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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Stelle, an der er sie berührt hatte, wundschrubben musste.
    Das sagte er nicht. Sie wartete ohnehin keine Antwort ab. Ihre entschlossenen Schritte verrieten ihm, dass sie sich entfernte, und er konnte kurz ihre Silhouette erkennen, als sie das diffuse Licht des Korridors erreichte und um die Ecke verschwand.
    Er wartete die vereinbarten zehn Minuten ab und begab sich dann zu ihrem vereinbarten Treffpunkt einen Block von der Spielhölle entfernt. Erst nachdem er dort weitere zehn Minuten lang gewartet und fünf lange Minuten nach ihr gesucht hatte, ging ihm auf, dass sie nicht kommen würde. Sie war allein nach Somers Town zurückgefahren und hatte ihn zurückgelassen.
    Dumm
.
Schwach
.
Blauäugig
.
Nichtsnutzig
.
Verachtenswert
. Fast vierundzwanzig Stunden nach dem Debakel hatte Lydia noch immer keinen Ausdruck gefunden, der hart genug war, eine Frau zu beschreiben, die die eine große Chance ihres Lebens weggeworfen hatte, noch dazu auf so feige Weise.
Blenderin. Betrügerin
.
Versagerin
.
    »Alle Wetter, Lydia!« Edward lag keuchend neben ihr. »Du bringst mich noch mal um.«
    Wenn es doch nur umgekehrt wäre! Eine Frau konnte durch Hurerei ihre Seele zerstören, doch der Körper blieb, all ihren Anstrengungen zum Trotz, und mit ihm das Verlangen, der Schmerz und all die anderen Empfindungen, die sie so unglaubliche Dummheiten begehen ließen.
    Abwesend fuhr sie Edward mit den Fingerknöcheln über den Arm. Er war verschwitzt. Sie hatte ihn zum Äußersten getrieben, und nicht einmal hatte sie sich erlaubt, die Augen zu schließen und sich andere Hände vorzustellen. Er war ihre Buße. Er war die Strafe dafür, dass sie geweint hatte, von dem Augenblick an, als sich die Droschkentür geschlossen hatte, bis zu dem Augenblick, als sie zu Hause angekommen war.
    Wenn er sie doch nur nicht geküsst hätte! Wenn er sie einfach wieder abgesetzt hätte, einen Schritt zurückgetreten wäre und sie gefragt hätte, ob sie erraten könnte, wie viel sie gewonnen hatten. Oder wenn sie ihn aufgehalten hätte, als er um sechzig Sekunden gebeten hatte.
Besser nicht. Du würdest es bestimmt bereuen.
Warm und aufgekratzt wäre sie nach Hause gekommen, so, als hätte sie auf leeren Magen ein Glas Champagner geleert, und mit reiner, ungetrübter Freude hätte sie sich an seine stürmische Umarmung erinnert. Erfüllt würde sie sich jetzt fühlen, nicht leer, und ihr Verhältnis wäre noch intakt.
    »Manche Männer schwören auf zwei Frauen gleichzeitig.« Edward hatte noch nicht ausgeredet. »Aber ich schwöre, du bist allein mindestens genauso gut.«
    »Du schmeichelst mir.« Sie klang leblos. Etwas Besseres als solche Nichtigkeiten hatte sie gar nicht verdient.
    Was hatte sie in den vergangenen zwei Jahren erreicht? Sehr wenig, so schien es. Sie hatte sich an diverse Männer verkauft und sie verachten gelernt. Sie hatte alle möglichen Katastrophen heraufbeschworen – Pocken, Gefängnis, den Abstieg auf die Straße – und es war ihr nichts Schlimmeres widerfahren, als ab und zu von einem gedankenlosen Freier schlecht behandelt zu werden. Nichts, was nicht jeder Hure gelegentlich widerfuhr.
    Sie hatte versucht, sich auszulöschen, und es nicht einmal geschafft, den dummen, nutzlosen Teil von sich zu zerstören, der in einer Droschke in Tränen ausbrach, weil ein Mann sie nicht wollte.
    »Ich musste diesen Blackshear einladen. Den Typen, der in Waterloo war.« Edwards Stimme riss sie aus ihren Gedanken und zurück ins Bett. »Deine Freundin Eliza hat darauf bestanden. Vermutlich führt sie irgendwas im Schilde.« Er streckte sich und hob die Hände, um eine gute Aussicht auf seine Nägel zu bekommen. »Keine Gesellschaft ohne solche Spielchen, nicht wahr?«
    »Das gehört sich nicht. Darum hätte sie nicht bitten dürfen.« Ihr Magen wurde bleischwer. »Was wohl Lord Randall dazu sagen würde.«
    »Wenn der mal nicht seine eigenen Ränke schmiedet. Jedenfalls hat sie darauf bestanden. Nur sind es jetzt leider drei oder vier Herren zu viel. Vielleicht muss ich noch ein paar Aphroditen besorgen, damit alle gleiche Chancen haben.«
    Das wurde ja immer besser. Vielleicht sollte sie in einer Woche krank werden und sich drücken. Jane würde sie jedenfalls nicht mitnehmen. Das Mädchen konnte eine Woche freihaben und seine Familie besuchen. Den unschönen Machenschaften, die dort zweifellos vorgehen würden, brauchte sie sie ja nicht auszusetzen.
    Sie tastete nach der Decke und zog sie hoch bis zum Hals. Er würde doch nicht kommen,

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