Das Versprechen des Opals
sie Vertrauen zu diesem Mann haben konnte, und dieses Wissen gab ihr Frieden.
»Sie haben natürlich Recht«, sagte sie schließlich. »Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er auf irgendeine Weise für ihren Tod verantwortlich war, und ich erinnerte ihn ständig an seinen Verlust – und die Ursache seines gesamten Leids.«
Jake nickte nur. »Für die arme Kate kann das alles auch nicht einfach gewesen sein«, sagte er leise. »Gestrandet in einem fremden Land mit einem trauernden Mann und einem ungeliebten Kind – sie muss sich gefragt haben, wo sie da hineingeraten ist.«
»Kate wusste sich zu helfen«, sagte Mim mit liebevollem Lächeln. »Es war nicht ihre Art, untätig herumzusitzen und darauf zu warten, dass von irgendwoher Hilfe kam. Sie hat Arbeit in dem Hotel gefunden, und damit konnte sie für Kost und Logis aufkommen und sich im Leben hier draußen zurechtfinden.«
»Nicht schlecht«, sagte Jake. »Scheint ein zähes Persönchen gewesen zu sein.«
Miriam nickte. »Zäher, als sie aussah, und für ihr Alter sehr reif. Aber sie konnte nicht alles überblicken, und das wurde meinem Vater schließlich zum Verhängnis.«
Die Geräusche vom Hof traten in den Hintergrund, und Kates Stimme drang zu Miriam. Sie fühlte sich wieder in eine Zeit versetzt, die vor ihrer Erinnerung lag.
Kate hatte die Esstische abgeräumt und half der Köchin, das Gemüse für den nächsten Tag zu putzen. Das Hotel war voll wie immer; vor ihrem langen Treck ins Outback, wie die Einheimischen sich ausdrückten, stiegen die Passagiere der großen Schiffe gern für eine Weile dort ab. Der Köchin, einer dicken Frau von unbestimmbarem Alter, die aus dem Londoner East End stammte, machte die Hitze offenbar nichts aus; sie wollte zu den Goldfeldern reisen, um ihren untreuen Ehemann zu suchen, und schwatzte unaufhörlich über ihre Pläne.
Kate hörte dem Geplapper nur mit halbem Ohr zu. Obwohl es Winter war, herrschte in der winzigen Küche eine Hitze wie in einem Hochofen; der glühende Herd trieb die Quecksilbersäuleweit über fünfunddreißig Grad hinauf. Kates verschwitztes Haar klebte ihr im Nacken, und das dünne Kattunkleid hing feucht und schlaff an ihrem Körper. Sie war froh, dass man in dieser neuen Welt keine Korsetts und Petticoats zu tragen brauchte, denn damit hätte sie diese Temperaturen keine fünf Minuten lang überstanden.
Wirkliche Sorgen bereitete ihr jedoch Paddy Dempster: Er war wieder aufgetaucht. Vor zwei Tagen war er angekommen, und seitdem hockten Henry und er stundenlang dort oben zusammen und saßen abends in der Bar. Kate war es bisher gelungen, ihm aus dem Weg zu gehen. Nachts schloss sie sich in ihrem Zimmer ein, und tagsüber achtete sie darauf, dass immer Leute in ihrer Nähe waren. Sie konnte es nicht beweisen, aber sie war sicher, dass Paddy irgendetwas plante – und was er plante, würde die wenigen Pfund betreffen, die Henry noch geblieben waren.
Da, wo es nötig war, gab sie eine gemurmelte Antwort auf die endlose Schmährede der Köchin gegen ihren nichtsnutzigen Ehemann, während sie eine Kartoffel nach der andern schälten und in den Kessel mit Salzwasser warfen. Kate hatte flinke, tüchtige Hände, und ihre Gedanken wanderten von einem Problem zum nächsten.
Seit Maureens Tod waren fast drei Monate vergangen, und noch immer war das Kind nicht getauft – noch immer hatte der Vater es nicht umarmt, geschweige denn zur Kenntnis genommen. Kate war mit ihrem Latein am Ende. Wie konnte sie Henry nur klar machen, welches Unheil er anrichtete, und das nicht nur für sich selbst, sondern auch für das Kind: mit seiner Trinkerei bis tief in die Nacht hinein, mit seiner zweifelhaften Kumpanei mit Paddy und mit jedem Tag, den er voller Selbstmitleid im Bett verbrachte?
Kates Geduld war allmählich zu Ende; der Wunsch, derPlackerei in der Gluthitze der Hotelküche zu entkommen, war allmählich zu einer brennenden Sehnsucht geworden, die bald gestillt werden musste. Sie fühlte den Ruf des weiten, leeren Landes jenseits der Stadt, wilde Gegenden, die sie erforschen musste.
Als sie mit den Kartoffeln fertig waren, trocknete Kate sich die Hände ab und ging das Baby holen. Sie hatte den Korb mit einem Stück Netz bedeckt, um die Kleine vor Fliegen und Moskitos zu schützen, und dann auf einen Stuhl auf die hintere Veranda gestellt, wo sie hoffentlich ein wenig Kühlung durch den Wind finden würde, der vom Meer heranwehte.
»Sie sieht ja ganz gesund aus«, stellte die Köchin fest, als sie
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