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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Sonnenlicht festhalten kannst oder die Luft, die du atmest. Manchmal stelle ich mir vor, viele unserer Ahnen stehen dort an der Tür des Farmhauses und blicken auf denselben Grund und Boden. Irgendwann jedoch wird die ganze Familie Cardinal verschwunden sein. Und dann, liebste Louisa, mögest du Mut fassen, denn der Blick über das weite Land jenseits des Tales, der Lauf der reißenden Flüsse, die sanften Wellen der grünen Hügel, aus denen hier und da kleine Perlen aus Licht hervor spähen wie winzige Nuggets verborgenen Goldes - dies alles wird für immer fortbestehen. Und es wird ihm nicht schlechter ergehen als zuvor, denn wir sind sterblich und unbedeutend angesichts der ewigen Existenz der Berge und müssen erkennen, dass Gott sie für die Ewigkeit geschaffen hat, wie du es mir so oft erzählt hast.
    Obgleich ich nun ein anderes Leben führe, ein Leben in der Stadt, das mir zum größten Teil Freude macht, werde ich niemals vergessen, dass die Weitergabe von Erinnerungen der stärkste Faden in dem fein gesponnenen Netz ist, das uns als Menschen verbindet. Genau dem gedenke ich mein Leben zu widmen. Und wenn du mich je etwas gelehrt hast, dann dies: dass das, was wir in unserem Herzen bewahren, der grundlegende Bestandteil unserer Menschlichkeit ist.«
     
    Cotton vernahm ein Geräusch, schaute zum Fenster und konnte einen Blick auf Lou erhaschen, bevor sie sich duckte. Cotton las leise für sich den letzten Teil des Briefes und beschloss dann, ihn mit lauter, kräftiger Stimme vorzulesen. Dabei sprach er viel eher zur Tochter, die vor dem Fenster lauerte, als zu der Mutter, die im Bett lag.
     
    »Und wenn ich an dich denke, wie du all die Jahre dein Leben in Ehrlichkeit, Anstand und Mitgefühl verbracht hast, dann weiß ich, dass nichts so mächtig ist wie die standhafte Zuneigung eines Menschen, der die Hand nach einem anderen ausstreckt, über den Abgrund der Verzweiflung hinweg. Ich denke jeden Tag an dich, Louisa, und werde immer an dich denken, solange mein Herz schlägt. In Liebe, dein Jack.«
     
    Lou schob den Kopf wieder über die Fensterbank. Zentimeter für Zentimeter drehte sie sich, bis sie ihre Mutter sehen konnte. Doch es war keine Veränderung bei ihr festzustellen, nicht die geringste. Zornig stieß Lou sich vom Fenster ab. Der arme Diamond wankte wieder heftig, und Lous Schubser war seinen Bemühungen, das Gleichgewicht zu halten, nicht gerade förderlich. Schließlich verlor Diamond den Kampf, und beide fielen. Ihr Sturz endete mit einem dumpfen Aufschrei und lautem Stöhnen.
    Cotton stürmte zum Fenster und sah gerade noch, wie die beiden um die Hausecke flitzten. Er wandte sich wieder der Frau im Bett zu. »Sie müssten sich wirklich wieder zu uns gesellen, Miss Amanda«, sagte er und fügte dann leise hinzu, als hätte er Angst, jemand könne ihn hören: »Aus vielen Gründen.«

 
KAPITEL 17
    Das Haus lag im Dunkeln, und der Himmel hing voller Gewölk, das für den Morgen kräftigen Regen versprach. Doch wenn rasch dahinziehende Wolkenbänke und wechselnde Winde über den Bergkamm wehten, drehte sich das Wetter oft sehr schnell: Aus Schnee wurde Regen, und der klare Himmel bezog sich, und man wurde nass oder fror, wenn man es am wenigsten erwartete. Die Kühe, Schweine und Schafe waren sicher in der Scheune untergebracht, denn man hatte Old Mo, den Berglöwen, in der Nähe gesehen, und es hieß, auf der Tyler-Farm sei ein Kalb gerissen worden und bei den Ramseys ein Schwein. Alle Bewohner des Berges trugen ihre Waffen bei sich und hielten die Augen nach dem alten Herumtreiber offen.
    Sam und Hit standen stumm in ihrem Pferch. Old Mo würde sich niemals an dieses Pärchen wagen. Ein streitlustiges Maultier konnte in Windeseile praktisch alles und jeden zu Tode treten.
    Die Tür des Farmhauses öffnete sich. Oz machte kein Geräusch, als er sie hinter sich wieder schloss. Der Junge war angezogen und hielt seinen Stoffbären fest an sich gedrückt. Er schaute sich ein paar Mal um und rannte dann an den Pferchen vorbei, über die Felder und hinein in den Wald.
    Die Nacht war kolkrabenschwarz, der Wind rüttelte an den Bäumen, das Unterholz war erfüllt von heimlichen Bewegungen, und das hohe Gras schien nach Oz’ Hosenbeinen zu greifen. Der kleine Junge war überzeugt davon, dass sich in der Nähe ganze Regimenter von Unholden herumtrieben, in voller furchterregender Pracht, und dass er ihr einziges Opfer auf der großen weiten Welt sei. Doch irgendetwas in Oz’ Innerem hatte sich

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