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Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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halte, wie einen Zahnstocher zerbrechen, undich kann dann froh sein, wenn er mir zur Strafe, dass ich mich ihm entgegengestellt habe, nicht auch noch den Arm bricht. – Also suchen Sie sich selber aus, welcher Arm es sein soll! Aber wissen Sie was? Ich werde Ihnen beide brechen, damit der eine auf den anderen nicht eifersüchtig ist! – Dann jedoch schoss mir ein rettender Gedanke durch den Kopf. Ich habe nämlich ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen, das einem Advokaten zwar so viel nützt wie einem Torero die Kenntnis der Papuasprache, aber jetzt traten die unbestrittenen Vorteile dieses Talents zutage. Ich kam dadurch nämlich auf die Idee, dass hinter der Mauer neben meiner rechten Hand doch der Keller des nahen Polizeipostens liegen müsste. Und dort könnten doch gerade jetzt, ja, mitten in einem glühend heißen Sommer, fünf Polizisten Koks und Briketts in den Kohlenkasten schaufeln. Und da winkte mir auch schon die Erinnerung, wie ich kurz nach dem Krieg, unterwegs in die Slowakei, im Zug nach Zvolen eine Zigeunerin getroffen hatte, die mir prophezeite, dass mich aus einer sehr bösen Situation einmal meine Kenntnis des Morsealphabets heraushauen werde. Und so schwang ich die Stange und schlug sie an die Mauer und klopfte dort zweimal den flehentlichen Hilferuf: Rettet unsere Seelen – Save Our Souls!
    Modráček hatte inzwischen den Scheinwerfer auf mich gerichtet. Ich drehte mich mit der Stange in der Hand um. Da jedoch war er, selber mit einem Knüppel bewaffnet, schon so nah, dass ich die Stange lieber auf den Boden legte, ihm etwas in seine Richtung entgegenschrie und die Hände hob und wartete, darauf gefasst, dass ermir wieder die Maske eines Hahns oder eines Kängurus aufsetzen würde. Modráček jedoch legte mir nur liebevoll irgendetwas mit Chloroform vollgesogenes Wolliges ans Gesicht. Und in diesem Moment hörte ich auch, wie auf der anderen Seite der Mauer vier dumpfe Schüsse klatschten. Der vierte, falls es ein Schuss war, erst nach einer winzigen Pause. Und das war auch das Letzte, was ich noch vernahm.

HOPP ODER DROPP!
    Jeden Tag suchte ich am Morgen und am Abend den Keller auf, um dort den immer hungrigeren Leutnant Láska abzufüttern. Es sah danach aus, als hätte er beschlossen, was ihm hier zugestoßen war, mit fanatischer Fresslust zu kompensieren. Und mich dafür, dass ich ihn gefangen hatte, dadurch zu bestrafen, dass er mir jetzt alle meine Speicher und Fleischlager leer futterte. Noch immer hatte ich nicht definitiv entscheiden können, ob mit seinem Gehirn etwas passiert oder ob alles nur ein Trick war, der mein Mitgefühl und meine auf Edelmut getrimmten Manieren im Sturm einnehmen sollte. An manchen Tagen sprach er überhaupt nicht, andere Male wiederum plapperte er niedlich, um gleich danach wieder in eine Art unverständliche Sprache zu verfallen. Aber sogar wenn ich weiß nicht was für eine Geisteskrankheit bei ihm ausgebrochen wäre, hätte ich mit dem Leutnant des Staatssicherheitsdienstes ohnehin nichts anderes mehr tun können, als ihn hier festzuhalten. Und so sperrte ich ihn nicht nur, obwohl er sich sehr friedfertig verhielt, in den Käfig, sondern es war mir auch schon gelungen, den Zugang aus dem unterirdischen Gewölbe in meinen kleinen Keller mit einer Eisentür zu verschließen. Und endlich hatte ich mirauch Chloroform besorgt, damit ich ihn schnell ruhigstellen konnte, falls er irgendwas versuchen wollte.
    Wie ich, denke ich, schon sagte, kaufte ich einen alten Škoda und schaffte damit Baumaterial heran. Ihr, die ihr euch nicht an diese Zeit erinnern könnt, die uns alle mit den Zwingen der Angst festhielt, könnt euch nicht einmal vorstellen, wie unvorstellbar es war, dass jemand es wagte, das zu tun, was ich damals tat. Nach zehn Uhr abends, wenn die ganze Stadt schon schlief (beziehungsweise in den Fabriken bei Nachtschichten malochte), baute ich heimlich etwas im Untergrund und trug aus dem nahe geparkten Škoda Ziegel und Säcke mit Kalk und Zement herein. Zwei Häuser weiter ist ein SNB-Posten, aber ich setzte auf das Sprichwort „Im Auge des Orkans herrscht Ruhe“. Wenn die Polizisten und Geheimpolizisten nachts und gegen Morgen ausflogen aus ihrem Nest und im ganzen Rayon herumschwirrten, schenkten sie der Běhounská offenbar keine Aufmerksamkeit, solch eine magische Macht hat dieses Sprichwort. Aber trotzdem glaube ich, dass ich es gefährlich übertrieben habe. Als hätte ich mir direkt gewünscht, von ihnen erwischt zu werden. Aber

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