Das Versprechen der Kurtisane
gehorchte.
»Aber ich bin nicht deine Frau.« Mehr brachte sie nicht hervor.
»Noch nicht.« Seine Finger gaben ihr Handgelenk frei; die Hand glitt über ihren Bauch, legte sich an ihre Taille und zog sie an sich. »Willst du mich heiraten, Lydia?«
Seine Worte wrangen ihr das Herz wie frisch gewaschene Wäsche. Natürlich meinte er es nicht böse. Doch das Wissen, dass er sie liebte und sich an sie binden würde, ehrbar, wenn er konnte, ließ die übrigen unüberwindbaren Hindernisse nur umso grausamer erscheinen. »Du weißt, dass das unmöglich ist.« Sie würde ihm die Gründe einen nach dem anderen in Erinnerung rufen, wenn es sein musste.
»Es spricht sehr vieles dagegen. Das ist nicht das Gleiche wie unmöglich.« Sie spürte seinen kräftigen Herzschlag, wo ihr Arm auf seiner Brust lag. »Ich liebe dich. Du hast gesagt, dass du mich liebst. Du wirst mir sicher glauben, wenn ich dir bezeuge, dass ich mir nach heute Nacht nicht mehr vorstellen kann, mit jemand anderem ein neues Leben anzufangen.«
Seine Wortwahl ließ ihr ein bitteres Lachen im Hals stecken bleiben und trieb Tränen in ihre Augen. »
Ein neues Leben anfangen
ist genau das, was du mit mir nicht kannst. Hast du das vergessen?«
Er schwieg mehrere Sekunden lang und überließ es ihrer Vorstellungskraft, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. »Ich bin ein jüngster Sohn«, sagte er schließlich. »Die Welt giert nicht gerade nach einer Kopie von mir.«
»Du weißt genau, dass es nicht nur darum geht.« Er hatte nicht umsonst gezögert. Das Thema ließ ihn nicht so kalt, wie er ihr weismachen wollte. »Stell dir vor, wie es wäre, zu wissen, dass deine Linie mit dir aussterben wird. Keine Nachkommen, die sich im Alter um dich kümmern. Keine Kinder, die du lieben kannst. Keine kleinen Gesichter, die dir ähnlich sehen.« Oh Gott. Jetzt wurde sie auch noch sentimental.
»Ich behaupte nicht, dass ich daran nicht manchmal denken werde und den Verlust betrauern. Aber wir werden ihn gemeinsam betrauern. Und ich werde dich haben, um mich zu trösten. Das ist nichts Geringes.« Er rollte sich auf den Rücken und führte ihren Kopf mit seiner großen Hand an seine Schulter. »Ich habe dir erzählt, dass meine Mutter im Kindbett gestorben ist.« In der Dunkelheit, aus dieser Nähe, klang jede Silbe wie ein kostbares Geheimnis. »Es war ihre zehnte Geburt, und von ihr war bereits nicht mehr viel übrig. Ich glaube, mein Vater ist nie über den Verlust hinweggekommen, und ich glaube, er hat nie aufgehört, sich die Schuld daran zu geben.« Er ergriff eine Haarsträhne und zwirbelte sie langsam um einen Finger, dann um einen zweiten. »Ich habe gesehen, wie mein ältester Bruder beinahe die Wände hochgegangen ist, als es bei seiner Frau so weit war. Ich werde diese Angst nie kennenlernen, wenn ich dich heirate. Wir können einander lieben, ohne dass diese düstere Wolke über uns schwebt. Dieses Glück haben nicht viele Männer.«
Vier Sekunden lang ließ sie sich einfach auf seinen Worten treiben. Seine so furchtbar zärtliche Gesinnung trug sie wie Salzwasser. »So einfach ist das nicht«, sagte sie schließlich.
»Natürlich nicht. Es wird überhaupt nicht einfach.« Er ließ ihre Haarsträhne los und legte die Hand wieder an ihren Kopf. »Meine Familie wird mich vermutlich verstoßen, ich muss irgendetwas wegen Mrs Talbot unternehmen, ich brauche eine Unterkunft und ein Einkommen, das ich mit dir teilen kann, und ich muss dieses verdammte Duell überstehen. Es wird alles andere als einfach.« Seine Stimme wurde langsamer und tiefer wie eine Geige, die zum Abschluss eines komplizierten Konzerts in eine andere Tonart wechselte. »Aber wir haben beide einige Erfahrung mit Schwierigkeiten, oder nicht? Wir haben schon einige Prüfungen bestanden. Garantiert werden wir auf Hindernisse und Widrigkeiten stoßen. Aber besteht nicht Grund zu der Hoffnung, dass wir ihnen gewachsen sind?«
Es war der schönste, großartigste, am besten argumentierte Heiratsantrag, den eine Dame sich überhaupt wünschen konnte. Ihr Herz hüpfte wie ein leeres Fass auf rauer See.
Doch es war schon spät. Er war gerade mit Leidenschaft übersättigt worden, und vermutlich schwirrte ihm noch der Kopf. Und er war zärtlich gestimmt nach der Erleichterung, sein Geheimnis endlich ans Licht gebracht zu haben. Vielleicht würde er am Morgen ganz anders gesinnt sein. Zumindest würde er vermutlich einsehen, wie dumm es war, Zukunftspläne zu schmieden, solange das Zusammentreffen mit
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