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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Liebesaffären (sie hatte weder das eine noch das andere), als wäre ihr Pfad auf göttliches Geheiß mit Sternen übersät.
    Ich überlegte, wieso ich eigentlich nie auf die Idee gekommen war, Carl Mooma als Informationsquelle heranzuziehen. Nun, ich hatte ihn eben für tot gehalten. Bei dem vorhandenen reichhaltigen Angebot an Ereignissen und Details war ich nicht auf ihn gekommen.
    »Wie weit ist Ihr Onkel denn schon mit dem Buch?« Ich wollte wissen, wie lange und wie intensiv er über das Ereignis damals nachgedacht hatte. »Hatte er sich damals Notizen gemacht?«
    Donny ächzte und tat ungläubig. Konnte ich denn so blöd sein? »Da sieht man wieder mal, wie gut du dich mit Polizeiarbeit auskennst. Klar hat er sich Notizen gemacht.«
    Ich ließ das Notizenmachen sausen und wiederholte meine erste Frage: »Wie weit ist Sheriff Mooma denn schon mit seinen Memoiren?«
    Donny überlegte. Dann zwinkerte er und tippte sich an die Schläfe. »Er hat’s alles da oben in der Birne. Man fängt ja nicht einfach so hoppla-hopp an mit Schreiben, schmeißt mit Fakten und Details um sich …«
    Meiner Meinung nach war hoppla-hopp die einzige Art, wie ein Buch zustande kam, inklusive die Bibel.
    »… Oohhh nein, man muss sein Material schön geordnet haben, seine Gedanken sauber aufgestellt, nacheinander aufgereiht wie bei einer Militärparade, und dann marsch eins-zwei, eins-zwei und Salut!« Er salutierte tatsächlich. »Jawoll, das is …«
    Maureen sagte: »Ach, halt die Klappe, Donny.« Sie hatte sich zu ihrem Kaffee eine Lucky Strike angesteckt und musterte ihn durch den Rauch hindurch. »Übers Bücherschreiben weißt du doch genau so wenig Bescheid wie übers Angeln im Mondenschein.«
    Wie ein Derwisch fuhr er zu ihr herum. »Was? Wie zum Teufel willst du das wissen?«
    »Ich weiß, es ist hart.« Zu meiner Überraschung hielt Maureen das Buch auf ihrem Schreibtisch in die Höhe. Es war Der große Gatsby . »Frag ihn.«
    Donny reckte den Hals wie einen Korkenzieher und blinzelte. »Wen? Gatsby?«
    »Nein … F. Scott Fitzgerald.«
    Donny schwenkte die Hand, als wollte er Tauben verscheuchen. »Meine Fresse, Maureen, der is doch einer von den ganz Großen, der und … Shakespeare und die alle. Die arbeiten natürlich anders.«
    »Na, und Emma – die für die Zeitung schreibt. Warum fragst du die denn nicht?«
    Nein, nein, nein, nein! Donny schaute zu Maureen hinüber, während ich heftig den Kopf schüttelte. Sosehr ich es zu schätzen wusste, dass Maureen auf meiner Seite war, in dem Moment wollte ich sie doch lieber nicht dort haben. »In einem Punkt hat Donny aber schon recht, Maureen. Ich glaube, man schreibt besser, wenn man seine Gedanken erst mal ›sauber aufstellt‹.« Ich hätte ihn sogar mit den Wimpern angeklimpert, wenn ich Klimperwimpern gehabt hätte.
    Donny rückte sich bloß seine Hose zurecht und machte wieder seine Taubenverscheuchgeste.
    Trotzdem merkte ich, dass ihn meine Worte etwas besänftigt hatten. Ich sagte: »Dann sprech ich Mr Gumbrel mal an wegen des Interviews. Danke, Donny. Das wird bestimmt ein richtig guter Beitrag. Könnten Sie Sheriff Mooma vielleicht schon mal informieren, dass der Conservative sich bei ihm meldet?«
    Donny kratzte sich den Nacken. »Hm, ja. Ja, das muss Carl dann in seinen Terminplan einarbeiten.«
    Ich nickte. »Ich werd gleich mit Mr Gumbrel sprechen.« Ich stand auf und schmiss meine zusammengeknüllte Serviette in den Papierkorb.
    »Ja, wenn wir die Sache erst mal am Laufen haben«, sagte Donny, »würd’s mich wundern, wenn die großen Blätter die Geschichte nich auch bringen wollen.«
    Und schon wurde daraus Donnys eigene Erfolgsgeschichte.
    Ich verabschiedete mich von ihm und Maureen und ließ ihn weiterträumen.
    Für den Fall, dass Donny gleich Mr Gumbrel anrief, was er vermutlich tun würde, bloß um über das Buch seines Onkels zu quasseln, steuerte ich auf das Redaktionsbüro zu.
    Dort waren auch einige Leute versammelt, darunter Suzie Whitelaw und der freischaffende Fotograf, aber kein Mr Gumbrel. Ich hinterließ meine Nachricht bei dem Mädchen von den Stellenanzeigen, weil ich wusste, dass sie von allen am zuverlässigsten war.
    Und dann war ich bereit für Rawlins.

40. KAPITEL
    Weil der Zug in Rawlins, so einem unbedeutenden kleinen Ort, nicht hielt, musste ich ab Hebrides ein Taxi nehmen, um überhaupt hinzukommen.
    In dem Städtchen war ich noch nie gewesen und überlegte, wieso ich Cold Flat Junction eigentlich so viel besser fand, dessen

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