Das Versprechen der Kurtisane
hast ihn niedergeschlagen.« Sie hatte die Vernunft auf ihrer Seite, und falls das nichts half, hatte sie auch noch ein paar unfaire Tricks im Ärmel. »Was soll aus dieser Soldatenwitwe werden, wenn du stirbst? Was soll aus Mr Fuller werden und aus dem Schiff, das du mit ihm kaufen wolltest?«
Er runzelte wieder die Stirn und starrte diesmal seinen Kaffee an. Offensichtlich hatte er sich diese Fragen auch schon gestellt und offensichtlich ohne zu einer guten Antwort zu gelangen. Er stellte die Tasse ab und rieb sich geistesabwesend das verletzte Knie. »Ich weiß nicht, was aus ihnen werden soll. Aber der einzige Weg, um das Duell herumzukommen, wäre, mich zu entschuldigen. Und das kann ich einfach nicht tun.« Er sah sie an, sanft, aber bestimmt. »Ich glaube, du kennst den Unterschied zwischen
kann nicht
und
will nicht
. Du weißt, dass du mich nicht überreden kannst.«
Sie wusste nichts dergleichen. Seine Schwäche war sein Pflichtgefühl denen gegenüber, die von ihm abhängig waren. Sie würde diese Schwäche gnadenlos ausnutzen.
Er griff über den Tisch, nahm erst die eine, dann die andere Untertasse weg und stellte sie unter die dazugehörige Tasse. »Du solltest eins hiervon trinken, bevor es kalt wird. Hast du gemerkt, dass du die ganze Nacht durchgeschlafen hast, ohne Albträume? Jedenfalls habe ich keine bemerkt.«
Ihre Hand hielt auf halbem Wege zum Kaffee an. Ihr ganzer Körper erinnerte sich daran, wie er sie letzte Nacht gehalten hatte, als sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hatte. Als hätte er gewusst, dass sie in tausend Stücke zerspringen könnte, falls er losließe. Sie tastete nach der Tasse und musste den Blick abwenden. »Du hast wohl einen sehr leichten Schlaf.«
»Wenn es nötig ist.« So deutlich sah sie ihn neben sich liegen, auf das geringste Geräusch lauschend, auf die geringste Bewegung. Denn er hegte … Gefühle für sie. Zärtliche Gefühle. Sie hatte, so fest sie konnte, auf
Gefühle
und
Zärtlichkeit
gespuckt, und sie hatte ihn kein bisschen entmutigt.
Auch das ist seine Schwäche. Verwende sie gegen ihn!
Sie setzte sich auf, ergriff Tasse und Untertasse und zwang sich, ihn anzusehen. »Gestern Abend hast du gesagt, wir könnten darüber sprechen, was aus mir werden soll, und was als Nächstes zu tun ist.«
»Richtig.« Er schlug die Beine übereinander und wandte ihr den ganzen Körper zu. »Wann erwartest du Mr Roanoke zurück in London?«
»Sonntag.« Es war Mittwoch. Innerhalb von vier Tagen musste sie eine neue Unterkunft finden, sich um Janes Sicherheit kümmern und Mr Blackshear von dem Duell abbringen. »Will.« Keine Frage, wo sie anfangen musste. »Mir fehlen sechzehnhundertachtundzwanzig Pfund zu meiner Kapitalanlage. Wie viel fehlt dir zu deinem Schiff?«
»Etwas über achthundert.« Sein Blick wurde aufmerksam. Er wusste, worauf sie hinauswollte.
»Ich muss wieder in die Spielhöllen. Und ich brauche dich dabei.«
Brauche
. Der Meißel, mit dem sie ihn bearbeiten würde, Stück für Stück, bis sein Widerstand in Bröckchen vor ihren Füßen lag. »Mit weiteren hundert für meine Ausgaben, bis die Rentenzahlungen beginnen, und, sagen wir, zweihundert für deinen Unterhalt, bis das Schiff Profit abwirft, wären wir insgesamt bei zweitausendfünfhundertachtundzwanzig Pfund, die wir brauchen.«
»So viel können wir unmöglich an vier Abenden gewinnen.« Doch alles in seiner Miene zeugte davon, dass er inständig hoffte, sie würde ihm widersprechen.
»Wir haben mindestens fünf Abende.« Sie stürzte einen raschen Schluck Kaffee hinunter. »Wenn Mr Roanoke am Sonntag zurückkommt, wäre Montag bei Tagesanbruch der früheste Termin. Dienstag ist wahrscheinlicher. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er direkt nach seiner Ankunft einen Sekundanten suchen geht und ihn unverzüglich zum Viscount schickt, um alles Weitere zu arrangieren. Gehen wir von sechs Abenden aus.« Sie setzte sich auf. »Im Durchschnitt brauchen wir nur vierhunderteinundzwanzig Pfund und sechs Schilling pro Abend. Wenn du dich erinnerst: Beim ersten Mal haben wir an einem einzigen Abend elfhundertzweiundsechzig gewonnen.«
»Du setzt voraus, dass wir jeden Abend gewinnen.« Ein berechtigter, verständiger Einwand, doch Hoffnung brannte sich inzwischen in ihn wie ein Lauffeuer durch Felder. Er wollte
so gern
sein Versprechen gegenüber Fuller einlösen, dem gefallenen Soldaten Wort halten und für sie tun, was er konnte, auch wenn sie ihn nicht lieben würde.
»Ganz und gar nicht. Ich
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