Das Versprechen des Architekten
Kohouts und Jungen Garden kaufen, um die von den entnommenen Diversanten in der Bibliothek entstandenen Löcher zu kaschieren. Ja, noch was, wo soll ich all die inkriminierten Bücher verstecken? Sie in einem Antiquariat zu verkaufen, würde ich nicht riskieren, weil heutzutage sogar dort Denunzianten sind. Ich versuche sie unters Bett und unter den Schrank zu schieben, aber kaum bin ich vom Bett oder vom Schrank ein Stück weggetreten, kann ich die Bücher aus einem bestimmten Abstand ganz gut sehen. Ich müsste den Genossen Venhoda natürlich nicht in mein Schlafzimmer führen, aber wie ich schon sagte, er ist ein Schnüffler. Wenn ich ihn irgendwo nicht hinführen würde, würde er selber dort eindringen. Entschuldigen Sie, würde er sagen, ich dachte, dass es hier zur Toilette geht. Aber da schau her, würde er sich hinhocken, Sie haben auch unter dem Bett eine Bibliothek. Nein, die Bücher müssen einfach raus aus der Wohnung. Selbstverständlich in den Keller. Dort werde ich den Genossen wohl nicht hinführen müssen.
Und dann verschnüre ich die Bücher schon zu zwei großen Paketen und mache aus den Schnüren oben so etwas wie Henkel, an denen ich sie bequem halten kann.
Und als ich endlich alles vorbereitet habe, trete ich in den Gang hinaus und stehe dort eine Weile und lausche. Nach zehn Uhr – die Nachtschichten in den Fabriken ausgenommen – schläft verlässlich schon ganz Brünn, umso eher dieses Haus. Und jetzt ist es bereits elf vorbei. Wir leben bei uns schon wieder lange Zeit wie im Ausnahmezustand oder in einer Besserungsanstalt. Die Menschen haben sich schnell daran gewöhnt, dass sich nach zehn Uhr abends auf der Straße zu zeigen zumindest verdächtig ist und dass zeitig am Morgen in den Fabriken wieder „die Arbeit, diese Mutter des Fortschritts“ und souveräne Gebieterin unserer Leben, auf sie wartet. Das heißt, ich kann bereits unbesorgt die zwei Pakete ergreifen und gehen.
Ich stapfe das Treppenhaus hinunter und stelle die Pakete vor dem Keller ab und schiebe den Schlüssel ins Schloss. Und sehe sofort, dass jemand abzuschließen vergessen hat. Ich öffne die Tür und sehe gleich wieder, dass jemand vergessen hat, das Licht abzudrehen. Aber da höre ich auch schon, dass ich in diesem Keller nicht allein sein werde. Es ist halb zwölf Uhr nachts und jemand rumort dort unten herum. Zuerst erschreckt mich das ziemlich. Ich kann mir nicht vorstellen, um wen es sich handeln könnte. Dann jedoch halte ich mir vor Augen, dass, egal um wen es sich handelt, seine Anwesenheit auch mit etwas durchaus nicht Ungewöhnlichem erklärbar sein kann. Vielleicht hat jemand, so wie ich, zum Beispiel imKellerabteil Bücher gelagert und holt sich jetzt von hier Huxleys „Schöne neue Welt“. Irgendwie allerdings passt das nicht zusammen mit diesem seltsamen Geräusch, das der Betreffende dort hervorzaubert. Und andererseits muss ich auch bedenken, was dieser Mensch, den ich dort vorfinden werde, wer immer es ist, sich denken wird, was ich um Mitternacht im Keller mache.
Die Schnüre der Pakete schneiden in meine Finger, wie ich dort oben auf der Treppe stehe und mich nicht entscheiden kann. Es scheint, als würde der ganze Keller von einem rhythmischen Geräusch pulsieren, und ich weiß nicht, ob es schlicht und einfach Neugier ist oder Scham ob meiner Unentschlossenheit oder noch etwas ganz anderes, aber schlussendlich setzt es mich in Bewegung. Ich steige die lange und steile Kellertreppe hinunter, die sich mehrere Male spiralförmig dreht, als wäre es keine Treppe, sondern ein Bohrer, der sich in die Tiefe bohrt. Der Lärm wird stärker und kommt mir irgendwie auch bekannt vor, aber es gelingt mir noch nicht, ihn zu identifizieren.
Und da stehe ich auch schon vor meiner Koje. Ich schließe auf, mache Licht und werfe die Pakete hinein. Und jetzt zögere ich auch keine Sekunde mehr und gehe weiter. Aber das ist ja der Keller vom Architekten Modráček! Das Licht ist an und die Lattentür sperrangelweit offen. Ich rufe, kann durch den Lärm aber nicht zu hören sein. Ich trete ein. Aber kaum habe ich ein paar Schritte getan, kaum habe ich das schmale Gässchen zwischen dem Kellerplunder durchschritten, stehe ich vor dem Eingang in einen weiteren und viel größeren Keller.Unter einem Gewölbe sind dort mehrere Glühbirnen aufgehängt, sodass ich ganz deutlich einen großen goldenen Käfig erkenne, der hier alles beherrscht. In dem Käfig aber jemand auf einem Sofa oder was das ist. Der goldene
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