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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Minute zu Minute, ein sinnliches inneres Feuer, das der Mord an Tod nicht gelöscht, sondern noch angefacht hatte.
    Sein dunkles Gelüst wurde zu einer quälenden Begierde.
    Er strich im Park herum auf der Suche nach Befriedigung.
    Es überraschte ihn, daß alles in Fantasy World seinen normalen Gang nahm, als ob es das Unglück beim ›Tausendfüßler‹ nie gegeben hätte. Er hatte angenommen, daß der ganze Vergnügungspark geschlossen würde, nicht nur die eine Achterbahn. Dann wurde ihm klar, daß Geld wichtiger war als die Trauer um einen Besucher. Und selbst wenn einige der Leute, die Tods zerfetzten Körper gesehen hatten, die Geschichte weitertrugen, wurde sie wahrscheinlich als ein Aufwärmen des alten Gerüchts abgetan. Alles drehte sich wie eh und je im Park nur um oberflächliches, schnelles Vergnügen, und daran würde sich auch nichts ändern.
    Einmal traute er sich am ›Tausendfüßler‹ vorbei, allerdings in einem gewissen Abstand, weil er nicht sicher war, ob er seine Erregung über die vollbrachte Tat und seinen Stolz über den neuerworbenen Status würde verbergen können. Meister des Spiels. Das Eingangsgebäude war mit Ketten versperrt, Zutritt verboten. Ein Schild WEGEN REPARATURARBEITEN GESCHLOSSEN hing an der Eingangstür. Nicht etwa wegen Tod, das Astronauten-As konnte man nicht mehr reparieren. Da stand aber keine Ambulanz, die sie ja vielleicht benötigt hätten, auch kein Leichenwagen. Polizei war auch nicht zu sehen. Seltsam.
    Dann fiel ihm eine Fernsehsendung über die technische Unterwelt von Fantasy World ein: eine Welt aus Katakomben, unterirdischen Versorgungstunneln, Lagerräumen, Sicherheitsüberwachung und Kontrollzentren für die computergesteuerten Geister- und Achterbahnen, wie in Disneyland. Um keine Unruhe unter den zahlungskräftigen Besuchern aufkommen zu lassen und die Schaulustigen abzuhalten, waren die Polizei und die Leute von der Gerichtsmedizin vermutlich durch diese unterirdischen Tunnel hereingeschleust worden.
    Jeremy spürte, wie dieses innere Kribbeln heftiger wurde. Dieses Gelüst. Die Gier.
    Er war ein Meister des Spiels. Keiner konnte ihm etwas anhaben.
    Vielleicht sollte er den Bullen und den Jungs vom Labor noch mehr zu tun geben, damit sie bei Laune blieben.
    Er schlich weiter durch den Park wie ein Raubtier auf Beutezug, wachsam, auf der Suche nach einer günstigen Gelegenheit. Sie fand sich, wo er sie am wenigsten erwartet hätte, auf der Männertoilette.
    Ein etwa dreißigjähriger Mann stand an einem der Waschbecken und begutachtete sich im Spiegel, kämmte sein dichtes blondes Haar, das von Frisiercreme glänzte. Er hatte ein paar persönliche Gegenstände auf die Spiegelablage gelegt: Brieftasche, Autoschlüssel, eine Taschenpackung Mundspray, ein halbleeres Päckchen Pfefferminz-Kaugummi (der Kerl litt offenbar unter einem Mundgeruch-Komplex) und ein Feuerzeug.
    Das Feuerzeug weckte augenblicklich Jeremys Interesse. Es war nicht etwa eines dieser Wegwerf-Plastikfeuerzeuge, nein, es war aus Stahl in der Form einer Miniaturbrotscheibe mit einem aufklappbaren Deckel. Wenn man den aufschnippte, erschienen Zündstein und Docht. Das fluoreszierende Deckenlicht verlieh den sanften Kurven dieses Feuerzeugs etwas ganz Besonderes, es wurde zu einem übernatürlichen Objekt mit einem merkwürdigen eigenen Strahlen. Ein Fanal, aber nur für Jeremy erkennbar.
    Er zögerte einen Moment, dann ging er zu einem der Urinbecken. Als er seinen Reißverschluß wieder hochzog, sah er, daß der Typ immer noch vor dem Spiegel stand und sich herausputzte.
    Jeremy achtete streng darauf, sich nach dem Pinkeln immer die Hände zu waschen, denn das tat man als wohlerzogener Mensch. Das war eine der Regeln, die ein guter Spieler beachtete.
    Er trat an das Waschbecken neben dem Schönling. Während er sich ausgiebig die Hände seifte, konnte er seinen Blick nicht von dem Feuerzeug abwenden, das nur Zentimeter entfernt auf der Ablage lag. Er schalt sich innerlich, wie dumm er sich verhielt. Der Kerl würde gleich merken, daß er es auf sein Feuerzeug abgesehen hatte. Doch die schlanken silbernen Konturen fesselten ihn. Während er wie gebannt darauf starrte und sich die Seife von den Händen spülte, vermeinte er das Knistern und Prasseln eines alles verzehrenden Feuers zu hören.
    Der Mann steckte seine Brieftasche ein, ließ die anderen Dinge jedoch noch liegen und ging zu einem der Urinbecken. Jeremy wollte gerade nach dem Feuerzeug greifen, als die Tür aufging und ein Vater

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