Das Versprechen der Kurtisane
darin, als sein Blick von seiner Hand zu ihrem Gesicht geschossen war … was hatte Eliza noch mal genau gesagt? Über Kohlen? Man konnte sich leicht vorstellen, dass hinter diesen Augen ein kleines Männchen saß, das sie mit winzigen Blasebälgen zu kleinen Schwelbränden anfachte.
»Daran zweifle ich nicht.« Sein Blick brannte zu einem gleichmäßigen Glühen herunter. Er lehnte die Schulter wieder an die Wand und ließ die Hand den schmalen Streifen Tapete hinuntergleiten, der zwischen ihren Armen lag. Ein halber Meter. Es entging ihr nicht; der Abstand zwischen ihnen und die Bewegung seiner Hand. In ihrem Metier kam man einfach nicht umhin, dergleichen Dinge zu bemerken. »Ich möchte nur, dass Sie die Möglichkeit erwägen, dass
ich
in dieser Sache der Leidtragende gewesen sein könnte«, sprach er währenddessen weiter. »Bedrängt und nur darauf bedacht, mich so schnell wie möglich zu entfernen, ohne die Situation noch prekärer zu machen.«
»Wenn ich mich recht entsinne, hatten Sie es nicht besonders eilig.«
»Nein. Sie haben ganz recht.« Seine Wange, jetzt, wo sie hinsah, hatte unter den kurz rasierten Koteletten einen ganz leichten Schatten. Ihre Handfläche kribbelte. Drei Uhr morgens. Seine letzte Rasur musste einen Tag her sein. »Ich hatte es schon eilig, aber ich habe mich … ablenken lassen. Vermutlich schulde ich Ihnen dafür eine Entschuldigung.«
»Das will ich meinen.« Hatte er sich vorgebeugt? Hatte er. Deswegen war ihr Tonfall in einen tieferen, wärmeren, um nicht zu sagen intimeren Bereich hinabgestiegen.
»In Ordnung.« Plötzlich funkelten seine Augen maliziös. »Ich bitte um Verzeihung, falls ich irgendeine Form des Anstands verletzt habe, die es einer Dame erlaubt, sich in der Öffentlichkeit ihrem Herrn Beschützer hinzugeben. Kriege ich jetzt mein Geld zurück?«
»Himmel noch mal!« Ihr Tonfall schoss wieder in seine gewohnte Oktave. »Wer hat Sie gelehrt, sich zu entschuldigen?«
»Eine gestrenge Gouvernante, die ich bei jeder Gelegenheit, die sich bot, ignoriert habe. Wer hat Sie gelehrt, zu fluchen wie ein Gentleman?«
»Das geht Sie nichts an. Und welcher Soldat, der etwas auf sich hält, würde
Himmel noch mal
als Fluchen bezeichnen?«
»Ich sagte doch, ich habe mein Patent verkauft! Jetzt halte ich mich an die Umgangsformen eines Gentleman, und Gentlemen sagen vor Damen nicht
Himmel noch mal
.« Abrupt verzog sich sein Mund zu einem schiefen Grinsen, das eine kleine Lücke zwischen seinen beiden Vorderzähnen offenbarte. Er machte sich über sie lustig, wies darauf hin, dass
sie
es gewesen war, die den Ausdruck gebraucht hatte, und vermutlich auch auf die Absurdität, mit einer Frau wie ihr vornehme Anstandsformen zu wahren.
Unsäglicher, unbedachter Mann!
Wie konnte er es wagen, sie aufzuziehen, sie mit so unverhohlenem Frohsinn anzulächeln, ganz so, als erwarte er, sie würde ihn erwidern? Ein Soldat sollte eigentlich besser wissen, wer Freund und wer Feind war.
»Geben Sie mir das Geld, Miss Slaughter.« Mit tiefer, honigsüßer Stimme begann er ihr zuzureden. »Sie haben mir eine glänzende Abfuhr erteilt und mich beim Spiel vorgeführt. Genug der Rache dafür, dass ich sie
in flagranti
erwischt habe. Das Geld kann für Sie doch nicht von Bedeutung sein.«
So viel zu der Frage, ob er schlauer war, als er aussah. »Sagen Sie mal, was glauben Sie eigentlich, was ich Ihrer Meinung nach für ein Leben führe, in dem Geld nicht von Bedeutung wäre?«
»Sie werden ausgehalten.« Unverzüglich passte er sich ihrem nüchternen Tonfall an, keine Spur mehr von Honig. »Jemand bezahlt all Ihre Ausgaben, von Ihren feinen Handschuhen und Hauben bis hin zum Dach über Ihrem Kopf. Vielleicht bedeutet Ihnen Geld auch etwas, aber mir, der ich für alles selbst aufkommen muss, bedeutet es mehr.«
So sah er sie also. Weder als Freund noch als Feind, sondern als gedankenloses Wesen, das weiter keine Sorgen hatte als das nächste feine Kleid. Der Gedanke an die beiden Schnittmuster drängte sich auf, frivol und vorwurfsvoll. Sie ballte die Fäuste. »Aber Sie sind ein Gentleman. Ein Mann. Sie haben doch so viele Vorteile.«
»Aber keine, die meine Kerzen bezahlen oder mir die Stiefel flicken.«
»Doch! Sie können sich um eine Anstellung bemühen. Vielleicht keine, die die hohen Erwartungen und vornehmen Gewohnheiten erfüllt, zu denen Sie vielleicht erzogen worden sind, aber für einen Mann gibt es in London doch tausend ehrbare Möglichkeiten, seinen Unterhalt zu
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