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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Leutnant Láska. Aber du führst mich hinters Licht. Du hast mir immer noch nicht das Wichtigste erzählt, das, weswegen du gekommen bist.
    Es war aber nur so ein Schuss aus der Hüfte gewesen. Diese Beunruhigung, der Grund, der ihn hierher geführt und gezwungen hat, müßig vor meinem Bild zu stehen und sich dann wieder um meine Stromversorgung zu kümmern, und dazu Kleinigkeiten in seinem Benehmen, an denen nur das geliebte und liebende Schwesterchen erkennt, dass etwas nicht in Ordnung ist, alles zusammen erweckte in mir den Verdacht, dass noch etwas Weiteres, viel Wichtigeres dahinter stand, als das, was er mir soeben anvertraut hatte.
    Er sah mich an und kam von der Tür zurück in den Raum, stand eine Weile schweigend in der Mitte des Ateliers, drehte sich unvermittelt um, machte fünf Schritte hin und fünf wieder zurück und setzte sich schließlich in einen Korbstuhl. Ich beobachtete seine Manöver, und da gluckerte auch schon dieses leise Lachen aus mir heraus. Raus damit, Hirschlein!, schlug ich vor und stellte mich hinter ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern.
    Also gut. Heute Nacht hatte ich einen Traum. Es war hier bei dir im Atelier. Ein paar Polizisten in Uniform. Und einer ohne Uniform.
    Leutnant Láska?
    Wahrscheinlich. Obwohl, weiß der Teufel, wie er wirklich heißt. Ich hab’ gehört, dass sie Decknamen haben.
    Von Doktor Pešek?
    Was?
    Ob du das mit den Decknamen von Doktor Pešek hast?
    Also ja.
    Und weiter, Kumpel? Was war weiter in dem Traum?
    Sie belästigten dich.
    Genauer, Brüderchen. Haben sie mich angefasst?
    Ja.
    Haben sie mich ausgezogen?
    Ja.
    Haben sie sich die Uniformen ausgezogen?
    Nein, die Uniformen haben sie anbehalten.
    Sie haben mich vergewaltigt, oder? Aber wo hat sich nur deine Traumzensur herumgetrieben? Wie kommt es,dass sie da nicht eingegriffen hat? Moment!, du verheimlichst mir noch etwas. Da war noch etwas, das du mir nicht gesagt hast.
    Die ganze Zeit stand ich hinter seinem Rücken, drückte seine Schultern und massierte sie langsam. Er schwieg. Ich machte noch ein Weilchen damit weiter, und er setzte sein Schweigen fort. Durch die Eliška-Machová-Gasse fuhr der Müllwagen, und mir wurde bewusst, dass es demnach Donnerstag war und neun Uhr vormittags und dass ich den Mülleimer nicht hinaus gestellt hatte und es im nächsten Moment schon zu spät sein würde.
    Wo bist du gewesen, Brüderchen, fragte ich leise, als sie mich vergewaltigt haben? Gib’s zu, warst du nicht zufällig auch unter denen, die sich an mir vergangen haben?
    Er stand schnell auf. – Was sagst du da, Eliš?! – Und dann: Ich weiß nicht, wo ich in dem Moment war. Wahrscheinlich war ich nur das Auge, das alles beobachtete. Eingreifen konnte ich nicht.
    Ich lachte. Nimm’s nicht so ernst, Kamil. Es war doch nur ein Traum.
    Ich schick’ dir jemanden wegen der Steckdosen vorbei. Wenn’s geht, noch heute.
    Beim Tor umarmte und küsste ich ihn. Er mag das nicht in der Öffentlichkeit. Er ist ein unendlich schamhaftes Brüderchen. Mit seiner Beteiligung an meiner Vergewaltigung hatte ich ihn total durcheinander gebracht. Auch ich bin manchmal, recht oft, ein böses Mädchen.
    Die Müllmänner erwischte ich nicht mehr. Sie fuhren jetzt gerade unten durch die Šmejkalova, und als sieanhielten, schrie ich ihnen nach und versuchte ihnen aus der Entfernung durch wildes Gestikulieren klarzumachen, sie mögen doch noch mal zurückkommen wegen meines Mülleimers. Und einer von ihnen antwortete mir mit einer obszönen Geste, was Kamil wütend machte. Er wollte ihnen nachlaufen. Ich musste ihn mit aller Kraft zurückhalten. Er wurde von einem so gewaltigen Zorn geschüttelt, dass es mich furchtbare Mühe kostete, ihn davon zu überzeugen, doch nicht zum Riesengaudium der Zaungäste hinter dem Müllwagen herzulaufen. Ganz abgesehen davon, dass es von mir ja vermessen war, von den Müllmännern zu erwarten, in eine Gasse, die sie schon durchkämmt hatten, zurückzukehren. Ich begriff, dass Kamil in diese obszöne Geste des Müllmannes weit mehr hineinlegte, als dort in Wirklichkeit war. Er assoziierte damit sein frisches Traumerlebnis und wollte mir, der Arme, jetzt zeigen, wie er sich zu meinem Schutz erheben würde.
    Ich kehre ins Atelier zurück, trete vor ein angefangenes Bild und berühre an den pastos aufgetragenen Stellen die Malerei, als würde es sich um hervortretende Krampfadern und Brustwarzen handeln, und spüre den Puls, mit dem das alles lebt, aber heute schaffe ich es nicht mehr zu

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