Das Versprechen
kehrten nach Hause zurück, überzeugt, dass sein Geist frei und ungebunden um seinen geliebten Berg schwebte, das Haar zerzaust wie eh und je, sein Lachen strahlend und die Füße nackt wie immer. Diamond Skinner hatte keinerlei materiellen Besitz gehabt, und doch war er der glücklichste Mensch gewesen, den Lou je gekannt hatte. Er und Gott würden zweifellos sehr gut miteinander auskommen.
Sie bereiteten sich auf den Winter vor, indem sie die Werkzeuge mit dem Wetzstein und der Feile schärften, die Ställe ausmisteten und den Mist auf den gepflügten Feldern verteilten. In einem Punkt hatte Louisa freilich nicht Recht behalten, denn Lou hatte sich noch immer nicht mit dem Geruch von Mist anfreunden können. Sie brachten das Vieh in den Stall, versorgten es mit Futter und Wasser, melkten die Kühe und erledigten ihre anderen Arbeiten, die ihnen jetzt so natürlich und selbstverständlich vorkamen wie das Atmen. Sie trugen Krüge voll Milch und Butter und Gläser mit Salz- und Essiggemüse und eingemachtes Sauerkraut und Bohnen in den teilweise unterirdisch gelegenen Kühlraum, der dicke Wände aus Holzbohlen hatte, abgedichtet und stellenweise grob verputzt. Dort, wo Lehm herausgebröckelt war, hatte man sie mit Papier ausgebessert. Und sie führten alle notwendigen Reparaturen aus, die auf einer Farm anfielen.
Die Schule begann, und so wie sein Vater es prophezeit hatte, war von Billy Davis nichts zu sehen. Niemand verlor ein Wort darüber; es war, als hätte der Junge nie existiert. Doch Lou ertappte sich von Zeit zu Zeit dabei, wie sie an ihn dachte, und sie hoffte, dass es ihm gut ging.
Als sie an einem späten Herbstabend ihre Arbeiten erledigt hatten, schickte Louisa Lou und Oz zum Bach hinunter, der am südlichen Rand des Anwesens plätscherte, damit sie Kugeln von den Platanen holten, die dort zahlreich gediehen. Diese Kugeln hatten spitze Stacheln, doch Louisa erklärte den Kindern, dass sie die Kugeln als Weihnachtsschmuck verwenden wolle. Bis Weihnachten dauerte es zwar noch einige Zeit, doch Lou und Oz taten wie geheißen.
Als sie zurücckamen, sahen sie zu ihrer Überraschung Cottons Automobil vor dem Haus stehen. Das Haus selbst war dunkel, und sie öffneten vorsichtig die Tür, unsicher, was sie vorfinden würden. Es wurde schlagartig hell, als Louisa und Eugene die schwarzen Tücher von den Laternen wegnahmen, und sie und Cotton riefen mit fröhlichen Stimmen: »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!« Und es war tatsächlich ihrer beider Geburtstag, denn Lou und Oz waren am gleichen Tag geboren, im Abstand von fünf Jahren, wie Amanda in einem ihrer Briefe an Louisa geschrieben hatte. Lou gehörte jetzt offiziell zu den Teenagern, während Oz das reife Alter von acht Jahren erreicht hatte.
Ein Erdbeerkuchen stand auf dem Tisch, dazu eine Kanne mit heißem Apfelwein. Zwei kleine Kerzen steckten in dem Kuchen, und Oz und Lou bliesen sie gemeinsam aus. Louisa holte die Geschenke hervor, an denen sie die ganze Zeit an ihrer Singer-Nähmaschine gearbeitet hatte: ein Kleid aus einem Schrotsack für Lou, das ein hübsches rot-grünes Blumenmuster hatte, und eine elegante Jacke, eine Hose und ein weißes Hemd für Oz, alle aus Kleidungsstücken geschneidert, die von Cotton stammten.
Eugene hatte zwei Pfeifen für sie geschnitzt, die unterschiedliche Töne erzeugten, damit sie sich untereinander verständigen konnten, wenn sie sich in einem dichten Wald befanden oder weit entfernt voneinander auf dem Feld arbeiteten. Die Berge würden das Echo bis zur Sonne und zurück tragen, erklärte Louisa ihnen. Sie bliesen so kräftig in die Pfeifen, dass es in ihren Lippen kitzelte und sie vergnügt kicherten.
Cotton schenkte Lou ein Buch mit Gedichten von Walt Whitman. »Er ist meinem Vorfahren überlegen auf dem Gebiet der Poesie, wie ich zu meinem Bedauern zugeben muss«, sagte er. Und dann holte er etwas aus einem Karton, das Oz den Atem verschlug. Die Baseballhandschuhe waren von perfekter Schönheit, sorgfältig gefettet, genau richtig abgewetzt, nach Leder, Schweiß und Sommergras duftend und ganz offensichtlich Objekte unzähliger und heiliger Kindheitsträume. »Die haben mir gehört, als ich noch ein Junge war«, sagte Cotton. »Aber ich muss zu meiner nicht geringen Schande zugeben, dass ich zwar kein besonders guter Anwalt bin, aber als Anwalt immer noch weitaus besser denn als Baseballspieler. Zwei Handschuhe, für dich und für Lou. Und natürlich auch für mich, falls du bereit bist, von Zeit
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