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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Sekretärs bewacht hatten, nicht befürchten zu müssen, dass sie Lucies umsichtiges Kommen und Gehen registriert hätten, und obwohl ich festgestellt hatte, dass das Fenster des Schlafzimmers, wo der Sekretär Lucie gebumst hatte, in den Garten geht, sich also außerhalb der Reichweite der Bewacheraugen und ihrer Teleobjektive befindet, machte ich mich dennoch lieber auf den Weg, um das Haus in der Hybešova zu überwachen.
    Ja, der Fall war bereits abgeschlossen und das Honorar ausbezahlt, und dennoch beschattete ich noch vierzehn Tage lang die Umgebung des Hauses des Ehepaars Stolař und gab dabei acht, dass Radek mich dort nicht bemerkte. Hätten sie nämlich herausgefunden, dass der Sekretär mit Lucie vögelte, hätten sie sie entweder auch schon hopsgenommen oder würden ihre Wohnung jetzt observieren lassen. Aber nach den vierzehn Tagen ließ ich es dochsein, mit dem Gefühl, dass alles in Ordnung war und dass es nichts mehr gab (wenigstens nicht vonseiten der Stasi), wovor Radek sich hätte fürchten müssen.
    An Lucie erinnerte ich mich jedoch einen Monat später noch einmal, als der Prozess mit Schildberger und weiteren Verschwörern ablief. Da tanzte mein Chef im Laden an, um mir eine Liste zu bringen, auf der alle Fleischer und Wurstmacher unterschrieben und auch für den ehemaligen Brünner Parteisekretär den Strick verlangten. Ich legte Messer und Geflügelschere weg, und als ich die Liste ebenfalls unterzeichnen wollte, tropfte mir ein wenig Hühnerblut darauf. Und als ich es abwischen wollte, verschmierte ich es noch mehr. Der Chef verdrehte die Augen, dass sie wie Billardkugeln rotierten. Mein Gott, Genosse, bist du vielleicht ein Schwein!

WARNEN UND WERBEN
    Leutnant Láska lächelte fast freundlich. Und nicht nur das. Kaum hatte Modráček den Untersuchungsraum betreten, drehte Láska schon den Kocher an und bot dem Architekten Kaffee an und dazu noch eine dünne, jedoch kompakte Zigarette, an der Modráček sofort zu ersticken drohte.
    Aber nicht doch, Sie müssen sie nicht zu Ende rauchen, wenn es Ihnen nicht schmeckt.
    Modráček legte erleichtert die Zigarette weg. Und wartete besorgt, was folgen würde.
    Alsdann, Genosse, heute habe ich Sie vor allem deswegen eingeladen, um Ihnen zu sagen, wie schrecklich wir alle die Arbeit schätzen, die Sie vollbringen. Und jetzt spreche ich fürs ganze Kollektiv der Ermittler, Beschatter und … Inquisitoren. Na, Letzteres war natürlich ein Witz – und Láska warf die Hände auseinander, wie um Modráček zu zeigen, dass es Inquisitoren hier nicht gäbe, und auch welch enormen Sinn für Humor die Schultern der Gerechtigkeit in der Polizeiwache in der Běhounská hätten.
    Sie bauen jetzt einen großen Block Wohneinheiten in der Botanická (und er guckte in die Papiere), Nummer 37 bis 45. Das ist doch so?
    Nein. Bauen tu’ ich ihn nicht, ich hab’ nur ein wenig an der Planung mitgearbeitet.
    Sie wollen mich also wieder belehren?, lachte der Leutnant.
    Doch obwohl Láska immer weiter lächelte, so gut er nur konnte, war sich Modráček nicht sicher und antwortete deswegen nur sehr vorsichtig: Außer der Planung kümmere ich mich noch um weitere technische Belange dieses Baus. Den Löwenanteil aber bestreiten junge Architekten.
    Und in der Tat, Modráček kümmerte sich vor allem darum, dass dieser Wohnblock nicht einstürzte, dass er ein solides und ausgewogenes Fundament hatte, einen qualitativ hochwertigen Kern, mit der Statik allein war es aber entschieden nicht getan. Im Grunde war doch alles Modráčeks Arbeit, nur die Fassade, nur die sozrealistische Hülse hatte er jenen jungen Architekten überlassen, damit sie sich ihre Sporen verdienten.
    Sie sind so ein Bescheidener, Genosse, geben Sie’s zu. Sie würden gern den ganzen Ruhm den anderen überlassen. Aber wir sind schon im Bilde. Ohne Sie hätte das überhaupt nicht das Anrecht zu entstehen. Auf Ihnen fußt alles, die jungen Architekten, die sind quasi der Estrich. Und deswegen wollte ich Sie ersuchen, uns jetzt ein wenig davon zu erzählen. Zum Beispiel davon, auf welche Weise (und er guckte neuerlich in die Papiere) unser neues, revolutionäres Denken, unser neuer Inhalt, in die traditionelle, nationale Form der Architektur einfließt. Ich erzähle Ihnen dann zum Beispiel wieder etwas mehr von unserer Arbeit. Ich würde Sie gerne davon überzeugen,dass sowohl Sie als auch wir, dass jeder an dem Abschnitt arbeitet, der ihm anvertraut worden ist, und dabei um das Beste bemüht ist (und er

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