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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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mit ihr aus der Küche watschelte. »Aber sie gehört dir nicht.« Ihre funkelnden Spatzenaugen blickten streng. »Du darfst sie nicht zu lieb gewinnen«, erklärte sie weise. »Ihr Dad wird sie wahrscheinlich nach England zurückschicken, nachdem die Mutter gestorben ist.«
    Die Befürchtung, dass genau das geschehen könnte, brachte Kate nachts um den Schlaf, und ihr einziger Trost war der Gedanke, dass Henrys Familie Maureens Baby ebenso wenig aufnehmen würde wie einen verwaisten Straßenköter. Tatsächlich, dachte sie verbittert, hätte der Köter wohl größere Chancen. Sie schüttelte den Kopf. »Wohl kaum«, erklärte sie nüchtern. »Er wird sie behalten müssen, ob es ihm passt oder nicht.«
    »Willst ihn dir wohl selbst schnappen, was?« Die Köchin lachte, dass ihr Doppelkinn bebte und die Speckrollen wippten.
    Kate wurde rot. Waren ihre Gefühle für Henry so offensichtlich? Sie nahm das Baby auf; es weinte und brauchte frische Windeln. »Du hast eine misstrauische Seele, Bella«, sagte sie, das Krähen des Kindes übertönend. »Da ist die Mutter dieses armen Würmchens kaum unter der Erde, und schon kommst du mit solchen Ideen.«
    Bella wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Ich hab Augen im Kopf, Schätzchen. Ich sehe doch, wie du ihn anschmachtest.« Sie schüttelte ihr Doppelkinn. »Aber du verschwendest dich an ihn. Er denkt nicht an euch – nicht jetzt, wo ihn das Fieber gepackt hat.«
    Kate nagte an ihrer Unterlippe. Das Gerede über Gold und Edelsteine war alles, was sie in der Bar und im Speiseraum zu hören bekam, und das Fieber, das Bella erwähnte, wütete unter den Neuankömmlingen, die auf der Suche nach unvorstellbaren Reichtümern von den Schiffen strömten. Sie hatte angenommen, dass Paddy sich diesen Strömen angeschlossen hätte, und war überrascht gewesen, als er wieder auftauchte. Henry bekam doch von seiner Umgebung bestimmt nicht so viel mit, dass er sich von diesem Wahnsinn hatte anstecken lassen, oder? Sie hielt inne, und es lief ihr kalt über den Rücken. War Paddy vielleicht gerade deshalb zurückgekommen?
    Sie merkte, dass Bella sie beobachtete, und schüttelte ihr Haar zurück. »Er hat gar kein Ohr für solche Dinge«, sagte sie abwehrend. »Er trauert immer noch.«
    Bella zog die Brauen hoch. »Wenn du das glaubst, Herzchen, dann glaubst du alles.« Sie verschränkte die Arme unter dem mächtigen Busen. »Ich hab ihn gesehen, Kind. Ihn und diesen Paddy – die halbe Nacht haben sie in der Bar die Köpfe zusammengesteckt. Ich wette, die haben was vor.« Sie verzog das Gesicht. »Er und Seine Lordschaft sind jedenfalls dicke Freunde, so viel steht fest.«
    Kate musterte sie scharf. Bella hatte also auch bemerkt, welchen Einfluss Paddy auf Henry ausübte – sie selbst hatte es sich demnach nicht nur eingebildet. »Ich muss jetzt gehen«, sagte sie und griff hastig nach dem Korb. »Bis morgen Früh.«
    Bella hielt sie mit einer fetten Hand auf. »Du wirst schnell etwas unternehmen müssen, wenn du nicht willst, dass du mitdem Baby sitzen gelassen wirst«, sagte sie grimmig. »Wenn ein Mann das Fieber erst mal hat, verliert er den Verstand. Glaub mir, Schätzchen, ich weiß, wovon ich rede.«
    Bellas Worte hallten in Kates Kopf wider und klangen nur allzu wahr. Kate wandte sich ab und lief die dunkle Treppe zum oberen Stockwerk hinauf. Henry verstand nichts vom Schürfen nach Gold und Edelsteinen, und Paddy war hinterlistig wie eine Schlange. Diese Kombination konnte tödlich sein für sie alle – besonders für dieses kleine, namenlose Baby. Es war Zeit, Henry mit seiner Verantwortung zu konfrontieren. Zeit, diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten.
    Paddy war eben gegangen, und Henry starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Draußen unter den flackernden Straßenlaternen herrschte ein geschäftiges Treiben. Da rollten elegante Kutschen mit stolzen Pferden, und Ochsengespanne zogen schwere Fuhrwerke, angetrieben von knallenden Peitschen. Fußgänger mussten um ihr Leben laufen, wenn sie dem Verkehr entkommen wollten.
    Er beobachtete, wie eine besonders gut gekleidete Frau mit gerafften Röcken die Misthaufen umschiffte, von denen die Straße übersät war, bemüht, das derbe Gebrüll eines Ochsentreibers zu ignorieren. Sie wurde offensichtlich nervös. In der Hitze schnürte das Mieder sie ein. Sie sollte es wie Kate machen und sich von Korsettstangen und Unterröcken befreien, dachte er. Zu Hause wäre das vielleicht nicht schicklich, aber hier ist es doch nur

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