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Das Verschwiegene: Roman (German Edition)

Das Verschwiegene: Roman (German Edition)

Titel: Das Verschwiegene: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linn Ullmann
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Sie war zum Glück keine Kulturjournalistin. Sie war Zahnärztin. Sie waren damals schon Nachbarn gewesen. Und enge Freunde. Und in ihrer Jugend ineinander verliebt. Sie hatte helle kurze Haare, war hübsch und sprühte nicht gerade vor Charme. Aber sie fand ihn charmant, und das reichte allemal. Reichte dicke!
    Er hatte sie und ihren Mann mit Siri bekanntgemacht, und Siri hatte ihnen im Gloucester MA ein feines Essen serviert. Siri stand jeden Donnerstag und Freitag selbst in der Küche. Bei beiden Paaren stimmte die Chemie, und sie waren zusammen, wie erwachsene Menschen mit anderen erwachsenen Menschen zusammen waren. Ihre Treffen waren angenehm und unbeschwert. Es kam selten vor, dass Jon und Siri als Erwachsene die Gesellschaft anderer Erwachsener genossen. Es war eine Kunst, mit anderen Erwachsenen zusammen erwachsen zu sein. Aber Jon und Siri, die Zahnärztin und der Mann der Zahnärztin, der ebenfalls Zahnarzt war, luden sich gegenseitig zum Essen ein, machten gemeinsame Wanderungen im Wald und unternahmen Dinge mit ihren Kindern.
    Die Zahnärzte hatten einen Jungen, Gunnar, ein paar Jahre jünger als Alma, und dann gab es noch einen erwachsenen Sohn, Morten, aus einer früheren Ehe.
    Aber Jon interessierte das nicht, nicht ernsthaft. Auch wenn Siri es angenehm fand, gemeinsame Freunde zu haben. Dass es möglich war, im Erwachsenenalter neue Freunde zu finden. Was Jon interessierte, war das hier: schreiben zu können, Ich denke an dich , sich in aller Eile sehen zu können, ihr über die Innenseite der Oberschenkel streichen zu können, von ihr charmant gefunden zu werden.
    Er warf einen Blick auf sein Handy.
    Hin und wieder schliefen sie miteinander. Aber sie langweilte ihn sexuell, und manchmal fragte er sich, warum er damit weitermachte. Warum er es nicht sein ließ. Warum er sich das antat, wenn er eigentlich genug davon hatte.
    Die Zahnärztin hieß Karoline. Der Mann der Zahnärztin hieß Kurt. Karoline und Kurt, Jon und Siri. Gute Freunde.
    Jon betrachtete Leopold. Dann schrieb er eine SMS : Ich gehe eine Runde mit dem Hund. Sehen wir uns?
    Die Antwort kam prompt.
    Ja.
    Hast du etwas Zeit? Musst du sofort zurück?
    Nein. Ich habe Zeit.
    Jon warf wieder einen Blick auf den Computer.
    Muss noch vertieft werden!
    Nein, das geht nicht! Er klickte die Datei weg und kraulte Leopold hinter dem Ohr. Dann blickte er aus dem Fenster des Dachzimmers. In der Luft lagen Nebel und Regen. Mille und die Kinder pflückten immer noch Blumen. Mille hatte sich eine Wolljacke übergezogen. Sie hüpfte und tanzte, linkisch und schwerfällig, ihm fiel ihr etwas zu dicker Po auf. Sie war ein zu groß geratenes Kind, das angefangen hatte, sich an ihn zu klammern. Damit musste Schluss sein!
    Er wandte sich an seinen Hund.
    »Komm schon, Leopold, wir gehen raus.«
    Leopold sprang auf und trottete hinter ihm die Treppe hinunter. Siri war in der Küche im Erdgeschoss und rief nach ihm, als sie ihn auf der Treppe hörte.
    »Hast du aufgehört zu schreiben?«
    Sie erwartete ihn in der Diele und sah ihn mit diesem verständnislosen Blick an.
    »Nein, aber der Hund muss zwischendurch auch mal raus«, antwortete er.
    Sie hatte ihre dunklen Haare zu einem losen Knoten hochgesteckt. Sie trug ein dünnes Sommerkleid, das weiße, das ihm so gut gefiel. Die Tür zum Garten stand offen, draußen war es dunkler geworden, und es war kühl und feucht zugleich. Siri sah fast so aus, als hätte sie geweint – ihre Augen glänzten immer, wenn sie geweint hatte.
    »Wohin gehst du«, fragte sie.
    »Den Hund ausführen«, wiederholte er. »Jemand muss ja den Hund ausführen.«
    Siri sah zu Boden.
    »Ich mache mir nur Sorgen um heute Abend«, sagte sie. »Ich fürchte, dass es anfängt zu regnen.«
    »Dann regnet es halt.«
    Er fragte sich, ob sie wusste, dass Jenny getrunken hatte.
    »Es ist Mamas fünfundsiebzigster Geburtstag«, sagte sie. »Da kann es nicht regnen.«
    »Nein … aber wir müssen wohl einfach abwarten.«
    Jon zog Leopold durch die Tür und wollte sie gerade hinter sich schließen. Siri kam ihm nach.
    »Wohin gehst du?«
    »Den Hund ausführen, Siri«, sagte Jon. »Leopold stirbt gleich, wenn er nicht an die frische Luft kommt. Ich bin in einer halben Stunde zurück. Oder in einer Stunde. Soll ich dir bei irgendwas helfen? Soll ich was schneiden? Oder tragen?«
    Siri schüttelte den Kopf, stand in der Tür und zitterte ein wenig im kühlen Wind. Sie sah zum Himmel.
    »Vielleicht klart es zum Abend hin auf«, sagte sie.
    »Ganz

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