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Das Verschwiegene: Roman (German Edition)

Das Verschwiegene: Roman (German Edition)

Titel: Das Verschwiegene: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linn Ullmann
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Lampions in den Bäumen, und aus der Entfernung wirkte es, als schwebte der Garten ein paar Meter über der Erde.
    Die alte weiße Holzvilla am Ende der Straße könnte gut einen neuen Anstrich vertragen, doch das fiel in dem nebligen Licht niemandem auf. Bald gäbe die Standuhr in der Stube, die einmal Jennys Großmutter väterlicherseits gehört hatte, sieben Schläge von sich, und dann war es so weit. Der Garten würde zum Leben erwachen. Das Haus würde zum Leben erwachen. Die Türen sowohl zum Hof als auch in den Garten würden geöffnet werden. Der Regen ließe etwas nach, und auch wenn der Nebel schwer über den Baumwipfeln hing, würden die Lichter drinnen wie draußen leuchten. Und sie stünden alle zusammen im Hof, um die Gäste zu empfangen. Jenny und Irma, Siri und Jon und Alma und die kleine Liv und das mondschöne Mädchen, das Mille hieß.
    Jenny hielt sich an einem der Vorhänge fest. Lass das Fest beginnen! Fast fünfzig Gäste von nah und fern. Sie kamen mit Geschenken und Blumen und Champagner und Regen in den Haaren und Gelächter und Sommerkleidern und weißen Taschentüchern, um Jenny zum Geburtstag zu gratulieren.

S iri drehte sich zu Mille um. Alle standen auf der Treppe und warteten auf die Gäste. Und sie warteten auf Jenny. Geplant war, dass Jenny zusammen mit ihnen hier stehen sollte. Schließlich war es ihr Geburtstag. Vor einer Stunde, um sechs, war Siri die Treppe zum Zimmer der Mutter hinaufgestapft und hatte an die Tür geklopft.
    »Mama, wie geht es dir? Bist du bald so weit? Brauchst du Hilfe?«
    Sie bekam keine Antwort. Siri drückte ein Ohr an die Tür und lauschte. Das Einzige, was sie hörte, war leises Singen. Stand die Mutter im Zimmer und sang? Sie machte die Tür einen Spaltbreit auf und schaute hinein. Jenny saß auf dem Bett. Sie war nur halb geschminkt (Puder und Lippenstift, aber nichts auf den Lidern), sie trug das schwarze Kleid und die dicken grauen Wollsocken. In der Hand hielt sie ein beinahe leeres Rotweinglas.
    Siri machte die Tür ganz auf und sah im Blick der Mutter einen Anflug purer Angst, bevor Jenny das Glas hob und ihr zuprostete. Sie sahen sich an. Siri musste erst einmal nach einer Stimme suchen, die nicht weinte, die nicht schrie, sondern sagte: »Wie viel hast du getrunken?«
    Jenny kratzte sich am Kopf, sah zur Decke, trank den letzten Schluck.
    »Ehrlich gesagt, Siri«, antwortete die Mutter und lächelte, »weiß ich die Antwort auf deine Frage nicht. Ziemlich viel, glaube ich. Aber definitiv nicht genug!«
    »Warum?«, fragte Siri tonlos.
    »Tja, warum nicht?«
    Siri ging einen Schritt näher, aber Jenny hob die Hand, um sie zu stoppen. Komm nicht näher. Rühr mich nicht an.
    »Du solltest nicht trinken«, flüsterte Siri. »Du verträgst keinen …«
    »Eins nach dem anderen, Siri. Eins nach dem anderen. Ich habe niemals nie gesagt.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt bist du eine erwachsene Frau«, antwortete Jenny und stellte das Glas zurück auf den Nachttisch. »Mit vierzig bist du jetzt eine Frau mittleren Alters … und du kommst wunderbar zurecht, egal, was ich mache. Am besten kümmerst du dich gar nicht darum … Du und ich …«
    Jenny schaute weg.
    »Was ist mit du und ich?«, fragte Siri. »Was ist mit du und ich?«
    Jenny schüttelte den Kopf.
    »Vergiss es«, sagte sie. »Würdest du bitte gehen. Bitte. Kannst du die Tür schließen und mich in Ruhe lassen.«
    Siri drehte sich um und ging.
    Bevor sie die Tür schloss, sagte sie: »Das Fest beginnt in einer Stunde.«
    Jenny lachte laut.
    »Ja, du, das dürfen wir nicht vergessen. Das Fest beginnt in einer Stunde.«
    Sie scheuchte Siri mit der Hand davon und hörte nicht auf zu lachen.
    »Das Fest beginnt in einer Stunde …«
    Und jetzt standen sie auf der Treppe vor dem Haus und warteten auf die ersten Gäste. Alle außer Jenny.
    Mille trug die langen Haare offen, hatte einen roten Schirm, rote Lippen und hochhackige Schuhe, die im Nieselregen quatschten. Sie hatte eine weiße Pfingstrose aus Siris weißem Blumenbeet hinter das rechte Ohr geklemmt.
    Ihr Kleid war aus dünnem, rotem Baumwollstoff, und über die Schultern hatte sie den roten Seidenschal drapiert, den Siri ihr geliehen hatte.
    Siri konnte sich eine Bemerkung zu der Blume in Milles Haar nicht verkneifen. Jon sah ihr an, dass ihr klar war, dass sie sich die Bemerkung besser verkniffen hätte.
    »Wie hübsch du aussiehst, Mille«, sagte Siri.
    Milles Gesicht hellte sich auf. Jon wusste, dass noch mehr kommen würde, er konnte Siri

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