Das Versprechen des Opals
sagte sie leise.
Brendt zündete die Zigarre an, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu ihr.
»Es könnte klappen«, flüsterte Brigid, als er zu Ende gesprochen hatte. »Und ich würde zu gern sehen, was dieses Luder für ein Gesicht macht, wenn sie erfährt, wie es zustande gekommen ist.«
Er lächelte zum ersten Mal an diesem Morgen. »Ich wusste, dass meine Pläne dir gefallen, Mutter.« Er tätschelte ihr die Hand, stand auf und verließ das Zimmer.
Brigid schaute zu dem Porträt ihres Vaters hinauf. Wie Teresa, ihre Mutter, hatte sie nie Angst vor ihm gehabt, denn sie hatte gewusst, was in seinem Kopf vorging, und war ihm bei all seinen Schlichen eine willige Komplizin gewesen. Sie lächelte schmal und kaum merklich. Paddy war nicht so raffiniert gewesen, wie er dachte. Die Beweise hätten schon vor Jahren gefunden und vernichtet werden müssen. Jetzt konnten sie den Untergang bedeuten.
Sie biss sich auf die Lippe, als sie daran dachte, wie sie Kate und Miriam das letzte Mal im Minencamp gesehen hatte. Wenn sie die Urkunden doch nur gefunden hätte, als sie Miriams Zelt durchsuchte. Und wenn sie nur Zeit genug gehabt hätte, Kates Sachen gründlich zu durchwühlen – aber das verdammte Weib hatte nach Henrys Tod gepackt und war so schnell verschwunden, dass sie nur sehr oberflächlich hatte nachsehen können.
Paddy hatte getobt, aber sie hatten nichts weiter tun können. Als dann die Jahre vergangen waren und kein Wort von Kate kam, keine Forderung nach Miriams Anteil am Vermögen der Dempsters, da hatten sie angenommen, dass die Dokumente verloren gegangen waren und deshalb keine Ansprüche mehr gestellt werden konnten. Kate und Miriam waren aus Sydney verschwunden, und erst viele Jahre später erkannte Brigid die frühere Freundin auf einem Zeitungsfoto wieder, als dort über Miriams Triumph beim Melbourne Cup berichtet wurde.
Aber irgendetwas hatte sie zu dieser Klage veranlasst – und wenn es nicht die Urkunden waren, was zum Teufel konnte es dann sein?
Ihre Gedanken wollten sich überschlagen, und Brigid musste sich bremsen, damit sie einen nach dem anderen betrachten konnte. Die Erinnerung an die längst vergangenen Tage war noch klar und deutlich, und sie wusste, dass der Schlüssel dort liegen musste. Wenn sie sich jenen letzten Tag im Camp noch einmal gründlich ins Gedächtnis riefe, würde sie vielleicht auf irgendeine Handlung stoßen, auf ein bisher unbeachtetes Ereignis oder ein beiläufiges Gespräch, das ihr die Antwort eröffnete.
Sie lächelte grimmig. Miriam Strong würde bald merken, was für mächtige Feinde sie sich gemacht hatte, und Brigid war entschlossen, dafür zu sorgen, dass ihr ein für alle Mal das Maul gestopft wurde.
VIERZEHN
M iriam gestattete dem Arzt, sie zu untersuchen, aber sie blieb stumm, als er ihr einen langen Vortrag darüber hielt, wie töricht es sei, sich allein mit Einbrechern anzulegen, wie gefährlich, Alkohol und starke Schmerzmittel zu kombinieren, und wie irrsinnig, mit einem antiken Buggy durch die Gegend zu kutschieren.
Sie verschränkte die Arme und wartete, bis er fertig war. Sie kannte ihn schon so lange, dass nichts von dem, was er sagte, sie noch überraschen konnte. Eigentlich, dachte sie, hörte er sich nur selbst gern reden.
Als er sich schließlich verabschiedet hatte, ließ sie sich jedoch in die Kissen sinken und ergab sich der Müdigkeit, dem Schock und den Schmerzen. Sie sah dem Tod ins Gesicht und war gezwungenermaßen zu der Einsicht gelangt, dass sie Dinge, die ihr einst leicht gefallen waren, nicht mehr tun konnte, und hatte akzeptiert, dass sie einen Gang zurückschalten musste, wenn sie das Gerichtsverfahren noch durchstehen wollte.
»Aber nachgeben werde ich nicht«, knurrte sie und griff zu der Schachtel mit den Briefen.
Das Papier war vergilbt, die Tinte zu Ocker verblasst, und die Knicke waren so spröde, dass die Seiten beim Auseinanderfalten zu zerfallen drohten. Sie ließ die Briefe in der Schachtel und berührte sie nur leicht mit den Fingern. Mit geschlossenen
Augen versetzte Miriam sich in eine Zeit zurück, in der die Schatten des drohenden Krieges die Sonne verfinsterten.
Auf Bellbird hatte sich vieles verändert, seit Miriam und Edward das Kommando führten. Noch immer weideten riesige Rinderherden draußen, und noch immer gab es den Trubel des alljährlichen Auftriebs und den langen Treck der Rinder zum Markt. Aber Edward hatte etwas Neues begonnen, bei dem ihm seine Kenntnisse und Erfahrungen als
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