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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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vorgefahren kam, schauten sie auf. Der Anwalt stieg aus. Er hielt ein Buch unter den Arm geklemmt.
    »Ich habe von eurem kleinen Abenteuer in der Schule gehört«, sagte er, als er die Treppe heraufkam.
    Lou war erstaunt. »Das spricht sich ja schnell rum.«
    Cotton setzte sich neben sie auf die Stufen. »Wenn es hier oben zu einem guten Kampf kam, setzen die Leute Himmel und Hölle in Bewegung, damit alle davon erfahren.«
    »War kein großer Kampf«, sagte Lou stolz. »Billy Davis hat sich bloß zusammengerollt und wie ’n Baby geheult.«
    »Er hat Lou die Lippe aufgeschlagen«, fügte Oz hinzu, »aber es tut ihr gar nicht weh.«
    »Die haben uns Yankees genannt, als wär’s eine Art Krankheit«, sagte Lou.
    »Nun ja, vielleicht hilft es dir ein bisschen, wenn ich dir sage, dass ich auch Yankee bin. Aus Boston. Und mich haben die Leute hier akzeptiert. Na ja, zumindest die meisten.«
    Lous Augen wurden größer und größer, als ihr die Verbindung bewusst wurde und sie sich fragte, warum sie bisher noch nicht daran gedacht hatte. »Boston? Longfellow .? Sind Sie etwa ...?«
    »Henry Wadsworth Longfellow war der Urgroßvater meines Großvaters. So kann man es wohl am leichtesten erklären.«
    »Henry Wadsworth Longfellow. Mannomann!«
    »Mannomann!«, wiederholte Oz, obgleich er nicht die geringste Ahnung hatte, von wem die Rede war.
    »Mannomann, o ja. Ich wollte schon als Kind Schriftsteller werden.«
    »Warum sind Sie ’s dann nicht geworden?«, fragte Lou.
    Cotton lächelte. »Obwohl ich gut geschriebene, fantasievolle Bücher besser zu schätzen weiß als die meisten, bin ich einfach nicht imstande, selbst etwas zu schreiben. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich hierhin gezogen bin, nachdem ich meinen Abschluss in Jura gemacht hatte. So weit weg von Longfellows Boston, wie es nur geht. Ich bin kein besonders guter Anwalt, aber ich komme zurecht. Außerdem habe ich so die Zeit, die Bücher der Autoren zu lesen, die wirklich gut schreiben können.« Er räusperte sich kurz und zitierte mit angenehmer Stimme: »Oft denk ich an jene schöne Stadt, / Die da liegt am weiten Meer; / Geh oft in Gedanken auf und ab ...«
    Lou nahm den bekannten Vers auf: »Die Straßen der lieben alten Stadt. / Und die Jugend kehrt wieder her.«
    Cotton schaute sie beeindruckt an. »Du kannst Longfellow zitieren?«
    »Er war einer der Lieblingsdichter meines Vaters.«
    Cotton hielt das Buch in die Höhe, das er mitgebracht hatte. »Und das ist einer meiner Lieblingsdichter.«
    Lou warf einen erstaunten Blick auf das Buch. »Das ist der erste Roman meines Vaters.«
    »Hast du ihn gelesen?«
    »Pa hat mir Teile daraus vorgelesen. Eine Mutter verliert ihren einzigen Sohn und glaubt nun, ganz allein zu sein. Eine ziemlich traurige Geschichte.«
    »Aber auch eine Geschichte über eine Heilung, Lou. Und darüber, wie man sich gegenseitig helfen kann.« Er hielt kurz inne. »Ich werde es deiner Mutter vorlesen.«
    »Dad hat ihr schon alle seine Bücher vorgelesen«, sagte Lou kalt.
    Cotton wurde klar, was er getan hatte. »Lou, ich versuche nicht, deines Vaters Stelle einzunehmen.«
    Sie erhob sich. »Er war ein echter Schriftsteller. Er hatte es nicht nötig, andere zu zitieren.«
    Cotton stand ebenfalls auf. »Wäre dein Vater hier, würde er dir bestimmt sagen, dass es nichts Ehrenrühriges ist, die Worte anderer zu wiederholen. Das ist eher eine Art Respektsbezeugung. Und ich habe den allergrößten Respekt vor der Begabung deines Vaters.«
    »Und Sie meinen, wenn Sie Mom was vorlesen, hilft es ihr?«, fragte Oz.
    »Verschwenden Sie ruhig Ihre Zeit.« Lou ging davon.
    »Ich find’s okay, wenn Sie ihr was vorlesen«, sagte Oz.
    Cotton gab dem Jungen die Hand. »Herzlichen Dank für die Erlaubnis, Oz. Ich werde mein Bestes geben.«
    »Nun komm schon, Oz, wir haben noch ’ne Menge Arbeit!«, rief Lou.
    Als Oz losrannte, warf Cotton noch einen Blick auf das Buch und ging dann ins Haus. Louisa war in der Küche.
    »Du bist zum Vorlesen gekommen?«
    »Das hatte ich vor, aber Lou hat ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie es nicht gut findet, wenn ich aus den Büchern ihres Vaters lese. Vielleicht hat sie sogar Recht.«
    Louisa schaute aus dem Fenster und sah, wie Lou und Oz in der Scheune verschwanden. »Hör mal, ich hab noch ziemlich viele Briefe, die Jack mir über die Jahre geschrieben hat. Ein paar sind aus der Zeit, als er aufs College ging, und die mag ich besonders. Er benutzt zwar einige schwierige Worte, von denen

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