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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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erzogen worden war, wohlgemerkt. Andrew würde vermutlich kreidebleich werden, wenn ihm zu Ohren käme, dass einer der Blackshear-Brüder auch nur im Entferntesten in Handelsgeschäfte verwickelt war.
    Doch ein erstgeborener Sohn hatte in aller Regel auch mehr Nutzen von den feinen Rangunterschieden als ein nachgeborener Sohn. Besonders wenn der Jüngere Schulter an Schulter mit Metzgerssöhnen auf dem Schlachtfeld gestanden hatte.
    Will wandte sich um, lehnte sich mit dem Rücken an die Balustrade und betrachtete die Stadt zu seiner Rechten. London. St. James’s Palace. Clarendon Square, irgendwo hinter den Häusern.
    Seine Zukunftspläne hingen mehr und mehr von Miss Slaughter ab. Er durfte nicht vergessen, was er alles zu verlieren hatte, wenn er zu freizügig mit ihr umging. Er musste vorsichtiger sein denn je. Jetzt, da er ihr offenbart hatte, wie es um ihn stand, konnten sie dieses Thema hoffentlich auf sich beruhen lassen und sich ganz der Komplexität des Vingt-et-un-Spiels widmen.

10
    Es gab jedoch noch andere Möglichkeiten, wie er ihren Pakt ruinieren konnte, und zwei Abende später war er nah dran.
    »Wie kann dir denn nicht klar sein, dass drei Achtel mehr sind als fünf Vierzehntel? Wie kann dir das nicht klar sein?«
    Sie hatte ihr irritierendes Hin- und Hergehen für einen Moment unterbrochen, damit ihr Zorn ihn mit größtmöglicher Zielgenauigkeit treffen konnte, und stand, die Hände in die Hüften gestemmt, vor ihm.
    »Verdammt, Lydia, mein Gehirn funktioniert eben nicht auf diese Weise! Genauso wenig wie das der meisten anderen Menschen.« Er hatte den Kopf in die Hand gestützt und fuhr sich erschöpft mit den Fingern durchs Haar.
    Sie machte drei Schritte und kam wieder zurück. »Stell es dir bildlich vor.«
    »Das
kann
ich nicht!«
    »Es ist doch ganz einfach: zwei Rechtecke, nebeneinander, das eine teilst du mit sieben, das andere mit dreizehn waagerechten Linien. Dann sieht man doch …«
    Widerwillig musste er lachen. »Himmel! Für dich ist es wirklich so einfach, oder? Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie es für andere Leute ist.«
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu, ließ die Hände sinken und ballte sie zu Fäusten. »Du findest das wohl komisch. Für mich ist es aber weniger amüsant.« Sie sah aus wie ein kleines Mädchen, das erbost darüber war, von seinen älteren Geschwistern nicht ernst genommen zu werden. Ob sie ältere Geschwister hatte? Oder überhaupt Geschwister? Er schweifte schon wieder ab. »Ich habe Stunden um Stunden, einen ganzen Bleistift und Unmengen Papier darauf verwendet, ein System auszuarbeiten, mit dem du deine Gewinnchancen bestimmen und dementsprechend setzen kannst. Wenn du nicht einmal in der Lage bist, das Verhältnis der Karten zueinander zu erkennen, war das wohl alles vergebens.«
    »Gut möglich.« Er ließ die Hand sinken und begann, mit den Fingern auf die Tischplatte zu trommeln, um seinen Ärger abzubauen. »Aber wenn, dann liegt es nicht an meinen durchschnittlichen geistigen Fähigkeiten. Es liegt an deiner Entscheidung, ein Wettsystem auszutüfteln, das auf der Annahme beruht, ein durchschnittliches Gehirn würde erkennen, dass drei Achtel mehr sind als fünf Vierzehntel.«
    Sie starrte ihn unheilvoll an wie ein Habicht, der in seinem Jagdrevier einen Rivalen gestellt hatte. Ihr Blick zuckte über sein Gesicht. »Dann musst du eben alles in Hundertstel umrechnen«, sagte sie plötzlich mit neuer Entschlossenheit. »Drei Achtel sind achtunddreißig Hundertstel, und fünf Vierzehntel sind sechsunddreißig Hundertstel.«
    Gütiger Gott. Er umfasste die Tischkannte und stemmte sich daran hoch. »Lydia!
Das kann ich nicht!
«
    »
Doch
. Du musst nur üben.« Die Aggressivität seiner Bewegung spornte sie nur noch mehr an. Energisch machte sie kehrt und zog den Stuhl ihm gegenüber zurück. »Division hast du doch sicher in der Schule gelernt. Du kannst alles auf zwei Nachkommastellen runden.« Sie setzte sich. »Vermutlich musst du es am Anfang schriftlich üben, aber wenn du jeden Tag eine Weile …«
    »Nein.« Er legte alles, was er über Ruhe und Diplomatie wusste, in diese eine Silbe. »Es tut mir leid, aber das halte ich für Zeitverschwendung.« Noch mehr Ruhe und Diplomatie, um die gekränkte Falte in ihrer Stirn zu glätten und die Härte aus ihren zusammengepressten Lippen zu nehmen. »Die Wahrscheinlichkeit, dass ich darin jemals so gut werde, dass ich diese Berechnungen anstellen und gleichzeitig einem Spiel folgen kann, ist

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