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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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sie aber nicht. Er hatte seine Gründe. Hatte er gesagt.
    Sie griff nach einem Riechfläschchen und drehte es. Eine nach der anderen reflektierten die kleinen Glasflächen das Kerzenlicht. Eine Dame brauchte nicht lange zu grübeln, um darauf zu kommen, was für Gründe das sein mochten. Er war anderweitig versprochen, oder jedenfalls interessiert, und wollte die Bekanntschaft nicht beleidigen, indem er seinem Verlangen nach ihr nachgab.
    Das sprach für ihn. Ein Mann, der seine Lust zügeln konnte, würde vermutlich auch in einer Spielhölle einen klaren Kopf bewahren. Das war schließlich das Wichtigste. Der Rest lenkte sie bloß ab.
    Energisch stellte sie das Fläschchen hin. Sie hatten eine Abmachung. Sie würde ihm beibringen, wie man strategisch spielte, und er würde die Spielhöllen auskundschaften und ihr beizeiten einen Vertreter für das Geschäftliche besorgen. Weiter nichts. »Ich glaube, ich muss den Wahrscheinlichkeitsunterschied zwischen einem bekannten und einem unbekannten Stoß in Betracht ziehen«, sagte sie und las in Janes Miene geduldige Resignation.
    Sonntagmorgen. Er hätte im Bett bleiben sollen. Im düsteren Ziegelturm der St.-James-Kirche läuteten die Glocken, als Will vorbeiging. Menschen in ihrem ernsten Sonntagsstaat strömten ihm entgegen, und er bahnte sich seinen Weg wie einer dieser Fische, die Stromschnellen und Wasserfälle emporschwimmen mussten, um endlich nach Hause zu gelangen.
    Er hatte noch keinen Fuß in diese Kirche gesetzt, seit er wieder in England war. Auch in St. George’s am Hannover Square hatte er sich nicht blicken lassen, obgleich Andrew oder die eine oder andere seiner Schwestern ihn immer wieder einluden. Nicht so einfach, zu wissen, was das Protokoll vorschrieb für jene, die ihre unsterbliche Seele verwirkt hatten.
    Will vergrub die Hände tief in den Taschen und schlang seinen Mantel enger um sich, um den kalten Wind abzuhalten. Natürlich war es nicht an ihm, sein Urteil zu fällen. Die Soldaten der Welt hätten wahrhaftig schlechte Aussichten, wenn es ewige Verdammnis bedeutete, ein Leben zu nehmen. Genug von ihnen bevölkerten allsonntäglich die Kirchen, um auf eine gewisse Zuversicht schließen zu lassen, was das betraf. Sein Fall war indes gerade anders genug, um ihn davon abzuhalten, sich ihnen anzuschließen.
    Ein loses Ende seines Schals flatterte im Wind; er stopfte es unter den Mantel. Ewige Verdammnis. Ein schönes Thema für einen Morgenspaziergang. Doch immerhin bewahrte es ihn davor, an das zu denken, was er zu Miss Slaughter gesagt hatte. Zu Lydia. Er schüttelte den Kopf, wie um die Erinnerung daran zu vertreiben. Was war nur in ihn gefahren, so zu ihr zu sprechen?
    Doch früher oder später hätte er etwas sagen müssen. Sie hätte es sowieso bald gemerkt, denn er konnte sich nicht gut verstellen. Jetzt spielten sie wenigstens mit offenen Karten. Doch genug gegrübelt. Er hatte gesagt, was er gesagt hatte, und konnte es nicht mehr zurücknehmen.
    Nach Süden und nach Osten trugen ihn seine Füße, durch die sonntägliche Ruhe der Stadt, bis er die London Bridge erreicht hatte und den Upper Pool überblicken konnte. In letzter Zeit war er mehr als einmal hierhergekommen, um dem Schiffsverkehr zuzusehen und sich in Erinnerung zu rufen, was er von Fuller gelernt oder sich selbst angelesen hatte. Das nächste ankernde Schiff war eine zweimastige Brigg, zu klein für eine Fahrt auf offener See, also vermutlich in der Küstenschifffahrt eingesetzt. Kohle vielleicht. Oder Wolle. Irgendeine Ware aus dem nördlichen Landesinneren, mit der London versorgt wurde. Eigentlich unglaublich, wie alles funktionierte, wenn man so darüber nachdachte.
    Er verschränkte die Arme auf der Steinbrüstung und ließ sich den Wind ins Gesicht wehen, der das Wasser kräuselte und leicht salzig schmeckte. An alledem teilzuhaben, das wäre schon was. Obwohl es natürlich vorerst nur darum ging, eine Summe zu erwirtschaften, die Mrs Talbot unabhängig machen würde. Damit sie nicht länger in so beengten Verhältnissen leben musste. Damit sein Wort wieder etwas wert war. Aber davon abgesehen, ebenso wie davon, dass er auch sein eigenes Einkommen sichern musste, würde es ihm eine gewisse Befriedigung verschaffen, seinen bescheidenen Teil zu diesem großen Wirtschaftszweig beizutragen. Zu ehrlichem Handel und Wandel. Eines Tages würden die Leute vielleicht in Häusern wohnen, deren Holz
er
übers Meer hatte befördern lassen.
    Es war nicht das Leben, für das er

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