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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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dreizehn Kolonien dar. Dabei schwenkte einer der Jungen die Fahne Virginias, die viel größer war als die Fahnen der anderen Kinder; außerdem trug er natürlich das prächtigste Kostüm. Ein Regiment hoch dekorierter Kriegsveteranen aus der Gegend marschierte vorbei, darunter mehrere Männer mit langen Bärten und vom Alter gekrümmten Gestalten, die behaupteten, sowohl unter dem ehrenwerten Bobby Lee wie auch dem fanatisch frommen Stonewall Jackson gedient zu haben.
    Ein Wagen, der von der Southern Valley gespendet worden war, hatte den Kohlebergbau zum Thema und wurde von einem golden lackierten Chevrolet-Laster gezogen. Von den Bergleuten mit ihren kohlenstaubgeschwärzten Gesichtern und den von der Plackerei krummen Rücken war kein Einziger zu sehen. Stattdessen stand mitten auf dem Wagen - auf einer erhöhten Plattform, die an eine Kohlenrutsche erinnerte - eine hübsche junge Frau mit blondem Haar, makellosem Teint und strahlend weißen Zähnen. Sie trug eine Schärpe mit der Aufschrift »Miss Steinkohle 1940« und winkte den Leuten so mechanisch zu wie eine Aufziehpuppe. Selbst die dümmsten unter den Zuschauern begriffen wahrscheinlich die angedeutete Verbindung zwischen schwarzen Steinkohlebrocken und dem goldenen Topf, der sie zog. Und wie nicht anders zu erwarten, brachen die Männer und die Jungen in Hochrufe und begeisterte Pfiffe für die vorbeirollende Schönheit aus. Neben Lou stand eine bucklige alte Frau, die dem Mädchen erzählte, ihr Mann und ihre drei Söhne hätten in den Gruben gearbeitet. Dann betrachtete die alte Frau die Schönheitskönigin mit verächtlichem Blick und meinte, das junge Ding wäre in seinem Leben bestimmt noch nie auch nur in die Nähe eines Kohlebergwerks gekommen; sie würde ein Stück Kohle nicht mal dann erkennen, wenn es angeflogen käme und sie mitten ins pralle Leben träfe.
    Hochrangige Repräsentanten der Stadt hielten bombastische Reden und entlockten den Bürgern immer wieder aufbrandenden, begeisterten Applaus. Der Bürgermeister residierte auf einer eigens zu diesem Zweck errichteten Bühne, umgeben von lächelnden, elegant gekleideten Männern, bei denen es sich, wie Cotton Lou erklärte, um leitende Angestellte der Southern Valley handelte. Der Bürgermeister war jung und energisch. Sein Haar glänzte von Pomade, und er trug einen schicken Anzug mit einer modischen Taschenuhr an einer Kette. Sein strahlendes Lächeln kündete von grenzenloser Begeisterung, und er streckte die Hände zum Himmel, als wäre er entschlossen, jeden Regenbogen einzufangen, der versuchen sollte, sich an ihm vorbeizuschleichen.
    »Die Kohle ist der König«, rief der Bürgermeister in ein schepperndes Mikrophon, das fast so groß war wie sein Kopf. »Und weil der Krieg auf der anderen Seite des Atlantiks an Heftigkeit zunimmt und die mächtigen Vereinigten Staaten von Amerika Schiffe und Kanonen und Panzer für unsere Freunde bauen, die gegen Hitler kämpfen, wird der Bedarf der Stahlwerke nach Kohle, unserer guten, heimischen Virginiakohle, in schwindelnde Höhen steigen. Einige meinen sogar, dass es nicht lange dauert, bis auch wir in den Krieg eingreifen. Ja, der Wohlstand hat den Weg zu uns gefunden, und hier wird er bleiben«, sprach der Bürgermeister. »Nicht nur unsere Kinder werden den wundervollen amerikanischen Traum leben, sondern auch die Kinder unserer Kinder. Und das haben wir der hervorragenden Arbeit zu verdanken, die Unternehmen wie Southern Valley leisten, und ihrem unermüdlichen Bemühen, das schwarze Gestein aus der Erde zu holen, das unsere Stadt erblühen lässt. Seid versichert, Freunde, schon bald werden wir das New York des Südens sein. Eines Tages wird jemand zurückschauen und sagen: >Wer wohl gewusst hat, welch wundervolle Zukunft das Schicksal für Städte wie Dickens, Virginia, bereithielt?< Ihr habt es gewusst, weil ich es euch jetzt schon verrate! Ein dreifach Hoch auf die Southern Valley und auf Dickens, Virginia!« Und der überschwängliche Bürgermeister schleuderte seinen Strohhut hoch in die Luft. Die Menschenmenge stimmte in seinen Ruf mit ein, und weitere Hüte wirbelten durch die leichte, warme Brise. Und wenngleich Diamond, Lou, Oz, Eugene und Cotton ebenfalls applaudierten und die Kinder einander selig anlachten, bemerkte Lou, dass Cottons Gesichtsausdruck keinesfalls grenzenlosen Optimismus zeigte.
    Als der Abend kam, schauten sie sich an, wie ein Feuerwerk den Himmel bunt färbte, und dann stieg die Reisegruppe in den Hudson und

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