Das Versprechen der Kurtisane
will.«
»Du schienst mir aber noch lieber nach oben zu gehen, um Karten zu spielen. Und abgesehen davon kann es dir doch egal sein, ob er nach Chiswell kommt. Oder was hast du dagegen einzuwenden? Ich habe dich ja nun nicht gerade mit ihm verkuppelt.«
Das stimmte. Es konnte ihr egal sein, ob er anwesend war oder nicht. Sie musste sich einen Grund ausdenken – einen Grund, den Eliza glaubwürdig finden würde –, weshalb es ihr ganz eindeutig
nicht
egal war.
Zu spät. Elizas Kopf fuhr herum, als sie ihr Zögern bemerkte. »Verflucht, Lydia, du
hast
Einwände! Was hat er getan?«
»Nichts.« Noch ein kurzer Blick auf die Herren. »Um Himmels willen, sprich bitte leise! Wir sind nicht mehr so gut aufeinander zu sprechen, das ist alles.«
»Habt ihr euch gestritten?« Sie legte den Kopf schief. »Wann und wo hättet ihr denn dazu Gelegenheit gehabt? Kann es sein, dass diese Sache viel weiter gegangen ist, als wir alle dachten?«
»Das tut nichts zur Sache. Nichts davon ist von Belang. Vermutlich wird er gar nicht kommen. Es geht mich auch nichts an.« Jede Bemerkung schien sie schlimmer zu belasten als die vorige, also biss sie sich auf die Zunge und sah schweigend zur Bühne, wo die schreckliche Dame das anspruchslose Publikum damit erfreute, dass sie
Allegorie
mit
Alligator
verwechselte.
Eliza konnte tun, was sie wollte. Selbst falls der Gentleman in Chiswell erscheinen sollte, würde er sich nicht dazu hergeben, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Doch das war nicht von Belang, denn er würde sowieso nicht kommen.
»Natürlich kommst du mit!« Cathcart sägte energisch an der gebratenen Gans herum. »Mit wem soll ich mich denn sonst unterhalten?«
»Wie wäre es mit deiner Frau?« Will nahm einen großen Schluck Bier. Alles Bier der Welt würde nicht ausreichen, ihn all die Fehler vergessen zu lassen, die er einen nach dem anderen begangen hatte.
»Lady Cathcart? Du spinnst wohl. Ich würde nicht im Traum daran denken, sie in solche Gesellschaft mitzubringen.« Der Viscount spießte ein Stück des zarten Fleisches auf und legte es ihm auf den Teller. »Iss! Sonst wirst du missmutig.«
Wann war er denn bitte zuletzt
nicht
missmutig gewesen?
Acht Tage war es her, dass er Miss Slaughter geküsst hatte. Dies war sein vierter Abend im
Beecham’s
seitdem, und er hatte noch keinen Blick mit ihr gewechselt. Seine Hoffnung, ihren Plan wiederzubeleben, verdunstete wie ein Tümpel in der Augusthitze.
Schlimmer noch – sie fehlte ihm. Ihre Sticheleien und ihre Missbilligung, und – Herr im Himmel – ihr Mund, obwohl er ihn nur ein einziges Mal geschmeckt hatte. Wie ihr Körper in seine Hände passte, und wie er sich unter seinen Händen gekrümmt und gewunden hatte.
Doch nein, das war nicht schlimmer, oder? Der geplatzte Plan war doch wohl viel schlimmer. Der Alkohol war ihm wohl bereits zu Kopf gestiegen.
»Was willst du in London, wenn alle anderen weg sind?« Cathcart hatte sich Gans, Kartoffeln und Erbsen aufgetan und begann zu essen. »Zu Hause sitzen und dreimal täglich trinken?«
Das klang im Augenblick auch nicht unvernünftiger als die meisten anderen Optionen. Dennoch stellte Will sein Glas ab und griff nach Messer und Gabel.
»Vielleicht lässt sich dort sogar Geld gewinnen. Die Kartenspieler kommen alle, und es soll zwei Billardtische geben.«
»Billard habe ich seit Jahren nicht mehr gespielt.«
»Dann gebe ich dir sechs Punkte Vorsprung.« Der Viscount griff über den Tisch und spießte für Will ein paar Kartoffeln auf. »Du kennst meine neueste Kutsche noch gar nicht, oder? Hervorragende Federung! Genau das Richtige für eine Fahrt von vierzig Meilen.«
Will machte einen unverbindlichen Ton und nahm ein Stück Gänsebraten. Waren irgendwelche von Cathcarts Gründen stichhaltig? Schwer festzustellen, wenn man zu viel Bier getrunken hatte.
Er kaute und schluckte. Er würde darüber nachdenken. Er würde heute Abend nichts mehr trinken und seinen Magen mit Nahrung füllen, und in zwei oder drei Stunden würde er in der Lage sein, die Frage anzugehen.
13
Wie anders Chiswell bei ihrem ersten Besuch ausgesehen hatte! Die Ernte war in vollem Gange gewesen, und das Wetter hatte zu langen Spaziergängen vom Herrenhaus ins Dorf und zu den entferntesten Höfen eingeladen. Jeden Morgen hatte sie sich auf solche Spaziergänge begeben, berauscht von dem nie gekannten Gefühl, einen Beschützer zu haben, der sich im Bett Mühe gab, sie zu befriedigen.
Lydia fing die Zipfel ihres Mantels ein, die der
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