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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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und legte sich in einer Reihe von Haarnadelkurven auf die Seite. Bei alldem spürte Jeremy Tod genau neben sich. Während sie den Bewegungen des Zuges folgten, streiften sie sich mit ihren bloßen Armen oder stießen mit den Schultern zusammen. Jeder Körperkontakt ließ Jeremy in Vorfreude erschauern, er bekam eine Gänsehaut vor Vergnügen. Er wußte, daß er die endgültige Macht über diesen Jungen besaß, die Macht über Leben und Tod, und was ihn von den anderen Weltwundern unterschied, die diese Bezeichnung doch in Wirklichkeit gar nicht verdienten, war, daß er keine Skrupel hatte, seine Macht auszuüben.
    Er wartete auf einen Streckenabschnitt, der mit seinen wellenartigen Bewegungen das größte Risiko für ihre Mutprobe barg. Dann nämlich würde Tod sich in Sicherheit wiegen – das Schlimmste haben wir hinter uns – und würde um so leichter zu überrumpeln sein. Bevor sie zu der Stelle kamen, die Jeremy für seinen Mord ausgewählt hatte, bot die Abenteuerfahrt noch eine besonders trickreiche Überraschung: eine Drehung um dreihundertsechzig Grad bei höchster Geschwindigkeit, wobei sich die Wagen auf die Seite legten. Sobald sie aus diesem Kreis herausfuhren, raste der Zug über sechs Hügel hintereinander, die zwar niedrig waren, aber so dicht aufeinanderfolgten, daß der Zug sich wie eine benebelte Raupe auf und ab, auf und ab, auf und ab wand, bis er schließlich die letzte Schwingtür erreichte, die sie in die künstliche Höhle führte, von der sie losgefahren waren.
    Der Zug begann sich zu neigen.
    Sie fuhren in die Dreihundertsechzig-Grad-Kurve.
    Der Wagen legte sich auf die Seite.
    Tod versuchte, aufrecht stehen zu bleiben, dennoch fiel er leicht gegen Jeremy, der auf der Innenseite des Wagens stand, als er in die Rechtskurve schoß. Das gute alte Astronauten-As heulte wie eine Sirene, um sich richtig in Ekstase zu bringen und das Letzte aus dieser Fahrt rauszuholen, nachdem das Schlimmste überstanden war.
    Vor-freuuuu-de!
    Jeremy schätzte, daß sie ein Drittel der Kurve durchfahren hatten … jetzt die Hälfte … das letzte Drittel.
    Die Strecke verlief wieder gerade, sie kämpften nicht mehr mit der Schwerkraft.
    Dann erreichte der Zug unvermutet den ersten Anstieg und schoß so schnell in die Höhe, daß es Jeremy den Atem nahm.
    Seine rechte Hand, die am weitesten von Tod entfernt war, ließ die Stange los.
    Der Zug raste talwärts.
    Jeremy baute die Rechte zur Faust.
    Sobald der Zug die Talsohle erreicht hatte, sauste er bereits auf die zweite Steigung zu.
    Jeremy holte zu einem wilden Schwinger aus und schlug zu.
    Der Zug donnerte ins Tal.
    Der Schlag traf Tod mitten ins Gesicht. Jeremy spürte, wie das Nasenbein des Jungen brach.
    Während der Zug die nächste Steigung nahm, stieß Tod einen gellenden Schrei aus, der jedoch in dem allgemeinen Gekreische und Gebrüll unterging.
    Für den Bruchteil einer Sekunde würde Tod vermutlich glauben, daß er von dem Vorsprung getroffen worden war, der dem Gerücht zufolge einst einen Jungen geköpft hatte. In seiner Panik würde er die Stange loslassen. Zumindest hoffte Jeremy das, und ließ selber die Stange los, nachdem er den Schwinger ausgeführt hatte und der Zug in vollem Tempo den dritten Abhang hinunterraste. Er warf sich mit voller Wucht gegen seinen besten Freund, packte ihn, zerrte und stieß ihn mit aller Kraft zum Wagenrand. Tod versuchte, sich an Jeremys Haaren festzukrallen, doch der schüttelte wild den Kopf und stieß noch einmal zu, trat ihm in die Seite …
    … der Zug flog die vierte Steigung hinauf …
    … Tod kippte aus dem Wagen, stürzte in die Finsternis, in die Unendlichkeit. Jeremy geriet ins Wanken, verlor beinahe das Gleichgewicht und griff verzweifelt im Dunkeln nach der rettenden Stange, fand sie, klammerte sich fest …
    … der Zug sauste wieder talwärts …
    Jeremy meinte, einen letzten Schrei von Tod zu hören, gefolgt von einem dumpfen Aufprall, als er an die Tunnelwand schlug und im Sog des Zuges auf die Schienen zurückgerissen wurde, vielleicht war es aber auch nur Einbildung …
    … raste mit schlingernden Bewegungen den nächsten Berg hinauf, daß Jeremy beinahe übel wurde …
    … entweder war Tod da hinten in der Finsternis bereits tot, bewußtlos oder halb benommen und versuchte, auf die Beine zu kommen …
    … donnerte talwärts. Jeremy wurde hin- und hergeschüttelt, er verlor beinahe den Halt, und schon ging es in die sechste und letzte Steigung …
    … wenn er noch nicht ganz tot war,

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