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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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das Mädchen, die Stimme nicht mehr als ein Windhauch. »Räuber …«
    Kathan, der an der Spitze ritt, hielt sein Pferd an. Mercadier und Gaumardas taten es ihm gleich.
    »Was ist?«, wollten sie wissen.
    Statt zu antworten, zog Kathan sein Schwert. Aufmerksam taxierte er das Dickicht zu beiden Seiten der Straße, lauschte in die Stille, die sich über die Schlucht gebreitet hatte. Der Hufschlag der Pferde war verstummt, nur hin und wieder schnaubte eines der Tiere, oder eine Krähe schrie.
    Drückendes Schweigen.
    Dann, unvermittelt, das Knacken von morschem Holz.
    Der gellende Schrei des Mädchens zerriss die Stille, und aus dem Augenwinkel nahm Kathan eine Bewegung wahr. Er zog am Zügel und drehte sein Pferd herum, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich just oberhalb der Stelle, wo Mercadier und Gaumardas ihre Tiere gezügelt hatten, eine der Tannen neigte.
    »Vorsicht, Brüder!«
    Kathans Warnruf hallte noch zwischen den Felswänden wider, als der Stamm des großen Baumes mit lautem Bersten brach – und wie ein riesiges Fallbeil ging die Tanne nieder. Mercadier und Gaumardas gaben ihren Pferden die Sporen und zwangen sie zu einem Sprung nach vorn, der ihnen und den Tieren das Leben rettete. Unmittelbar hinter ihnen schlug der Baum mit entsetzlichem Krachen und Knacken zu Boden, Splitter von Eis und Holz spritzten nach allen Seiten.
    Keiner der Gefährten kam jedoch dazu, sich vom Schrecken zu erholen, denn im nächsten Augenblick schien das Dickicht zu beiden Seiten der Straße zum Leben zu erwachen.
    Ein Dutzend zerlumpter Gestalten erschien, mit Äxten, Spießen und Knüppeln bewaffnet: Wegelagerer, die nur darauf gewartet hatten, dass sich jemand in ihre Schlucht verirrte. Dass sie den Kampf gegen drei Ritter aufnahmen, ließ vermuten, wie verzweifelt sie waren. Und wer verzweifelt war, das wusste Kathan aus eigener Erfahrung, der kannte keine Furcht.
    Unter wüstem Geschrei stürzten sie sich auf die drei Ritter, die nicht zurückweichen konnten und sich dem Kampf wohl oder übel stellen mussten. Einer der Räuber, ein abgemagerter Kerl in grauen Lumpen, der eine schmutzige Binde über dem linken Auge trug, war mit einem Spieß bewaffnet, wie er zur Jagd auf Keiler verwendet wurde. Mit einem wütenden Schrei sprang der Einäugige auf Kathan zu. Hätte dieser sein Schwert nicht schon in den Händen gehalten, wäre die eiserne Spitze in seinen Leib gefahren. So jedoch gelang es ihm, die plump, aber mit unbändiger Kraft vorgetragene Attacke abzuwehren.
    Funken flogen, als seine Klinge auf den Jagdspieß traf und den Angriff so parierte, dass der Stoß ins Leere ging. Der Angreifer, der sein ganzes Gewicht hineingelegt hatte, taumelte, und Kathan setzte nach. Mit der Rechten das Schwert führend, die Linke auf dem Rücken, um das Mädchen festzuhalten, dirigierte er den destrier nur mit den Schenkeln. Gehorsam drehte sich das Schlachtross herum, sodass Kathan in eine günstigere Angriffsposition gelangte – und noch ehe der Räuber dazu kam, ein zweites Mal zuzustoßen, war das Schwert des Ritters bereits tief in seine Schulter gefahren.
    Blut spritzte. Kathan konnte fühlen, wie sich das Mädchen an ihn drängte, zitternd vor Entsetzen. Ein zweiter Angreifer wollte sich ihm in den Weg stellen, den er jedoch kurzerhand niederritt. Auch Gaumardas und Mercadier hatten jeder bereits einen Gegner getötet und waren dabei, sich gegen den Rest der Bande zur Wehr zu setzen, der sich hauend und stechend um die beiden Tempelritter drängte.
    Mercadier hatte es geschafft, seinen Schild von der Sattelbefestigung zu lösen und überzustreifen. Die Attacken der Angreifer brachen sich daran wie die Wogen der See an steilen Klippen. Sein Schwert ging nieder und spaltete einem der Räuber den Schädel.
    Gaumardas schien ganz in seinem Element zu sein. Zornesröte war ihm ins Gesicht geschossen, seine Augen loderten in wilder Blutlust, während er seine Klinge ein ums andere Mal herabfallen ließ und eine blutige Schneise in den Kordon der Wegelagerer hieb. Einer der Kerle, der erschrocken zurückgewichen war, entschied sich, sein Glück lieber bei Kathan zu versuchen. Eine lange Waldaxt schwingend, stürmte er heran. Offenbar hatte er einen Meineid geleistet und war dafür bestraft worden, denn man hatte ihm die Zunge herausgeschnitten, und es drang nur unartikuliertes Geschrei aus seiner Kehle – das jäh endete, als Kathans Klinge seine Brust durchbohrte.
    Der Räuber sank nieder, und Kathan drehte sein Pferd herum,

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