Das verschwundene Kind
erinnert. Warum habe ich das damals nur nicht bemerkt?«
»Wahrscheinlich, weil es dir gefallen hat«, vermutete Sybille.
Maren nickte stumm. »Rolf darf ich dabei gar keinen Vorwurf machen. Ich habe mir eine traditionelle Frauenrolle gewünscht und darauf hingearbeitet. Auch wenn ich es vor Rolf und den anderen so dargestellt habe, es war kein ›Betriebsunfall‹, dass ich damals schwanger wurde. Von wegen Magen-Darm-Grippe und nicht wirksamer Pille. Die hatte ich längst abgesetzt.«
»Und Rolf hat nichts davon gewusst?«, fuhr Sybille auf.
»Bis heute nicht«, erklärte Maren und fügte beschwörend hinzu: »Und du behältst es doch auch für dich?«
»Klar«, versicherte Sybille. »So viel Berechnung hätte ich dir gar nicht zugetraut. Aber so ist das mit den braven Mädchen. Sie betreiben ihre Machtpolitik in aller Stille und ziehen die Kerle am Schwanz dahin, wo sie wollen. Diese Vanessa, mit der Rolf dich damals betrogen hat, ist doch auch rechtzeitig schwanger geworden.«
»Bevor du mich jetzt zur bösen Hexe machst und Rolf zum armen verführten Prinzen, möchte ich dich an das erinnern, was ich vorhin gesagt habe. Diese Zeiten sind vorbei. In Zukunft wird alles anders sein. Es gibt kein Versteckspiel mehr, sondern ein Miteinander auf Augenhöhe und mit offenem Visier!«
»Mit Rolf?«, fuhr Sybille erstaunt auf.
Maren schüttelte abwehrend den Kopf. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck tiefster Zufriedenheit, den Sybille erst jetzt zu deuten wusste, obwohl sie ihn bereits bei ihrem Eintreffen registriert hatte. Sie hob fragend die Augenbrauen.
»Kenne ich ihn?«
»Lars? Klar!«, erklärte Maren.
»Ich glaub’s nicht!«, rief Sybille aus und schlug mit der Hand auf den Tisch, dass das Geschirr klirrte. »Erzähl! Wie seid ihr wieder zusammengekommen?«
»Mehr oder weniger zufällig gestern beim Joggen im Ostpark.«
»Und da hat er dich angesprochen und gefragt, ob du noch auf einen kleinen Après-Sport Lust hättest?«
»Dieser Vorschlag kam von mir«, erklärte Maren mit gewissem Stolz.
»Alle Achtung!«, erwiderte Sybille und fuhr dann nachdenklich fort: »Da seid ihr euch drei Jahre lang nicht begegnet, und du gehst eines Tages zum Joggen, und plötzlich steht er vor dir. So ein Zufall!«
»Na ja, ganz so war es nicht«, räumte Maren mit spitzbübischem Lächeln ein.
»Hat er dir aufgelauert?« Sybille lachte.
»Nein, für ihn war es wirklich ein Zufall. Aber ich bin den Sommer über zu den unterschiedlichsten Zeiten im Park gejoggt, in der Hoffnung, ihn dort zu treffen. Ich wusste ja, dass er in Bornheim wohnt und gern joggt. Da lag es doch nahe, dass wir uns irgendwann einmal begegnen mussten. Inzwischen habe ich Beine und einen Knackhintern wie eine Marathonläuferin.«
Sybille kicherte. »Kompliment! Aber erzähl schon, wie ging es weiter!«
Maren grinste. »Mit einem himmlischen Menü und ein paar Glas Chianti im ›Basilikum‹. Und den Rest der Nacht dann hier. Wir haben minutenweise geschlafen, viel geredet …«
»Nur geredet?«, wollte Sibylle wissen.
Maren lächelte geheimnisvoll. »Nein, natürlich nicht.«
Sybille wiegte den Kopf. »Ich dachte schon … So wie ich ihn in Erinnerung habe, wäre er durchaus der Typ für so eine Psychonummer.«
»Blödsinn«, wehrte Maren ab. »So gut kennst du ihn doch gar nicht. Die Situation damals war ziemlich kompliziert. Jetzt ist es anders.«
Sybille nickte. »Verstehe, kein Versteckspiel mehr und so. Hast du ihm gestanden, dass du dem Zufall ein bisschen auf die Sprünge geholfen hast?«
»Natürlich nicht«, entrüstete sich Maren. »Das war doch nur eine kleine Manipulation.«
Sybille winkte ab. »Schon gut. Jedenfalls freut es mich für dich.« Eine Weile hing jede ihren Gedanken nach.
»Du«, setzte Maren plötzlich an, »was ich dich schon lange mal fragen wollte. Wie kommst du in letzter Zeit eigentlich mit deiner Spirale zurecht? Du sagst gar nichts mehr wegen der Beschwerden, die du immer hattest.«
»Willst du jetzt von Pille auf Spirale umsteigen?«, fragte Sybille.
»Mit über dreißig Jahren soll es mit der Pille ein erhöhtes Thrombose- und Brustkrebsrisiko geben, habe ich neulich erst wieder gelesen.«
»Warum solltest du ausgerechnet jetzt mit der Pille aufhören, wo du sie doch offenbar gut verträgst. Bei mir war das etwas anderes. Ich hatte ständig Kopfschmerzen und habe zugenommen, sobald ich Essen auch nur angeguckt habe. An deiner Stelle würde ich bei der Pille bleiben.«
»Was heißt dabei
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