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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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verbergen, und schrie gegen den Wind: »Was wollt ihr?«
    Das Kreischen der Möwen und das Tosen der Brandung an der Hafenmauer waren das Einzige, was sie hörte, als die Frauen den Ring enger zogen.
    Verzweifelt schaute Maureen in die Gesichter dieser Frauen, die sie schon ihr ganzes kurzes Leben lang kannte. Das waren die Mädchen, mit denen sie als Kind gespielt hatte, die Frauen, mit denen sie im Torfmoor gearbeitet und die sie für ihre Freundinnen gehalten hatte. Aber in diesen gnadenlosen Blicken war kein Schimmer von Mitleid, keine Spur von Freundschaft – nichts als eine glasige, beinahe puritanische Raserei. Sie umzingelten und bedrängten sie und ließen sie nicht entkommen.
    »Bitte«, flehte sie, »was wollt ihr?« Sie suchte den Blick ihrer besten Freundin Regan, und sie wusste, wie die Antwort lauten würde – wusste, welche Strafe sie erwartete. »Warum tut ihr das?«, flüsterte sie.
    Regan reckte das Kinn vor. Ihr feuerrotes Haar umgab ihren Kopf wie ein Heiligenschein, und in ihren Augen strahlte fanatische Selbstgerechtigkeit. »Als ob du das nicht wüsstest«, fauchte sie. »Wir haben dich mit diesem englischen Bastard gesehen.Hast dich hingelegt wie eine Hure, und das bist du auch. Du bist hier nicht erwünscht, Maureen O’Halloran.«
    Ihr Herz schlug so schnell, dass sie kaum noch atmen konnte. »Dann gehe ich«, stammelte sie. »Lasst mich vorbei.« Sie versuchte einen Schritt vorwärts zu machen.
    Ihr Wutgeheul übertonte die Schreie der Möwen, als sie wie die Moorhexen auf sie eindrangen. Hände krallten sich in ihre Kleider, schmutzige Fingernägel zerkratzten sie, und schwere Stiefel traten auf sie ein, während sie ihr die Kleider vom Leib rissen. Maureen konnte sie riechen: ihren Schweiß, ihre ungewaschenen Leiber, ihre nassen Röcke. Sie wehrte sich, aber sie fühlte die scharfen Nägel, die zwickenden, bohrenden Finger und den heißen Atem, der in der kalten Luft dampfte, und verstand die Schimpfworte kaum, die sich wie ätzende Säure über sie ergossen.
    Die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte, und sie kämpfte – Faustschlag um Faustschlag, Stoß um Stoß, Fußtritt um Fußtritt. Aber sie waren zu viele, sie waren stark von der endlosen Arbeit auf dem Feld, und ein unersättlicher Hunger nach dem, was sie für Gerechtigkeit hielten, machte sie noch stärker. Sie packten sie bei den Armen und Beinen, warfen sie zu Boden und drückten ihr Gesicht in die Erde.
    »Ich bekomme keine Luft«, schrie sie und versuchte, dem Schlamm zu entrinnen, der ihr in Mund und Nase quoll. Sie wollte den Kopf heben, aber alle Luft entwich ihrer Brust, als jemand ihr auf den Rücken sprang.
    Maureen strampelte und schlug um sich. Sie musste die Last auf ihrem Rücken loswerden und Luft in die schmerzende Lunge saugen. Ihr Stiefel fand ein Ziel, und mit leiser Genugtuung hörte sie das Grunzen, das der Tritt hervorrief. Aber die Vergeltung kam auf der Stelle, und ein Fußtritt traf ihre Rippen.
    »Halt still, du Biest«, zischte Regan. Sie war es, die auf Maureens Rücken saß, sich vorbeugte und an ihren Haaren riss. »Du entkommst uns nicht. Also nimm deine Strafe entgegen.«
    Maureen bog den Kopf in den Nacken; Regan zerrte so heftig an ihren Haaren, dass sie sie gleich ausreißen würde. Ihr Flehen blieb ungehört, sie kümmerten sich nicht um ihr Schluchzen und Sträuben, als sie Scheren zückten und anfingen, ihr die Haare abzuschneiden. Die Scheren waren scharf, und sie gingen achtlos damit um. Bald rieselte das Blut warm über Maureens Gesicht und Hals.
    Maureen erstarrte vor Entsetzen; sie hatte Angst, dass eine Scherenspitze ihr ins Auge fahren könnte, und als die Frauen fertig waren und Regan nach einem letzten, bösartigen Kniestoß von ihrem Rücken stieg, blieb sie kraftlos im Schlamm liegen.
    Aber die Qual war noch nicht zu Ende. Raue Hände schmierten ihr etwas auf den Kopf und über den Körper, eine strafende Salbung, von dreisten Fingern genüsslich vollzogen. Es brannte in Maureens Schnittwunden, und der intensive Schmerz ließ sie aufschreien. Der Geruch verriet ihr, was es war, und sie wimmerte vor Angst: Teer.
    »Feine Federn für eine feine Dame«, schrie eine der Frauen mit hartem Gelächter und öffnete einen Jutesack. Hühnerfedern wirbelten hervor und senkten sich herab. Hände drückten sie an ihrem Körper fest, schmierten sie in die verbliebenen Haarbüschel und bedeckten den misshandelten Leib von oben bis unten damit.
    »Reif zum Rupfen«, kreischte eine, und die

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