Das Versprechen des Architekten
konnte, machte der Junge kehrt und rannte weg.
Modráček schlug es sich gleich aus dem Kopf. Es kam ihm unwürdig vor, sich mit einer Nachricht zu beschäftigen, die ihm irgendein Büblein mit einem Flicken auf dem Hosenboden zwischen Tür und Angel ausgerichtet hatte. Als er dann aber am Abend vom ehelichen Herd zu seiner fast neuen Freundin eilte, machte er einen Umweg über die Česká und ging, als er am Avion vorbeikam, zuerst ein Stück weiter, um dann, wie in einem verkehrt abgespielten Film, rückwärts gehend, doch zum Hotel zurückzukehren. Und blieb eine Weile, ohne sich zu bewegen, vor dem Eingang stehen. „Papa hat etwas für Sie, das Sie hoch erfreuen wird …“ Neugier, der lästige Quälgeist!
Als er durch das enge Treppenhaus zum Café hochstieg, guckte er kurz in den Schachklub. Er erinnerte sich daran, dass er Baumeister Konečný ja eigentlich einmal begegnet war. Doch war es eine Begegnung gewesen, aus der sich nichts ergeben, die keine Fortsetzung gehabt hatte. Daher traute er sich heute nicht einmal zu, ihn zu erkennen. Doch kaum schaute er in den mit Schachtischchen gefüllten Raum, erhob sich von einem der Tische jemand, lächelte Modráček an und schritt auf ihn zu.
Herr Architekt, seien Sie so freundlich und warten Sie einen Augenblick, ich notiere mir nur die aufgestellte Partie. Und er schob ihm einen Stuhl hin, kehrte zum Schachtisch zurück, schrieb sich dort auf einem Zettel etwas auf und steckte ihn in das Täschchen an seiner Weste.
Kommen Sie bitte, ich wohne gleich um die Ecke, in der Solniční.
Modráček wollte sich widersetzen, einfach so wohin geschleift zu werden, aber Baumeister Konečný bestand darauf, dass das, was ihn dort erwarte, eine sehr liebe Überraschung sei und er es nicht bedauern würde.
Vielleicht wundern Sie sich, warum ich Ihnen nicht sofort sage, was Sie dort bei mir erwartet, aber einigen wir uns doch darauf, dass es dann keine Überraschung mehr wäre, und gerade dieser Überraschungsmoment, Sie werden sehen, ist an dem Ganzen sehr angenehm, und ich darf Sie seiner nicht berauben.
Modráček bedachte auch, dass in bereits zwanzig Minuten seine Freundin, an Pünktlichkeit gewöhnt, hinter der Tür stehen und lauschen würde, ob der Lift nicht schon vom Erdgeschoss abgehoben hätte. In dem Haus dort in der Mášova ulice steht jetzt der Aufzug entweder auf der Stelle oder schwebt mit Passagieren in andere Stockwerke und zu anderen Wohnungen und anderen Umarmungen empor, während Modráček zur gleichen Zeit in einem absolut anderen Haus, in einem eleganten städtischen Wohnhaus vom Beginn der Zwanzigerjahre mit dem Aufzug emporschwebt, und es ist unvorstellbar, dass dieser Wechsel von dem Aufzug in der Mášova zu dem in der Solniční nicht durch etwas wahrhaft Außergewöhnliches begründet ist. Na, da sind auch wir neugierig.
Baumeister Konečnýs Wohnung war ebenso perfekt wie das Haus, in das sie (wie ein Glasteil in ein kunstvolles Glasfenster) eingepasst war. Modráček sah sich aufmerksamum, Architektur hörte für ihn ja nie mit dem Dach auf, sondern erst bei all dem, was darunter war: der Ausstattung einer jeden Wohnung. Oder bildlich gesprochen: Würde von einem ganzen Haus nach einer Katastrophe nur der allerletzte Hocker aus einer Mansardengarconniere überleben, dürfte es kein Problem sein, das ganze Haus aus eben jenem Hocker wieder zu rekonstruieren. Dass das Interieur von Konečnýs Wohnung so sympathisch wirkte, erweckte nicht nur Modráčeks Vertrauen zu dem Baumeister, sondern jetzt auch eine Art Sicherheit, dass er, weil ihn wahrscheinlich tatsächlich eine angenehme Überraschung erwartete, die Geduld seiner fast neuen Freundin hier nicht für nichts und wieder nichts herausfordern würde.
Sie durchquerten das Vorzimmer und das Wohnzimmer, und dann öffnete Konečný die Tür zu seinem Arbeitsraum und bedeutete Modráček, als Erster einzutreten. Zuerst sah Modráček einen unter Planrollen und turmhoch aufgeschichteten Dokumentenlagen verschwindenden Schreibtisch, doch stand dort auch die Jugendstilbronze einer Diana mit Hirschkuh an ihrer Seite. Aber da dirigierte ihn der Baumeister schon zur rechten Wand. Ein Bild hing dort. Sagen wir mal, kein großes Gemälde, eher ein Bildchen, aber die Tatsache, dass die Wand ansonsten leer, dass diese ganze Wand nur für jenes einzige kleine Bild reserviert war, wies darauf hin, dass es sich um etwas wirklich Außergewöhnliches handelte. Modráček kam es zwar gleich ein wenig
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