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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Gelände war ihr vertraut, aber irgendeine bösartige Macht war in ihren Geist gekrochen und hatte die Einzelheiten manipuliert: Das Gras hatte nun eine boshafte schwarze Farbe, war so schwarz wie der Bauch einer Spinne. Und alle Blütenblätter waren sogar noch schwärzer, mit roten Staubfäden, die wie dicke Blutstropfen glänzten …
    … sie sah sich als Siebenjährige auf dem Spielplatz ihrer Schule, in der Dämmerung, aber allein, was sie im wirklichen Leben nie gewesen war. Sie stand inmitten der vertrauten Schaukeln und Wippen und Kletterstangen und Rutschen, die in dem eigentümlichen orangefarbenen Licht des nahenden Abends scharfe Schatten warfen. Diese Geräte, mit denen man sonst soviel Spaß haben konnte, hatten plötzlich etwas Bedrohliches an sich, etwas seltsam Lauerndes und Bösartiges, so als könnten sie sich jede Sekunde in Bewegung setzen, mit lautem Knarren und Klirren, glühendes blaues Elmsfeuer auf ihren Flanken und Gliedmaßen, auf der Suche nach Blut als Schmiermittel, roboterartige Vampire aus Aluminium und Stahl …
3
    Gelegentlich hörte Lindsey einen sonderbaren fernen Schrei, das traurige Blöken eines großen mysteriösen Tieres. Schließlich begriff sie sogar in ihrem Delirium, daß das Geräusch weder ihrer Phantasie entsprang noch aus der Ferne kam, sondern seinen Ursprung direkt über ihrem Kopf hatte. Es war kein Tier; nur die Sirene, die hin und wieder kurz eingeschaltet wurde, um den schwachen Verkehr auf den schneeverwehten Straßen zu warnen.
    Der Wagen hielt früher, als sie erwartet hatte, aber vielleicht lag das nur daran, daß ihr Zeitgefühl ebenso gestört war wie alle anderen Wahrnehmungen. Epstein warf die Tür auf, während O'Malley die Clips löste, die Lindseys Trage gehalten hatten.
    Als man sie aus dem Fahrzeug hob, sah sie zu ihrer großen Überraschung, daß sie sich nicht wie erwartet in einer Klinik in San Bernardino befand, sondern auf einem Parkplatz vor einem kleinen Einkaufszentrum. Um diese Abendstunde war der Platz leer, bis auf den Notarztwagen und – erstaunlicherweise – einen großen Helikopter mit dem Emblem des Roten Kreuzes und der Aufschrift LUFTRETTUNGSDIENST.
    Die Nacht war noch immer kalt, und ein scharfer Wind pfiff über das Pflaster. Sie befanden sich jetzt unterhalb der Schneegrenze, aber direkt am Fuße des Gebirges und von San Bernardino noch weit entfernt. Die Räder der Bahre quietschten auf dem Boden, als Epstein und O'Malley Lindsey rasch der Obhut der beiden Männer übergaben, die neben dem Hubschrauber warteten.
    Der Motor war auf Leerlauf geschaltet. Die Rotoren drehten sich träge.
    Die bloße Anwesenheit des Helikopters – und die darin zum Ausdruck kommende äußerste Dringlichkeit – wirkte wie ein scharfer Sonnenstrahl, der einen Teil des dichten Nebels in Lindseys Verstand vertrieb. Ihr wurde schlagartig klar, daß entweder sie selbst oder aber Hatch in schlechterer Verfassung war, als sie geglaubt hatte, denn eine so ungewöhnliche und kostspielige Beförderungsmethode war nur in sehr kritischen Fällen gerechtfertigt. Und das Ziel war offenbar weiter entfernt als irgendein Krankenhaus in San Bernardino. Vielleicht brachte man sie in ein Behandlungszentrum, das auf Traumatologie spezialisiert war. Doch während sie diese Geistesblitze hatte, wünschte sie verzweifelt, daß dieses Licht wieder erlöschen würde, daß sie wieder in die behütende geistige Umnebelung eintauchen könnte.
    Während die neuen Ärzte sie übernahmen und in den Hubschrauber hoben, brüllte einer von ihnen über den Motorenlärm hinweg: »Aber die lebt ja noch!«
    »Sie ist in schlechter Verfassung«, sagte Epstein.
    »Ja, okay, sie sieht beschissen aus«, meinte der andere Arzt, »aber sie lebt noch. Nyebern erwartet einen Exitus.«
    »Das ist der andere«, erklärte O'Malley.
    »Der Ehemann«, ergänzte Epstein.
    »Wir bringen ihn gleich rüber«, sagte O'Malley.
    Lindsey war sich darüber im klaren, daß diese kurze Unterhaltung eine ungeheuer wichtige Information enthalten hatte, aber sie konnte nicht klar genug denken, um richtig zu verstehen, was gesagt worden war. Oder vielleicht wollte sie es einfach nicht verstehen.
    Während sie in den geräumigen hinteren Teil des Hubschraubers gebracht, auf eine andere Bahre gelegt und auf der mit Vinyl bezogenen Matratze festgeschnallt wurde, versank sie wieder in ihren erschreckend verzerrten Kindheitserinnerungen.
    … sie war neun Jahre alt und spielte mit ihrem Hund Boo, aber als der

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