Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
vernünftig.
    Er dachte kurz an Kate und lächelte. Ohne ihre unerschütterliche Treue wäre er nicht zurechtgekommen, und er war froh, sie seine Freundin nennen zu dürfen – aber früher oder später würde er Ordnung in sein Leben bringen und den nächsten Schritt planen müssen.
    Sein Blick fiel auf den Stapel von Landkarten und Papieren auf dem Tisch. Paddys Begeisterung war verführerisch, und als er nun am Fenster stand, spürte er zum ersten Mal wieder eine andere Regung als Trauer. Eine Gelegenheit war es schon, das musste er zugeben. Aber echte Begeisterung konnte er für das Schürfen nicht auf bringen, auch wenn es ihm möglicherweise ein Vermögen einbringen würde. Das Bedürfnis zu malen war wieder erwacht. Das brennende Verlangen danach, dieses fremde, gesetzlose Land auf die Leinwand zu bannen, lockte ihn aus seinem Jammer hervor und machte ihn rastlos.
    Seufzend wandte er sich vom Fenster ab und schob die Hände in die Hosentaschen. In Wirklichkeit wusste er nicht, was er tun sollte. Paddy war überzeugend, sein Plan faszinierend – aber konnte man ihm wirklich trauen? Maureen und Kate hatten Zweifel geäußert, und er war klug genug, um zu wissen, dass die weibliche Intuition ein wirksames Instrument war.
    Aufgewühlt bedachte er seine Notlage und Paddys Angebot. Er brauchte Geld, um in diesem fremden Land zu überleben, doch zugleich wollte er nie etwas anderes als Maler sein. Ohne Maureen hatte er kein Ziel mehr im Leben – keinen wirklichen Grund, hier zu bleiben. Jeder Tag brachte eine Erinnerung an sie – das verblassende Bild, wie sie an Deck stand, ihre Wärme in seinen Armen, ihr dunkler Kopf, der an seiner Schulter ruhte.
    Heiße Tränen stiegen ihm in die Augen, und er zwinkerte ein paar Mal. Niemand konnte ihren Platz in seinem Herzen einnehmen. Niemand ahnte die Last der Schuld, die er zu tragen hatte, weil er ihr Leiden auf der Seereise nicht bemerkt hatte. Aber wie sollte er das seiner Familie erklären? Wie sollte er nach all dem in die Heimat zurückkehren, ohne seinen Stolz zu verlieren? Und was sollte aus dem Kind werden? Eine ausweglose Lage.
    Er setzte sich an den Tisch und nahm ein weißes Blatt Papier aus seiner Briefmappe. Mama würde am besten wissen, was zu tun war.
    Da kam Kate unangekündigt herein und riss ihn aus seinen Gedanken. »Ich wünschte, du würdest anklopfen«, sagte er schroff. »Es schickt sich nicht, einfach in das Zimmer eines Gentlemans zu stürmen.«
    Kates Miene zeigte Entschlossenheit, und Henry fühlte Bangigkeit. Er kannte diesen Gesichtsausdruck und wusste, dass er stets Ärger verhieß.
    »Es wird Zeit, dass wir über die Zukunft sprechen, Henry«, sagte sie mit fester Stimme. »Ich muss wissen, was du mit der Kleinen vorhast.«
    Henry sah das Kind auf ihrem Arm und wandte sich ab. »Du bist anscheinend gut imstande, für sie zu sorgen«, sagte er missmutig. »Ich weiß nicht, warum du es nicht weiterhin tun solltest.«
    Kate schob das Kind auf dem Arm zurecht und trat auf ihn zu. »Ich habe andere Pläne«, sagte sie. »Es ist dein Kind. Du musst dich darum kümmern.«
    Er starrte sie entsetzt an, als sie ihm das Kind auf den Schoß legte. Unwillkürlich griff er nach der Kleinen, ehe sie herunterfallen konnte, und war überrascht, wie fest etwas so Winziges sich anfühlen konnte. »Kate, nimm es weg!«, befahl er, als das Baby zu schreien anfing. »Ich weiß nicht, was ich damit machen soll.«
    »Das wirst du schon lernen.« Ihre Stimme klang seltsam gepresst. »Und wenn du schon einmal dabei bist, kannst du dir auch gleich einen Namen für sie einfallen lassen. Sie kann nicht ihr Leben lang es heißen.«
    Damit stürmte sie hinaus, und er hörte, wie sie die Treppe hinunterpolterte und die Hintertür zuschlug.
    Henry betrachtete das rote Gesicht des schreienden Säuglings, und in seiner Verzweiflung wippte er die Kleine versuchsweise auf dem Knie. »Pscht!«, machte er. »Hör auf!«
    Zu seinem Erstaunen gehorchte das Kind beinahe auf der Stelle und musterte ihn mit ernsten, sehr grünen Augen. Henry hielt das Kind verlegen auf dem Schoß, und sie schauten einander eine ganze Weile schweigend an. Dann lächelte das Kind.
    Das Gefühl, das ihn ihm auf brandete, war so mächtig, dass er kein Wort dafür fand. Es erwärmte sein Herz und erweckte seine Seele zum Leben – die Seele, von der er geglaubt hatte, sie sei mit seiner Frau gestorben. Denn das Baby hatte Maureens Grübchen in der Wange.
    Behutsam setzte er die winzige Fremde in seine

Weitere Kostenlose Bücher