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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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setzen. Vier setzen. Sieben. Jetzt stehenbleiben.
    Hinter ihr ratterte der Roulettekessel. Neben ihr klapperten Würfel in jemandes Hand, bevor sie aufs Tuch purzelten. Um sie herum waren überall Unterhaltungen im Gange, die sie nichts angingen. Die Geräusche verwoben sich und traten diskret in den Hintergrund, bis es nichts mehr gab als Karten, Berechnungen und kühle Entschlossenheit und die einzigen Herzen von Bedeutung waren die, deren Punkte man zählen konnte.
    Im Leben eines anständigen Mannes hatte sie nichts verloren, weder als Ehefrau noch als Geliebte, und auch nicht als verschwiegene Zuhörerin. Doch bei allem, was ihr heilig war – hier war sie nicht fehl am Platz. Schamlos, unanständig und liederlich, wie sie war, würde sie sich nehmen, was sie haben wollte, eine Handvoll nach der anderen, ohne Erbarmen.
    Und wie um sie wieder willkommen zu heißen, nachdem sie vom rechten Wege abgekommen war, fielen die Karten ein ums andere Mal zu ihren Gunsten aus. Beziehungsweise zu Mr Blackshears Gunsten, denn die hohen Einsätze tätigte ja er. Acht Einheiten. Neun Einheiten. Elf, mit der Bemerkung, sie werde all ihr Silber verpfänden müssen – jede Anspielung auf Metall führte zu
Bronze
 und
Bronze
zu
onze.
Als sie sich den Code ausgedacht hatten, war sie nicht davon ausgegangen, dass sie das jemals brauchen würden.
    Ohne Uhren maß man die Zeit nicht in Stunden, sondern in Geld, und irgendwo bei der schwindelerregenden Summe von achtzehnhundert Pfund streckte Will sich, um eine Besprechung einzuberufen. Sie sah weg. Wenn er müde war, konnte er sich für ein paar Minuten empfehlen, ohne ihr Rechenschaft schuldig zu sein. Wenn er der Meinung war, sie hätten für heute genug gewonnen, hatte er nicht mit dem Ausmaß ihrer Entschlossenheit gerechnet. Und wenn er ihr irgendetwas anderes zu sagen hatte, war das nicht nötig. Es war alles gesagt.
    Nach zwanzig Minuten gab er das Signal erneut. Nachlässig und träge hob er den rechten Ellbogen und legte die linke Hand daran.
    Irgendwo in ihrem Gehirn gab es einen Aussetzer. Ein Zahnrad verfehlte das andere, oder vielleicht sprang eine Sprungfeder aus ihrer Halterung, und plötzlich war sie sich nur allzu deutlich der unsichtbaren Muskeln bewusst, die sich gerade in seiner Seite dehnen mussten, vom Handgelenk bis zu seinem erhobenen Ellbogen.
    Lass die Finger von ihm. Wenn du ihm einen Gefallen tun willst, dann bleib hier sitzen und spiel weiter.
Doch mit dem nächsten Atemzug drang ihr der Duft von Bay Rum in die Nase, und die Karten und die Zahlen traten zu den anderen Geräuschen des Raums in den Hintergrund.
    In Ordnung. Sie tippte sich an die Lippen und begann, äußerlich völlig ruhig ihre Jetons einzustreichen, während ein nervöser Impuls nach dem anderen durch ihre verworrenen Nervenbahnen jagte. Sie würde auf das viel versprechende Spiel verzichten, um ihn im Korridor zu erwarten, wenn er darauf bestand. Doch falls er glaubte, sie in eine schmerzhafte und überdies völlig sinnlose Diskussion verwickeln zu können, hatte er sich getäuscht.
    Was zum Teufel war falsch gelaufen zwischen ihnen? Offensichtlich fiel es mit ihrem Besuch bei den Talbots zusammen, doch was genau hatte ihr seine Gesellschaft auf einmal so unerträglich gemacht?
    Auf dem Weg zu jenem Korridor, in dem ihre Beziehung das letzte Mal so zerrüttet worden war, ballte Will immer wieder die Fäuste. Er hatte ihr gesagt, dass er in Bezug auf sein Verhältnis zu Mrs Talbot nicht gelogen hatte, und sie hatte gesagt, dass sie ihm glaubte. Woher kam aber dann diese steinerne Regungslosigkeit, in die sie seit ihrem Besuch verfallen war?
    Sie hat es erraten.
Ein kaltes Flüstern in seinem Genick, das jeden Wirbel einzeln einfror. Nicht die Einzelheiten. Doch vielleicht hatte sie die ungefähre Art seines Vergehens erraten, und sein schlecht verborgenes Unbehagen während des Besuchs konnte jeden dunklen Verdacht, den sie vielleicht gehabt hatte, nur bestärkt haben.
    Er kam um die Ecke. Keine Spur von ihr. Er ging ein Stück tiefer in den Korridor und blieb stehen. Ob ihr das Warten zu lang geworden war und sie wieder an den Spieltisch zurückgekehrt war? Nein, da hätte sie an ihm vorbeikommen müssen. Plötzlich durchfuhr ihn eine unangenehme Erinnerung: die kalte Nachtluft, als er auf sie gewartet hatte, sie auf der Straße gesucht hatte, bevor ihm klar geworden war, dass sie ohne ihn abgefahren war. Ob sie nur aufgestanden war, um ihren Mantel zu holen und ihn ein für alle Mal zu

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