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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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schlimmer gemacht. Als der Feldscher ihn sich angesehen hat, konnte Talbot seine Glieder schon nicht mehr bewegen.«
    Hier hätte sie einspringen und ihm Absolution erteilen können:
Bestimmt hätte jeder in deiner Situation das Gleiche getan. Bestimmt bestand sowieso keine Hoffnung mehr für ihn.
Doch kein Laut passierte die Lippen der Gestalt zu seiner Rechten außer dem gleichmäßiger Atemzüge.
    Und, Gott helfe ihm abermals, erst jetzt wurde ihm klar, wie verzweifelt er gehofft hatte, dass sie Mitleid haben und ihm mit der ganzen Kraft ihres rationalen Verstands sagen würde, dass es unsinnig war, sich die Schuld zu geben.
    Denn das war es nicht. Diese Wahrheit pulsierte tief in ihm wie eine Glocke unter Wasser. Sie konnte ihn genauso wenig freisprechen, wie er sich selbst.
    »Weiter«, sagte sie, denn ihre Adleraugen durchschauten ihn, und sie wusste, dass das noch nicht alles war.
    Er holte wieder Luft, um erneut einzutauchen. »Ich trug ihn zu drei verschiedenen Feldlazaretten, weil ich dachte … Ich war so müde, ich konnte nicht mehr klar denken. Ich hatte die Hoffnung, dass mir irgendwo ein Feldscher eine andere Antwort geben würde. Ich wollte nicht aufgeben.«
    »Weil du wusstest, dass er Frau und Kind hatte.«
    »Ja.«
    »Und weil du gehofft hast, den Fehler, den du begangen hattest, wiedergutmachen zu können.«
    »Ja.« Seine Stimme klang rau und krächzend, genau wie in jener Nacht. Die Erinnerung grub ihre Klauen in ihn und zog ihn dorthin zurück; er schmeckte wieder die saure Qual zu vieler Stunden ohne Wasser. »Aber vor allem, weil ich ihm versprochen hatte, dass alles gut werden würde, und er meinem Wort vertraute.«
    »Und das Ende?« Ruhig und direkt wie ein Korporal, der einen Gefangenen verhörte.
    »Ich konnte nichts für ihn tun.« Das schreckliche, schreckliche Gefühl der Nutzlosigkeit, Machtlosigkeit, kam zurück und hüllte ihn ein wie ein Leichentuch. »Ich konnte nicht einmal Opium für ihn beschaffen. Ich haben ihn nur herumgezerrt und seine Qualen um viele Stunden verlängert. Am Ende flehte er mich an, ihm eine Kugel zu geben.«
    Ein kurzes Schweigen, während sie alles aufnahm. »Tatest du ihm den Willen?«
    »Wir trugen keine Gewehre in unserem Regiment. Ich hätte eine Muskete benutzen müssen, und ich …«
Ich war pingelig in der Wahl meiner Mordwaffe.
»Ich benutzte meine Hände.«
    Wieder schwieg sie, diesmal so lange, dass er sich schließlich umdrehen und sie ansehen musste. In ihrem Gesicht sah er nichts außer einer nachdenklichen Stirnfalte. »Zeigst du mir, wie?«
    Gütiger Gott. Die dunkelste Tat seines Lebens, und das Erste, was sie interessierte, war die Mechanik. Sie wollte seine Erzählung wohl ausschmücken, oder vielleicht glaubte sie, das Wissen eines Tages gewinnbringend anwenden zu können.
    Einerlei. Er hatte beschlossen, ihr zu beichten, anstatt auf eine warmherzige, gefühlvolle Frau zu warten. Verständnisvoll und zuversichtlich. Mit all jenen Eigenschaften, die ihm scheinbar nichts mehr bedeuteten.
    Er fand ihre Hände und legte sie an seinen Hals, tastete nach der Stelle, wo sie ihren Daumen hinlegen musste. »Da ist eine Vene.« Sie runzelte kaum merklich die Stirn und betrachtete die Anordnung ihrer Finger. »Wenn du darauf drückst, kannst du die Blutzufuhr unterbrechen. Dann hört alles auf.«
    Ihre Augen, leer und glitzernd, blickten wieder in sein Gesicht. Ihre Hände blieben, wo sie waren. Einen Augenblick lang schien es möglich, dass sie … Und würde er sich zur Wehr setzen, wenn sie es tat? Würde er sich ihr ein letztes Mal hingeben und ihr erlauben, ihn für immer von seiner Last zu befreien?
    Doch sie tat es nicht. Sie zog die Hände zurück, und diesmal kam keine auf seinem Arm zu liegen. Beide wanderten unter das Kissen unter ihrem Kinn. Sie sagte nichts.
    Er hätte es ihr nicht erzählen sollen. Oder er hätte es ihr vor langer Zeit erzählen sollen. Bevor er sie berührt hatte, befriedigt hatte, seinen Körper an ihren geschmiegt hatte.
    »Bitte sag doch etwas, Lydia!« Fall es möglich war, das zu sagen, ohne dabei jämmerlich zu klingen, wusste er nicht, wie. Er fühlte sich leer, haltlos, wie er so neben ihr lag und keine Ahnung hatte, was sie dachte. »Ich konnte dich noch nie durchschauen. Ich weiß nicht … Ich habe keine Ahnung, was du jetzt willst. Was ich jetzt tun soll.«
Dir beim Anziehen helfen und eine Droschke rufen, die dich nach Hause fährt. Mich dafür entschuldigen, dass ich bei dir gelegen habe. Die Klappe

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