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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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war der andere? Stephan sah sich suchend um. Er hielt sich das Busenteil vor die Brust und betrachtete sich unschlüssig im dämmrigen Spiegel. Sonderlich sexy sah das nicht aus, wenn sich kurz unter dem Hals dieses fleischfarbene Ungetüm vorwölbte. Für Nummer zwei war gar nicht genug Platz. Stephan ließ den Arm sinken. Die Kugel rutschte tiefer. Er sah sein Profil im Spiegel und musste innerlich lachen, dass er nicht gleich erkannt hatte, was er da in den Händen hielt. Es war ein Bauch mit einem kleinen Bauchnabel. Vermutlich gehörte dergleichen zu den Theaterrequisiten, wenn die Schauspielerin eine Schwangere imitierte. Stephan verpackte den Gegenstand wieder sorgfältig.
    Seine Gedanken flogen wild durcheinander. Was bedeutete das? Sollte er weitersuchen? Wonach? Immer wieder stellte sich in solchen Situationen das unangenehme Gefühl ein, dass er berufsbedingt in dem Leben anderer Menschen herumschnüffelte, ihre intimsten Wünsche aufspürte und ans Tageslicht zerrte, die ihn eigentlich nichts angingen. Die Kling konnte sich Bäuche umschnallen, sooft und wo immer sie wollte. Vielleicht half ihr das, über die Enttäuschung ihres Lebens hinwegzukommen. Möglich, dass sie das irgendwo an geheimen Orten auslebte und noch nicht einmal ihr Mann etwas davon wusste.
    Stephan kam sich schäbig vor. Er verließ den Raum und stand einen Augenblick unschlüssig auf dem Treppenabsatz. In das Obergeschoss des Hauses führte eine schmale Treppe mit schmucklosem Geländer aus geraden Stäben. In früheren Zeiten befanden sich da oben vermutlich einmal die Mansarden für das Personal. Was fingen zwei Menschen, die eine solch riesige Villa bewohnten, mit einem Dachgeschoss an, das, wie man von außen sehen konnte, als Mansarde ausgebaut worden war und dadurch zusätzlichen Wohnraum bot? Er konnte sich nicht vorstellen, dass er dort oben – außer leeren Räumen oder Gerümpel – etwas Interessantes entdecken würde. Eigentlich hatte er hier in dem Haus nichts verloren. Es wäre besser, wieder ungesehen zu verschwinden, denn seine Mission hatte ihm außer einem schlechten Gefühl nicht viel gebracht. Am besten, er vergaß das und warf die gesammelten Spuren für immer in den Müll. Was wollte er damit beweisen? Er hatte immerhin heimlich die DNS von den Klings gewonnen. Die würden freiwillig keine Proben abgeben. Und der Pullover? Wenn das Angora war? Wenn die Fasern mit den Tatortspuren übereinstimmten? Machte das einen Sinn?
    Er schaute wieder die Treppe hinauf. Da sich nun einmal die Gelegenheit bot, wollte er sie auch nutzen. Er stieg hinauf. Zwei kleine Zimmer zur Straße hinaus waren mit Schlafgelegenheiten eingerichtet. Sie wirkten nüchtern und unbewohnt. Vermutlich dienten sie als Gästezimmer. Das, was er erwartet hatte. Jetzt fehlte nur noch die Rumpelkammer. Erstaunt stellte er fest, dass sich hinter der nächsten Tür ein geräumiges, modern ausgebautes Bad mit verglaster Duschkabine und einer frei im Raum stehenden Badewanne befand. Quer in diese Badewanne war eine kleine Kunststoffwanne mit einer besonderen Vorrichtung eingehängt. Das war eindeutig eine Kinderbadewanne. Stephan strich mit dem Finger darüber. Es gab Seifenränder. Die Wanne war benutzt worden. Näherte er sich hier gerade dem Ort, an dem das Kind versteckt wurde, das sie suchten? Das wäre die Sensation! Er freute sich schon auf Hecks Gesicht, wenn er ohne Ergebnis von der Befragung dieser Sphinx namens Florian Sauer zurückkehrte und dann mit Stephans Neuigkeiten konfrontiert wurde.
    Stephan wandte sich einem eintürigen Hängeschrank zu. Hier gab es einige Pflegeutensilien. Ihm kamen diese Art Flaschen, Töpfchen und Dosen bekannt vor. Er zog eine pastellfarbene Kunststoffflasche heraus, öffnete sie, schnüffelte an dem zarten Blütenduft und studierte das Etikett. Es war ein Babybad, das besondere Pflege für die empfindliche Kinderhaut versprach. Stephan stellte die Flasche hastig zurück und bewegte sich leise, aber zügig zu dem dritten Zimmer, das sich in Richtung Garten anschloss. Er lauschte. Schlief hier jetzt gerade das Kind? War es möglich, dass die Kling es unbeaufsichtigt im Haus zurückließ? Wohl kaum, oder? Und wenn doch? Mediziner haben genug Möglichkeiten, jemanden in einen langen, sanften Schlaf zu versetzen. Stephan drückte vorsichtig die Klinke nach unten. Schon beim Öffnen der Tür strömte ihm der blumige Duft der Babypflege entgegen. Von wegen Rumpelkammer! Ein kurzer Rundumblick zeigte, dass er in einem

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