfeil«, erläuterte der andere und hielt das Geschoss demonstrativ hoch. »Die Befiederung stammt von einem Vogel, den ich nicht kenne. Und die Spitze ist gedreht, sodass sie furchtbare Wunden zu schlagen vermag. Es hat mich einige Kraft gekostet, den Pfeil aus dem Leichnam zu ziehen.«
    »Was für ein Leichnam?«
    »Ein Orientale, allerdings ein wohl sehr seltsamer Kauz, denn auf seiner Brust waren sowohl ein Kreuz als auch ein Halbmond tätowiert. Ich fand ihn auf der anderen Seite der Senke.«
    »Ein Kreuz und ein Halbmond?«
    Der Ritter blickte auf. »Du kanntest ihn?«
    Rowan nickte.
    Farid.
    Ganz offenbar hatte ihren Führer aller Vorsicht zum Trotz ein grausames Ende ereilt. Obwohl er ihn nicht gut gekannt und ihm zu Beginn der Reise ablehnend gegenübergestanden hatte, verspürte Rowan Trauer. Zuerst Bruder Cuthbert, nun Farid. Längst schon stand ihre Expedition unter keinem guten Stern mehr. Das Verderben, das Philippus ereilt hatte, schien nun auch sie einzuholen. »Wer sind diese Schattenkrieger?«, fragte er schaudernd. »Beduinen? Wüstenräuber?«
    »Kaum. Wegelagerer pflegen sich nicht auf solch lautlose Weise zu bewegen, und Beduinen sind keine Bogenschützen.«
    »Wer dann?« Rowan verspürte Hoffnung und Furcht zugleich. Er schluckte sichtbar, während er an den Inhalt des Johannesbriefes denken musste. »Könnte es sich bei diesen Schatten auch um … um andere Kreaturen handeln?«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine Kreaturen, die Tieren ähnlicher sind als Menschen«, erwiderte Rowan und erschauderte selbst bei seinen Worten. »Kreaturen, die das Fleisch von ihresgleichen ebenso verzehren wie …«
    »Schön möglich, wer weiß?« Erneut zuckte der

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