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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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aufmerksam.«
    Donny konnte sich nicht entscheiden, ob er knurren oder lächeln sollte. »Was willst du? Wahrscheinlich will die was«, sagte er zu Maureen.
    Maureen winkte ab und nahm sich ihren Kaffee.
    Eigentlich war ich überrascht, dass er zur Abwechslung mal was Schlaues gesagt hatte.
    Maureen genoss einen von den Schokodonuts und schaute aus dem Fenster. Donny aß den erdbeerglasierten mit Streuseln, den er mit Schielaugen besah.
    Ich überlegte, wie ich es anstellen sollte, das Gespräch auf Carl Mooma zu bringen. Da fiel mir wieder ein, wie Miss Flyte über Agatha Christie geredet hatte, und als Donny seinen Kaffee schlürfte, sagte ich: »Haben Sie schon mal was von Agatha Christie gelesen?«
    »Eh, klar doch. Hat doch jeder! Und dann kam keines mehr , hab ich gelesen«, meinte er selbstzufrieden.
    Maureen, die ich nicht für eine große Leseratte gehalten hätte, sagte: »›Gab’s‹, Donny. Und dann gab’s keines mehr.«
    Er hatte aber bloß Augen für das Tablett voller Donuts.
    »Wussten Sie eigentlich, dass sie mal verschwunden war? Agatha Christie. Niemand wusste, wo sie steckte.«
    »Tatsächlich?«, staunte Maureen.
    Ich nickte.
    Donny brummte und nahm sich noch einen Donut. »Hat man sie gefunden?«, fragte er beiläufig, offensichtlich lag ihm Agathas Schicksal nicht am Herzen.
    »Sie tauchte irgendwo in einem Hotel wieder auf. Oder war es in einem Bad? Na, jedenfalls wollte sie nicht verraten, was geschehen war.« Ich tat, als würde ich nachdenken. »Apropos verschwinden – war nicht Ihr Onkel damals vor zwanzig Jahren für den Fall zuständig, wo das Baby aus dem Hotel Belle Ruin verschwunden war?« Ich hatte einen trockenen Mund und sehnte mich nach einem Glas Wasser. Mir selbst ein Getränk zu kaufen war mir gar nicht eingefallen, denn mich selbst brauchte ich ja nicht zu bestechen. »Ich glaube, Großtante Aurora kannte Sheriff Mooma. Ja, ich kann mich erinnern, sie erwähnte ihn: ›erstklassiger Polizist, Carl Mooma – brillanter Kopf‹, sagte sie.«
    Donnys Kichern klang erfreut. »Wer Carl was vormachen will, muss früh aufstehen, das is wahr. Hab ich euch gesagt, dass er grade seine Memoiren schreibt? Ja, macht er. Hat sich einen Verleger genommen und so.«
    Memoiren? Das war ja besser, als ich dachte. »Einen Verleger? In New York City etwa?«
    »Näh. Irgendwo in Cleveland …«
    Ich runzelte die Stirn. »In Cleveland? Gibt’s da denn Verleger?«
    Donny war etwas irritiert. »He, jetzt hör mal zu, vielleicht lernst du noch was dabei. Bei dem Verleger, also, da zahlt der Autor fürs Drucken und Vermarkten, und dann kriegt der Autor – also in dem Fall Carl –, da streicht der den Gewinn ein. Tolles Arrangement.« Er machte diesen Klick-klick-Ton, wo die Zunge an die Zähne stößt; den man macht, wenn man mit sich selber höchst zufrieden ist.
    »Das ist ja richtig aufregend.« Dann schnalzte ich mit den Fingern, als wäre es mir gerade eingefallen: »Sie wissen doch, bei dem, was ich für die Zeitung schreibe, geht’s auch um das verschwundene Baby. Glauben Sie, dass Sheriff Mooma« – ich wollte mich seiner ehemaligen Tätigkeit gegenüber respektvoll zeigen – »sich zu einem Interview bereit erklären würde? Ich wusste ja gar nicht, dass es ihn noch gibt. Drum bin ich wohl auch nie auf die Idee gekommen.«
    Weil er von sich selber ausging, war Donny offensichtlich der Ansicht, jeder Mooma verdiente Aufmerksamkeit. Er fing wieder an, im Raum auf und ab zu gehen, Daumen in den breiten Gürtel gehakt, Dienstwaffe seitlich an der Hüfte. »Na, und ob. Also, zusagen kann ich jetzt nich für Carl, aber warum nich … Gumbrel kann ja mal die Fühler ausstrecken …«
    Als ob die Nachrichtenagenturen bloß auf ein Zeichen von Carl Mooma warteten.
    Maureen saß hinten und verdrehte die Augen.
    »Ah, gut«, sagte ich. »Wo wohnt er denn jetzt?«
    »In Rawlins drüben.«
    Rawlins war ein ziemliches Nest, bloß ein von Schotterstraßen durchfurchter Flecken, bestehend aus ein paar Dutzend Häusern, einer Bar und einer Tankstelle. Die Bar befand sich im Bahnhof. Sogar Cold Flat Junction machte mehr her. Rawlins lag kurz vor Hebrides.
    »In der Blackbird Road wohnt er«, fügte Donny hinzu. »Nummer vierzehn, Blackbird Road, das is seine Adresse.«
    Blackbird Road! Es war wie ein Zeichen. Aber »Zeichen« geschahen doch nicht Leuten wie mir, nur Romeo und Julia oder Moses oder Ree-Jane. Wenn man die hörte, dann kriegte sie ständig »Zeichen«, ihre Karriere betreffend oder

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