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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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einfach zu gering, um den Zeitaufwand zu rechtfertigen.« Er ließ den Tisch los und richtete sich auf. Nach einem ganzen Tag im Sitzen verlangte es seine Beine nicht nach einem Stuhl.
    Sie ruckte das Kinn nach links, so als seien die Kerzen ihrer Weisheit würdiger als er. »Aha.« Eine Flamme flackerte, als sie sprach. »Du willst es also nicht einmal versuchen. Damit sinken deine Chancen von gering auf nicht vorhanden, falls es dich interessiert.«
    Er trat drei Schritte zurück und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand. Warum machte er sich eigentlich die Mühe, ihrer Übellaunigkeit mit so wohlüberlegten Worten zu begegnen?
    »Ich gebe mir gerade die größte Mühe, höflich zu bleiben,
Miss Slaughter
, und auf die Gefühle Rücksicht zu nehmen, die ich vermutlich verletzt habe, indem ich jemandes Lieblingsbeschäftigung als Zeitverschwendung bezeichnet habe.«
    »Auf meine
Gefühle
brauchst du keine Rücksicht zu nehmen.«
Gefühle
standen
Glück
und
Eingebung
in nichts nach, wenn es darum ging, ihre Abscheu zu erregen. »Ich habe dich nie darum gebeten, auf meine
Gefühle
zu achten.« Mit den Fingerspitzen hielt sie das Wort weit von sich wie eine Küchenmagd, die in der Speisekammer eine tote Ratte gefunden hatte. »Alles, worum ich gebeten habe, war, dass du das Spiel ernst nimmst und dir auch nur einen Bruchteil der Mühe gibst, die ich investiert habe, um dir jeden möglichen Vorteil zu verschaffen, wenn es ans Setzen geht. Es tut mir leid, dass du dich dazu nicht imstande siehst.« Alles an ihr – die steife Haltung, das abgewandte Gesicht, die Arme, denen er ansah, dass sie unter dem Tisch die Hände rang – war eine stumme Zurückweisung jeglichen Mitleids und jeglicher Freundlichkeit, die er womöglich hatte anbringen wollen.
    Erschöpft atmete er langsam aus und richtete den Blick zur Decke. Selbst schuld. Er konnte sich nur allzu gut vorstellen, weshalb sie so ungehalten war.
    Er stieß sich von der Wand ab und kniete sich vor den Kerzen an den Tisch, sodass seine Augen auf einer Höhe mit ihren waren.
    Durch die Flammen hindurch sah sie ihn misstrauisch an und presste die Lippen zusammen, wandte sich aber nicht ab.
    »Sag mir die Wahrheit.« Aus dieser Entfernung – einem halben Meter vielleicht – brauchte er sich um keinen besonderen Tonfall zu bemühen. Die Bedeutung der Worte würde ausreichen. »Nimmst du mir übel, was ich beim letzten Mal gesagt habe, als wir hier in diesem Raum waren? Ist es das?«
    »Ja, das glaubst du jetzt natürlich!« Obwohl sie ihm immer noch zugewandt war, richtete sie den Blick wieder auf die Kerzenflammen. »Ich bin eine Frau, also kann ich unmöglich gemeint haben, was ich gesagt habe. Nein, es muss an meinen
Gefühlen
liegen, dass ich verärgert bin.« Jetzt schwang das Küchenmädchen die Ratte am Schwanz hin und her, wie um sie über eine entfernte Hecke zu schleudern. »Oder ich muss immer noch beleidigt sein wegen irgendetwas, das du vor drei Tagen gesagt hast.«
    »Lydia.« Er fasste nach der Tischkante, Finger oben, Daumen unten. »Du bist nicht naiv. Du weißt ganz genau, was ich meine.« Er wartete und ließ seine Worte wirken.
    Sie starrte in die Flammen, bis ihre Augen tränten. Die Lippen zitterten nicht, sie weinte nicht; es war eher so, als bestrafte sie sich absichtlich für irgendein Vergehen. Ein-, zwei-, dreimal kniff sie die Augen zusammen, bis das Wasser überfloss und sich seinen Weg über beide Wangen bahnte. Im Kerzenschein glitzerte es wie ein stummer Vorwurf, und sie machte keine Anstalten, es wegzuwischen.
    An den Kerzen vorbei blickte sie ihn an. »Ich bin nicht böse wegen dem, was du gesagt hast. Es wäre doch ziemlich lächerlich von mir, einem Mann so etwas übelzunehmen.«
    Er sah seinen Fingern zu, wie sie sich auf dem verblassten Eichenholz der Tischplatte krümmten und wieder streckten. Das war nicht die Antwort, die er wollte. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie wütend auf ihn gewesen wäre – auf
ihn
, Will Blackshear – wegen der konkreten Worte, die er zu ihr gesagt hatte, als dass sie ihm mit derselben hämischen Herablassung Absolution erteilte wie jedem anderen Mann auf der Welt. Er legte den Kopf schief und erwog seine Worte vorsichtig. »Es war nicht unwahr, was ich gesagt habe. Aber ich wünschte von ganzem Herzen, es wäre unwahr, wenn es das Einvernehmen, zu dem wir gelangt sind, zerstört. Ich habe an jenem Abend überstürzt gesprochen und nicht bedacht, wie meine Worte auf eine Dame wirken

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