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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Kornspeicher beherbergten. Die Mitte des Geländes nahm die Kapelle ein, deren achteckiger Grundriss Kathan mit Wehmut an Jerusalem erinnerte, an die Kirche des Heiligen Grabes.
    Durch den schneebedeckten Innenhof gelangten sie zum Haupthaus, wo ein Knecht ihre Pferde in Empfang nahm. Sie stiegen aus den Sätteln, und Kathan half dem Mädchen vom Pferd. Beklemmung erfüllte ihn bei dem Gedanken, dass er das Kind zum letzten Mal sah. Der Blick der kleinen dunklen Augen war leer und traurig. Ihr schien klar zu sein, dass sie das Ziel ihrer Reise erreicht hatten, und auch wenn er es ihr nie gesagt hatte, so schien sie doch zu wissen, was sie erwartete.
    Ein Offizier erschien, seinen Narben und dem verstümmelten Schwertarm nach ein verdienter Veteran, der bis zum Zeitpunkt seiner Verwundung im Heiligen Land gedient hatte.
Mercadier nannte ihre Namen und sagte, dass sie den praeceptor zu sprechen wünschten, worauf der Offizier kurz im Haupthaus verschwand. Als er zurückkehrte, machte er einen gehetzten Eindruck und sagte, dass Meister Hugh de Lacy sie sofort zu sprechen wünsche. Über die schmale Eingangstreppe gelangten sie in die Halle des Hauses und von dort in die geräumige, von einem wohligen Kaminfeuer beheizte Kammer, von der aus der Vorsteher der Komturei seine Geschäfte führte.
    Hugh de Lacy war ein Mann mittleren Alters, mit leicht ergrautem Haar und rundlichen, aber vornehmen normannischen Zügen. Wie es hieß, war er nie in Outremer gewesen, sondern hatte sein Amt erworben, indem er dem Orden eine großzügige Spende zukommen ließ. Die einen sagten, dass er ein Edler ohne Land war, von seiner Familie verstoßen; andere behaupteten, er sei früher Mönch gewesen, wieder andere wollten erfahren haben, dass er einst gar ein Abt gewesen sei, der seiner Ordensgemeinschaft den Rücken gekehrt habe, um den Streitern vom Tempel Salomons zu dienen. Alle jedoch waren sich darüber einig, dass Hugh de Lacy über Kenntnisse verfügte, die die eines gewöhnlichen praeceptors weit überstiegen!
    In die schwarze Robe der Ordensbeamten gekleidet, die sich über seiner breiten Brust spannte, saß de Lacy hinter einem großen Tisch aus Eichenholz. Der Widerschein des Kaminfeuers tauchte seine Züge in unstetes Licht, und der Blick, mit dem er die Eintretenden bedachte, legte die Vermutung nahe, dass er sie bereits erwartet hatte. »Gott zum Gruß, Brüder«, empfing er sie mit dünner Stimme, die einen seltsam singenden Klang aufwies.
    »Gott zum Gruß, Meister praeceptor «, erwiderten Kathan und Mercadier und verbeugten sich.
    »Euer Kommen ist mir angekündigt worden«, eröffnete de Lacy, »in einem Brief, den ich aus Jerusalem erhalten habe, gezeichnet von unserem Bruder Großmeister persönlich. Allerdings frage ich mich, wie ein Brief, der noch vor Einsetzen der Herbststürme seinen Weg über das Meer gefunden hat, schneller reisen kann als drei Ritter unseres Ordens, die noch dazu in der Erwartung stehen, sich zu rehabilitieren!«
    »Verzeiht, Meister«, erwiderte Mercadier. »Die Suche, mit der wir beauftragt wurden, barg sehr viel mehr Gefahren und Entbehrungen, als irgendjemand annehmen konnte.«
    »Offenkundig«, bemerkte de Lacy mit Blick auf die Waffenröcke der beiden Templer, die teils zerschlissen und blutbesudelt waren. »Euer Erscheinungsbild gereicht unserem Orden zur Schande, Brüder. In Outremer mögt Ihr so unter die Augen Eurer Vorgesetzten treten können, hier in der Heimat ganz sicher nicht.«
    »Auch das mögt Ihr uns verzeihen, Meister«, bat Mercadier beflissen. »Wir werden diesem Missstand unverzüglich abhelfen, sobald Ihr uns entlassen habt.«
    »Gut.« De Lacy nickte, wobei sich sein Hals mehrfach unter seinem Kinn faltete. »Und natürlich gilt dies auch für Euren Waffenbruder, den Dritten im Bunde. Wie war gleich sein Name?«
    »Gaumardas«, antwortete Kathan düster, überzeugt, dass nun gleich das Urteil über ihn gesprochen würde.
    »Richtig.« De Lacy nickte. »Wo ist er überhaupt? Draußen bei den Pferden geblieben, statt sich bei mir anzumelden?«
    »Er ist tot«, antwortete Mercadier.
    »Tot?« De Lacys Augen verengten sich. »Was ist geschehen?«
    Kathan schloss die Augen.
    Nun, dachte er.
    Das Ende.
    »Er wurde das Opfer eines feigen Überfalls«, antwortete Mercadier unvermittelt. »Ein Pfeil traf ihn aus dem Hinterhalt.«
    Kathan horchte auf.
    »Ein Pfeil?«, fragte de Lacy.
    »Ja, Meister praeceptor . Der arme Gaumardas hatte keine Chance. Das Geschoss traf ihn ins

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