Das Versprechen
auszuruhen.
Cotton saß auf einer Kirchentreppe, nagte an einem Hühnerbein, hatte eine Tasse heißen Apfelwein neben sich stehen und genoss den Frieden dieses idyllischen Picknicks, als die Männer erschienen. Es waren Farmer mit kräftigen Armen und breiten Schultern. Ihre Finger waren gekrümmt, als würden sie immer noch mit Hacke oder Sense arbeiten, schwere Wassereimer schleppen oder pralle Euter melken.
»’n Abend, Buford«, sagte Cotton und nickte einem der Männer zu, der sich aus der Gruppe löste und den Hut abnahm. Cotton kannte Buford Rose als fleißigen Arbeiter, der schon lange in dieser Gegend lebte und allgemein hohes Ansehen genoss. Seine Farm war klein, aber bestens geführt. Er war nicht so alt wie Louisa, aber seine besten Jahre lagen schon einige Zeit hinter ihm. Er machte keine Anstalten, das Wort zu ergreifen, sondern starrte auf seine abgetragenen Schuhe. Cotton ließ den Blick über die anderen Männer schweifen. Die meisten kannte er, weil er ihnen bei diversen juristischen Problemen behilflich gewesen war, vorwiegend Vertrags-, Nachlass- oder Grundsteuer-Angelegenheiten. »Habt ihr etwas auf dem Herzen?«, fragte er.
Buford räusperte sich. »Die Kohlenleute waren bei uns, Cotton. Haben mit uns übers Land gesprochen. Genau genommen übers Verkaufen.«
»Wie ich hörte, machen sie anständige Angebote«, sagte Cotton.
Buford blickte nervös zu seinen Gefährten, während seine Finger die Krempe seines Hutes kneteten. »Na ja, so weit sind die Verhandlungen noch nicht. Wissen Sie, die Leute wollen unser Land nicht kaufen, wenn Louisa ihres nich’ verkauft. Sie sagen, es hätt damit zu tun, wo das Gas unter der Erde ist und so. Ich versteh nichts davon, aber das in etwa ha’m sie gesagt.«
»Dieses Jahr hat es eine reiche Ernte gegeben«, sagte Cotton. »Das Land hat es mit allen gut gemeint. Vielleicht braucht ihr gar nicht zu verkaufen.«
»Was ist nächstes Jahr?«, fragte ein Mann, der jünger war als Cotton, aber mindestens zehn Jahre älter aussah. Er gehörte zu einer Familie, deren Farm schon seit drei Generationen bestand, und machte im Augenblick keinen allzu glücklichen Eindruck. »Ein gutes Jahr macht kaum drei schlechte wett.«
»Warum will Louisa nicht verkaufen, Cotton?«, fragte Buford. »Sie ist älter als ich, und ich bin am Ende meiner Kräfte, und mein Junge hat keine Lust weiterzumachen. Und was Louisa angeht - sie muss doch die Kinder und die kranke Frau versorgen. Ich kann nicht begreifen, dass sie nicht verkaufen will.«
»Hier ist ihre Heimat, Buford. Genauso wie Ihre. Und es ist allein Louisas Entschluss. Den brauchen wir nicht zu begreifen, den müssen wir respektieren.«
»Aber können Sie nicht mal mit ihr reden?«
»Sie hat ihre Entscheidung getroffen. Es tut mir leid.«
Die Männer starrten ihn wortlos an, und es war deutlich zu erkennen, dass diese Antwort keinem von ihnen besonders gefiel. Schließlich machten sie kehrt und entfernten sich, und zurück blieb ein sehr besorgter und nachdenklicher Cotton Longfellow.
Oz hatte seinen Ball und seine Handschuhe zum Kirchenpicknick mitgebracht, und er warf zuerst mit Lou und danach mit ein paar anderen Jungen. Die Männer beobachteten staunend seine Fertigkeit und meinten, Oz hätte einen Wurf, wie sie ihn noch nie gesehen hätten. Dann kam Lou an einer Gruppe Kinder vorbei, die sich über den Tod von Diamond Skinner unterhielten.
»Dämlich wie ein Maultier, sich so in die Luft sprengen zu lassen«, meinte ein Junge mit dicken Backen, den Lou nicht kannte.
»Rennt dieser Heini tatsächlich in ’nen Stollen, in dem ’ne Dynamitpatrone mit brennender Zündschnur liegt«, sagte ein anderer. »Mein Gott, was für ein Blödmann.«
»Er war doch nie in der Schule«, meinte ein Mädchen mit dunklem, zu Korkenzieherlocken gekräuseltem Haar. Dazu trug sie einen teuren, breitkrempigen Hut mit einem farbigen Band und ein ähnlich teures Rüschenkleid. Lou wusste, dass sie Charlotte Ramsey hieß und ihre Eltern keine Farm hatten, sondern eins der kleinen Kohlebergwerke besaßen und ziemlich wohlhabend waren. »Wahrscheinlich hat der arme Teufel es nicht besser gewusst.«
Lou drängte sich in die Gruppe hinein. Seit sie in den Bergen lebte, war sie deutlich gewachsen und überragte sämtliche anderen Kinder, obgleich sie nahezu genauso alt waren wie sie.
»Er ist in den Stollen gerannt, um seinen Hund zu retten«, sagte Lou.
Der Junge mit den dicken Wangen lachte. »Er hat tatsächlich sein Leben
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