Das Versprechen der Kurtisane
zukommen lässt?«
Ihre Augen weiteten sich; beinahe konnte er durch sie hindurchblicken auf das Feuerwerk, das soeben in ihrem Gehirn losging. Gütiger Gott! Diesmal hatte er genau das Richtige gesagt. Es schien sogar, als hätte er sie mit einer schlauen Idee verblüfft.
»Ja!« Vergessen waren Krieg, Fieber und Zirkuspferde. »Ja, so machen wir es. Ich kümmere mich um alles. Ich sage dir, wie viel du setzen sollst, und ob du kaufen oder stehenbleiben musst. Wir denken uns einen Geheimcode aus.« Sie runzelte die Stirn und starrte eindringlich auf die Tischplatte. Vier Sekunden später blickte sie wieder auf. »Mr Blackshear, können Sie Französisch?«
Diesmal ging Lydia als Erste. Das Geräusch, mit dem die Tür sich hinter ihr schloss, war unendlich befriedigend. Die Aussichten, die noch vor einer Stunde so düster gewesen waren, funkelten jetzt wie ein Kristallkronleuchter, und falls Mr Blackshear tatsächlich darauf aus war, die hohe Meinung einer Dame zu verdienen, brauchte er bloß mit mehr Ideen wie dieser herauszurücken.
Herr im Himmel, weshalb war sie nicht selbst darauf gekommen? Sie würde sich um die Berechnungen kümmern, und er würde das nötige Kapital beisteuern, um die unvermeidlichen Fluktuationen im Ergebnis auszugleichen. Er würde ihr natürlich vertrauen müssen, und sie musste sich seines Vertrauens würdig zeigen. Doch wo es ein gemeinsames Interesse gab, sollte sich das von ganz allein einstellen.
Sie stieg die Stufen hinab, leichtfüßig und zufrieden mit sich und der Welt, bis sie auf dem Treppenabsatz Maria erblickte, die mit verschränkten Armen dastand und missbilligend auf die Stufen nach unten starrte.
Die Angst legte ihre kalten Finger um Lydia. Mit gerafften Röcken ging sie die letzten Stufen hinab. »Was ist los?«
Guck nicht so schuldbewusst, du hast dir nichts vorzuwerfen!
»Mr Roanoke hat vor einer halben Stunde im Salon nach dir gesucht.« Maria sah sie nicht an. »Eliza hat ihn dazu überredet, ein Set mit ihr zu tanzen. Inzwischen dürften sie beim zweiten sein, und wenn er noch nicht misstrauisch geworden sein sollte, stehst du tief in ihrer Schuld.«
»Woher wusstet ihr, wo ich bin?« Lydia klammerte sich an der Balustrade fest, denn der Boden schien plötzlich unter ihren Füßen zu verschwinden.
»Für wie dämlich hältst du uns?« Mit einer energischen Kopfbewegung setzte Maria sie der ganzen Wucht ihres Tadels aus. »Eliza hat schon vor zwei Wochen bemerkt, dass du verschwunden warst, und du weißt ja, auf was für Gedanken sie dann immer gleich kommt. Als du dann vorigen Freitag wieder weg warst, hat sie sich umgesehen, um herauszufinden, welcher der Herren fehlte. Danach war es nicht besonders schwer, zu erraten, wo ihr wart – hier gibt es nicht viele stille Winkel.«
»Wir haben bloß Karten gespielt.« Warum klang die Wahrheit wie ein Ammenmärchen? »Du weißt doch, wie gern ich spiele.« Doch Maria wusste es nicht. Sie konnte nicht wissen, dass Karten Lydia mehr bedeuteten als irgendeiner ihrer Freundinnen. Nur Mr Blackshear kannte diesen Teil von ihr.
»Das geht mich nichts an. Mr Roanoke hat sowieso nur einen geringen Anspruch auf deine Treue. Aber Diskretion sollte dir etwas mehr bedeuten, und je länger wir hier herumstehen, desto mehr Zeit haben die Leute, deine Abwesenheit zu bemerken.«
»Wir haben wirklich nur Karten gespielt!« Sie raffte die Röcke und lief vor Maria die nächste Treppe hinab.
Keine Panik.
Edward war nicht so aufmerksam wie die Damen – vermutlich war ihm noch gar nichts aufgefallen.
Doch sie durfte nicht riskieren, ihm Grund zum Misstrauen zu geben. Kurzentschlossen sprach sie über die Schulter. »Dennoch werde ich dem Herrn mitteilen, dass wir uns nicht mehr treffen können. Ich danke dir für die Warnung, und ich verspreche euch, dass es nicht wieder vorkommen wird.« Mr Blackshear und sie mussten sich anderswo treffen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie das machen sollten.
Sie fand Edward im Ballsaal, völlig eingenommen von Eliza, die sehr gern Männer einwickelte, wenn es um eine gute Sache ging. Als das Set auseinanderging, hatte Lydia sich eine Geschichte über plötzliche Kopfschmerzen und einen Moment an der frischen Luft zurechtgelegt, und zusammen mit der Freude, die Edward der Tanz bereitet hatte, und gefolgt von der halben Stunde in der Bibliothek, für die er sie ursprünglich gesucht hatte, stellte sie ihn völlig zufrieden.
»Hoffentlich war es ein erstklassiges Kartenspiel«, sagte Eliza, als sie
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