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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Einsamkeit.
    Und über die eigene Furcht.

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20
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    »Gott wird den Gerechten und den Frevler richten. Denn jedes Ding und jedes Tun hat seine Zeit.«
    Psalm 3,17
    Bergfestung, Zagrosgebirge
4. Juli 1187
    Als der Morgen über dem Gebirge dämmerte, fand er Kathan bereits in voller Rüstung. Da man ihm seine Habe im Lager der Sarazenen abgenommen hatte, hatte Fürst Ungh-Khan ihn mit neuen Waffen ausgestattet: einem gerade geformten Schwert, das sich zur Spitze hin verbreiterte und daher wuchtiger war als ein herkömmliches Breitschwert, jedoch nur auf einer Seite geschliffen; ein mit Leder bezogener Rundschild, dessen Buckel einen Dorn aus Eisen aufwies; sowie ein aus einem fremdartigen Holz gefertigter Speer, der mit einer Länge von rund acht Ellen auch als Lanze diente.
    In einer der Scheunen, die sich an die Mauer des unteren Innenhofs schmiegten, hatte Kathan seine Rüstung angelegt, die im Wesentlichen aus seiner schwarzen Kettenbrünne bestand sowie aus Arm- und Beinschienen aus Ungh-Khans Rüstkammer. Als Kopfschutz diente ein konisch geformter und mit Fell umkränzter Helm, der aus Kathan vollends einen Krieger zweier Welten machte, einen Kämpen ohne Heimat, der er tatsächlich auch war.
    »Und du bist sicher, dass du das tun willst?«
    Cassandra war bei ihm. Sie hatte ihm geholfen, die Rüstung anzulegen und sich auf den Kampf vorzubereiten, so gut es eben ging. Ihnen beiden war klar, dass das Duell nicht unter den günstigsten Voraussetzungen stattfand. Kathan litt noch unter den Folgen seiner langen Gefangenschaft, zudem entsprach seine Bewaffnung nicht seiner Gewohnheit. Dennoch hätte nichts und niemand ihn davon abbringen können, diesen Kampf zu bestreiten.
    Der alte Recke lächelte schwach. »Mein Leben lang habe ich mir eingeredet, auf der Seite des Rechts zu stehen und einen gerechten Krieg zu führen – dabei ging es mir wohl stets nur darum, meiner eigenen Schuld zu entkommen. Es ist an der Zeit, dass ich für etwas anderes kämpfe als nur für mich allein.«
    Cassandra schüttelte den Kopf. »Wir wissen beide, dass du nie nur für dich allein gekämpft hast, sondern für …«
    »Nicht«, unterbrach er sie und hob abwehrend die behandschuhte Rechte. »Tu das nicht, Mädchen.«
    Doch sie ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »In all den Jahren, in denen ich bei Mercadier gewesen bin, habe ich mich an jemanden erinnert, an eine Gestalt aus meiner Kindheit. Sie hatte kein Gesicht und keinen Namen, aber ich wusste, dass sie mir gegenüber voller Wohlwollen und Güte gewesen war. Stets habe ich geglaubt, dass es Mercadier gewesen sei, weswegen ich alles unternommen habe, um seine Freundschaft und Anerkennung zu gewinnen. Heute weiß ich, dass er es nicht gewesen ist.«
    Kathan nickte. »Pater Edwin würde sich freuen, wenn er wüsste, dass du ihn in so guter Erinnerung behalten hast.«
    »Ich spreche nicht von Pater Edwin, sondern von dir«, erwiderte sie leise. »Niemand anders als du bist es gewesen, an den ich mich in all den Jahren erinnert habe. Deshalb ist nichts mehr gewesen wie vorher, als ich dich nach so langer Zeit wiedersah. Meinen Retter. Meinen Beschützer.«
    Sie trat vor und umarmte ihn, schlang ihre dünnen Arme um seinen gepanzerten Körper, so, wie sie es vor vielen Jahren als kleines Mädchen getan hatte. Kathan stand reglos, unbeholfen wie ein Bär, konnte sich der Tränen nicht erwehren. Erst als sie an seinen Wangen herabliefen und heiß in seinem Gesicht brannten, gab er seine Zurückhaltung auf und umarmte sie ebenfalls, drückte ihren schlanken, zerbrechlich wirkenden Körper an sich und hatte in diesem Moment das Gefühl, dass ein Kreis sich schloss, der vor langer Zeit begonnen worden war.
    Gerade hatten sie sich voneinander gelöst, als die Scheunentür geöffnet wurde und Rowan eintrat. Die Anspannung war ihm deutlich anzusehen. »Es ist so weit«, sagte er nur.
    Kathan nickte. Noch einen Augenblick lang blieb er stehen, blickte dem Mädchen, das zur Frau geworden war, zum Abschied tief in die Augen. Dann lächelte er ihr aufmunternd zu und wandte sich zum Gehen. Wie beiläufig griff er nach dem Helm und setzte ihn sich auf. Bei Rowan blieb er kurz stehen, legte ihm die eiserne Rechte auf die Schulter und sah ihn durchdringend an.
    »Kümmere dich um sie«, raunte er ihm zu, dann ging er auch schon weiter und trat nach draußen ins helle Morgenlicht.
    Der Vorhof der Burg war voller Menschen. Weder Frauen noch Kinder waren zu sehen, doch keiner der Männer

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