Das Versprechen des Opals
brauchen Hilfe bei irgendetwas?«
Miriam richtete sich zu ihrer vollen Größe von beinahe eins sechzig auf und stellte ärgerlich fest, dass sie immer noch zu seiner Brust sprach. »Wenn ich die Hilfe eines Jungen gebraucht hätte, dann hätte ich einen verlangt«, sagte sie steif. »Sie haben die Fahrt umsonst gemacht, Mr Connor.«
Er verschränkte die Arme, lehnte sich an den Geländewagen und schlug die Beine in den Stiefeln übereinander. Lächelndblickte er auf sie herab. »Nicht, wenn Sie mir eine Tasse Tee und ein Stück von Ihrer berühmten Schokoladentorte anbieten.«
Miriam machte schmale Augen. Woher wusste er von ihrer Schokoladentorte? Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß; seine Frechheit war bewundernswert, aber zugleich ärgerte es sie, wie mühelos er ihre abweisende Haltung umschiffte. Seine Stiefel waren verschrammt und abgenutzt, und das Gleiche galt für seine Moleskin-Hose und seinen Buschhut. Er mochte jung und aus der Großstadt sein, aber er hatte das Auftreten eines Mannes, der mit dem Staub, den Fliegen und der Hitze des Outback vertraut war. Er machte sie tatsächlich ratlos. Sie schaute weg. »Sie riskieren eine Menge, nicht wahr?«
»Überhaupt nicht«, sagte er, und seine dunklen Augen funkelten amüsiert. »In Galopprennkreisen ist Ihre Torte berühmt – und das sollte ich wissen, denn mein Dad ging schon zu Pferdeversteigerungen, als ich noch ein Dreikäsehoch war – und immer zuerst zum Teezelt der Bellbird-Farm.«
Sie kam zu dem Schluss, dass der junge Mann ihr ziemlich gut gefiel; vielleicht wäre es nett, ein bisschen Zeit mit ihm zu verbringen, ehe sie ihn wieder wegschickte. Aber es war lächerlich anzunehmen, dass er genug Erfahrung besaß, um zu tun, was getan werden musste. »Dann kommen Sie rein«, sagte sie brummig.
Er öffnete die Tür seines Wagens und nahm seinen Aktenkoffer heraus.
Miriam blieb der Mund offen stehen, als sie bemerkte, dass noch jemand im Wagen saß. »Was um alles in der Welt …?«
»Das ist Eric.« Jake grinste. »Der beste, starrsinnigste, eigenwilligste Kater diesseits des Äquators.« Er wandte sich an den rotgelben Kater, der majestätisch auf dem Beifahrersitz thronte. »Das ist Mrs Strong.«
Der Kater musterte Miriam einen Augenblick lang geringschätzig und entschied offenbar, dass es unter seiner Würde sei, sie zu beachten, denn er streckte ein Bein in die Luft und krümmte sich, um sich das Hinterteil zu lecken.
Miriam lachte. »Danke sehr«, sagte sie. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.«
»Tut mir Leid«, sagte Jake und schlug die Wagentür zu. »Er ist immer ein bisschen hochnäsig zu Frauen – ist nicht persönlich gemeint.«
Miriam beobachtete, wie der Kater sein Putzen beendete und sich zum Schlafen zusammenrollte. »So was hab ich noch nicht gesehen«, sagte sie staunend. »Ist es denn nicht gefährlich, ihn ohne Box spazieren zu fahren?«
»Ungefährlicher, als ihn zu Hause zu lassen. Er stellt alles auf den Kopf, wenn ich ohne ihn wegfahre, und dann zieht er zu meiner Nachbarin, bis er wieder Lust hat, mit mir zu sprechen. Meiner Nachbarin würde das nichts ausmachen, aber Eric besteht darauf, im Hundekorb zu schlafen, und attackiert jeden, der ihn da rausholen will. Ihr armer Schäferhund hat eine Heidenangst vor ihm.«
Miriam betrachtete den Kater, und der starrte sie ernst an. Fast schien es, als wisse er, dass sie über ihn redeten. »Vielleicht sollte er mal zum Psychiater«, brummte Miriam.
Jake ließ seinen Aktenkoffer von einer Hand in die andere wandern. Er war sichtlich verlegen. »Meine Frau hat es mit einem Katzentherapeuten versucht – aber es hat nicht geklappt. Darum hab ich nach der Scheidung das Sorgerecht bekommen.«
Lächelnd stieg Miriam vor ihm die Treppe zur Veranda hinauf. Dieser junge Mann gefiel ihr immer besser. Schade, dass er nicht das war, was sie brauchte. »Zeit für ein Häppchen«, brummte sie. »Setzen Sie sich. Ich mache Tee.«
Als sie mit einem voll beladenen Tablett auf die Veranda zurückkam, sprang er auf und nahm es ihr ab. Ehe sie protestieren konnte, hatte er Tee in die beiden angeschlagenen Porzellanbecher gegossen und zwei ordentliche Scheiben Kuchen abgeschnitten.
Miriam setzte sich in den alten Korbsessel und sah ihm zu. Seine Hände mochten weich sein, konnten aber offensichtlich zupacken. Er hatte schlanke Finger und sauber geschnittene Nägel. Sie sah ihm ins Gesicht. »Wilcox hatte nicht das Recht, einen so jungen Mann zu schicken«, sagte sie
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