Das Versprechen des Opals
Zuschauerbänken; ihre Familie machte große Augen vor lauter Euphorie und Ungläubigkeit.
Fiona sprang auf und stieß die Faust in die Luft. »Super, Mim!«, schrie sie.
»Ruhe!«, befahl die Richterin und hämmerte auf den Tisch.
Miriam hätte am liebsten gelacht. »Möchten Sie sie sehen?«, fragte sie unschuldig wie ein neugeborenes Fohlen.
Jake lächelte. »Wenn Sie so nett sein wollen …«
Miriam wühlte in ihrer geräumigen Handtasche und zog drei vergilbte Papierbögen heraus. Sie blätterte darin, wählte ein Blatt aus und reichte es Jake. »Das ist die Partnerschaftsvereinbarung, die ein Anwalt in Port Philip aufgesetzt hat, unterschrieben von Patrick Dempster und meinem Vater. Sie datiert vom 3. Juli 1894.«
Sie beobachtete Jake, als er das Blatt entgegennahm und es studierte, und sie lächelte, als er schließlich den Kopf hob und fassungslose Bewunderung erkennen ließ. Brendt Dempster war bleich, und seine Augen glühten wie Kohle. Sie waren starr auf die Urkunden gerichtet, als wolle er sie mit seinem Blick verbrennen.
Miriam nahm das zweite Papier. »Das ist der Claim, den die beiden Männer für eine Mine namens ›Dove Field‹ in White Cliffs registriert haben.« Schwungvoll reichte sie das letzte Blatt hinüber. »Und das«, verkündete sie mit triumphierender Stimme, »ist der Claim für Shamrock Flats in Lightning Ridge. Er trägt die Unterschrift von Patrick Dempster und seinem Partner Henry Beecham.«
»Das ist unmöglich!«, brüllte Brendt durch den Aufruhr, der nun losbrach. Mit puterrotem Gesicht stürzte er sich auf Jake, um die Dokumente an sich zu reißen. »Mein Vater hat gesagt, er hat sie schon vor Jahren vernichtet.«
Es wurde totenstill. Brendt stand mit aschgrauem Gesicht im Saal, und seine Wut erstickte unter der schrecklichen Erkenntnis dessen, was er da gerade gesagt hatte.
»Setzen Sie sich hin, Mr Dempster!«, forderte die Richterin in die Stille hinein. »Sie werden sich wegen Missachtung des Gerichts verantworten müssen.« Sie raffte ihre Notizen zusammen und nahm auch die kostbaren Urkunden und ihre Brille an sich. »Die Verhandlung wird vertagt auf morgen Früh.«
Miriam ließ sie alle warten, bis sie es sich mit einem großen Whisky in ihrer Hotelsuite bequem gemacht hatte. Sie schaute in die Runde und verspürte die warme Glut der Liebe zu allen. Meine Familie ist viel kostbarer als jeder Schwarze Harlekin, erkannte sie.
»Jetzt komm schon, Mim«, ächzte Fiona. »Raus damit! Wo hast du die Urkunden gefunden?«
Natürlich muss sie als Erste drängen, dachte Miriam voller Zärtlichkeit. Fiona ertrug es nie, dass man sie im Dunkeln ließ, wenn es um Geheimnisse ging. »Eigentlich habe ich sie nicht gefunden«, gestand sie schließlich, »sondern deine Mutter.«
»Mum?« Fiona und Louise drehten sich um und starrten Chloe an. »Aber wie denn? Du bist doch nach Byron Bay zurückgefahren.«
Chloe nickte. »Das bin ich auch, aber natürlich war ich in Gedanken immer noch bei den Urkunden. Ich wusste, dass sie irgendwo sein mussten, und als ich in meinem Atelier saß, wurde mir plötzlich klar, dass es eine Stelle gab, an die noch keiner von uns gedacht hatte.«
Miriam fiel ihr ins Wort; sie ertrug es nicht, länger zu schweigen. »Chloe hat mich angerufen, und ich habe gleich nachgesehen. Und da waren sie tatsächlich.«
»Aber wo denn?«, fragten alle entnervt im Chor.
»Sie haben uns die ganze Zeit ins Gesicht gestarrt.« Miriam war entzückt darüber, dass sie noch einmal Hof halten konnte. Sie genoss die Aufmerksamkeit, den Augenblick ihres Triumphs. »Der Hinweis lag auf der Hand, als ich einmal darüber nachgedacht hatte, und als ich genauer hinschaute, wurde mir klar, dass mein Vater selbst einen Wegweiser zu dem Versteck hinterlassen hatte.«
»Mum«, sagte Chloe sanft, »findest du nicht, dass du allmählich übers Ziel hinausschießt – nur ein kleines bisschen?« Ihre grünen Augen funkelten vergnügt, und ihr rotes Haar leuchtete in dem Licht, das durch das Fenster hereinfiel, wie eine flammende Wolke.
Sie hat nie hübscher ausgesehen – dachte Miriam – und auch niemals glücklicher als jetzt, da sie und Leo Waffenstillstand geschlossen haben und wieder ein Liebespaar sind. »Kann sein«, brummte sie und griff nach Chloes Grafikmappe; es war eine einfache Mappe aus zwei großen Vierecken aus dickem Karton, die mit scharlachroten Bändern zusammengehalten wurden. Sie zog das Seidenpapier beiseite und nahm behutsam das letzte Gemälde ihres
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