Das Versprechen des Architekten
Glück nun gerne mit uns teilen würde – Herzblatt, sagte ich zu Modráček, wie sollen wir einkochen, wenn wir keine Einweckgläser haben und diese großen Eisentöpfe und auch die Berge unerlässlicher Ingredienzien? – ihr müsst es nur sagen, wehrte sich der Herr Architekt, diktiert mir einfach, was ihr braucht, und ich bring’ euch alles her, es wird mir ein Vergnügen sein –, wer hätte gedacht, dass ich einmal vier Klafter tief unter dem Trottoir auf einem Hocker sitzen und Marillen entkernen würde und Dan Kočí dabei hinter meinem Rücken knien und, die Hände unter meine Ellbogen geschoben, versuchen würde, mich zu entkernen, was mir hier so furchtbar fehlt, sind Bäume, der Herr Architekt hat uns ein bisschen Gras, Sträucher, sogar Tulpenbeete spendiert, einfach alles, was unser himmel-und horizontloses, dafür unter einer niedrigen Decke aus Stein befindliches Gewächshausregime duldet, an manchen Tagen habe ich das Gefühl, dass ich Dan Kočí ruhig gegen eine Kastanienallee eintauschen würde oder gegen einen mächtigen königlichen Nussbaum oder die noch mächtigere herrliche Sommereiche, unter der ich immer nach Lužánky ging, sie war fast fünfzig Meter hoch, die Krone in Beschlag genommen von liederlicher Vogelwelt, oder beispielsweise auch gegen die Platanen neben der Roten Kirche oder gegen „meine“ Hainbuche auf dem Spielberg,Brünn ist dort oben, dort über unseren Köpfen, durchsetzt von Bäumen und umringt von Wäldern, und wie hätte ich es vergessen können, wie die Tischlerwerkstatt meines Vater nach Pech, nach Harz roch, die großen und hohen Klötze aus Buchenholz, aus denen Vater Bugholzmöbel für die Firma Thonet herstellte, oder wie ich mit ihm in Pisárky in der Villa des Fabrikanten Herzog war, für den Vater dort eine finnische Sauna mit Pappelholz ausgekleidet hat, Imker von weit und breit fuhren zu uns wegen Lindenrahmen für die Zwischenwände in ihren Bienenstöcken, fast mein ganzes Spielzeug war aus Holz und aus Vaters Werkstatt, mit einer Lindenholzhexe habe ich fast zehn Jahre lang das Bett geteilt, ich liebte Brünn, was sage ich, ich liebe Brünn, weil es von all unseren Städten die meisten Bäume hat, seht euch um, bevor ihr irgendwo den Fuß hineinsetzt, und wenn ihr dort keinen Baum erblickt, macht kehrt und rennt gleich wieder weg, Pater Klenovský hat schon den Tag für Eduard Láskas Taufe bestimmt, Modráček hat es ihm genehmigt und die wortkarge, bisher nachgerade stumme Frau Architekt ist auf einmal gesprächig geworden, und es wäre besser, sie würde lieber wieder schweigen
AUS DER DISTANZ
BEIM FRÜHSTÜCK
Petra erwacht und schaut einen Moment lang neugierig zu, wie sich irgendein Traum auf dem Gesicht des schlafenden Luděk spiegelt. Dann fällt ihr ein, dass so etwas zu beobachten unverschämt ist, sie springt auf und läuft, um das Doppelfenster zur Kotlářská ulice zu öffnen. Aber kaum hat sie das getan, weckt der Verkehrslärm Luděk.
Spinnst du, mach zu! Hier kann man das Fenster nur nach Mitternacht öffnen. Und dabei kann ich mich erinnern, dass die Kotlářská noch zu Beginn der Fünfzigerjahre eine ziemlich ruhige Gasse gewesen ist. Ab und zu mal ein Auto. Dafür allerdings dann und wann ein Pferdefuhrwerk.
Wie? Ich hör’ dich nicht. Warte, ich schließe das Fenster. Wie lüftest du hier?
Immer nur nach Mitternacht.
Petra öffnet den Kühlschrank: Wir haben hier Eier, Sardinen, ein Stück Schinken, aber was ist das? Etwas, das ganz sorgfältig verpackt ist.
Mein Cousin Rujbr ist Förster. Er bringt mir immer Wild mit. In einem dicken roten Papier und mit Draht verschnürt, oder?
Ja, das ist es. Aber gibt’s denn heute noch Förster? Ich mach’ uns Ham and eggs. Einverstanden? Löskaffee oder türkischen?
Wenn du das Fach über der Spüle öffnest … Siehst du sie? Eine schlaue Kaffeemaschine. Er selber nennt sich Förster. Also lass ich’s ihm. Er ist irgend so ein Forstbeamter. Das Wild kauft er im Supermarkt, verpackt es in irgendein hässliches Papier, verschnürt es immer mit Draht und bringt es mit. So als hätte er es selber geschossen.
Du hast hier irgendwo so ein Tischchen fürs Bett, oder?
Bist du verrückt, ich komm’ ja schon.
Luděk setzt sich auf, mustert kurz den schwarzen Nagel an seiner großen Zehe, schiebt ihn dann in den Pantoffel und begibt sich ins Badezimmer und pisst dort konzentriert. Und lässt dazu einen Wasserstrahl in die Wanne laufen, um seine träge Blase anzuregen.
Also ich deck’
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