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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verspielte Labrador ihr den roten Gummiball zurückbrachte und zu ihren Füßen fallen ließ, war es plötzlich kein Ball mehr, sondern ein pulsierendes Herz, aus dem abgerissene Arterien und Venen heraushingen. Und es pulsierte nicht etwa, weil es lebendig war, sondern weil es in den vermodernden Kammern vor Maden und Leichenkäfern nur so wimmelte …
4
    Der Hubschrauber war in der Luft. Wahrscheinlich war der Winterwind schuld daran, daß der Flug so unruhig war wie eine Bootsfahrt auf stürmischer See. In Lindseys Magen regte sich Übelkeit.
    Ein Arzt beugte sich über sie und drückte ein Stethoskop an ihre Brust. Sein Gesicht blieb im Schatten.
    Auf der anderen Seite der Kabine beugte sich ein zweiter Arzt über Hatch und brüllte in ein Funkgerät hinein. Er war nicht mit dem Piloten im Cockpit verbunden, sondern vermutlich mit einem Mediziner in der Klinik, die sie ansteuerten. Gegen die dröhnenden Rotoren anzukämpfen fiel ihm sichtlich schwer, und seine Stimme überschlug sich wie die eines nervösen Teenagers.
    »… leichte Kopfwunde … keine tödlichen Verletzungen … Todesursache wahrscheinlich … Ertrinken …«
    Am Fußende von Hatchs Bahre war die Schiebetür des Helikopters einen Spaltbreit geöffnet, und Lindsey stellte fest, daß die Tür auch auf ihrer Seite nicht ganz geschlossen war, so daß ein arktischer Durchzug entstand. Das erklärte auch, warum das Brausen des Windes und das Dröhnen der Rotoren so ohrenbetäubend war.
    Warum wollten sie, daß es so kalt war?
    Der Arzt, der sich um Hatch kümmerte, schrie immer noch: »… Mund-zu-Mund-Beatmung … Herzmassage … O2 und CO2 … ergebnislos … Epinephrin … keine Wirkung …«
    Die reale Welt war viel zu real geworden, sogar durch den Nebel ihres Deliriums betrachtet. Diese Welt gefiel ihr nicht. Ihre Traumlandschaften waren trotz aller schrecklichen Veränderungen immer noch angenehmer als der Innenraum dieses Rettungshubschraubers, vielleicht weil sie auf der Ebene des Unterbewußtseins ihre Alpträume zumindest ein wenig beeinflussen konnte, während sich die tatsächlichen Ereignisse völlig ihrem Einfluß entzogen.
    … sie tanzte auf dem College-Abschlußball, eng umschlungen mit Joey Delvecchio, ihrem damalige festen Freund. Über ihren Köpfen hing ein großer Baldachin aus Kreppapierwimpeln. Sie selbst war gesprenkelt mit blauem, weißem und gelbem Licht von dem sich drehenden Kronleuchter über der Tanzfläche. Es war die Musik einer besseren Zeit, als Rock 'n' Roll noch nicht seine Seele verloren hatte, als es Disco und New Age und Hip-Hop noch nicht gab, als Elton John und die Eagles ihre größten Erfolge hatten, als die Isley Brothers noch Schallplatten aufnahmen, die Doobie Brothers, Stevie Wonder und Neil Sedaka ein Comeback feierten, als die Musik noch lebendig war, als die Welt voller Hoffnungen und Möglichkeiten schien, die mittlerweile längst zerronnen waren. Eine Band aus dem Ort spielte halbwegs ordentlich eine Slow von Freddy Fender, und Lindsey fühlte sich glücklich und geborgen – bis sie ihren Kopf von Joeys Schulter hob und zu ihm aufschaute und anstelle seines vertrauten Gesichts eine halb verweste Fratze sah: gebleckte gelbe Zähne zwischen eingeschrumpften schwarzen Lippen, das Fleisch blatterig, blasig und glitschig; aus den hervortretenden blutunterlaufenen Augen sickerte irgendeine ekelerregende Flüssigkeit. Lindsey versuchte zu schreien und sich von ihm zu befreien, aber sie konnte nur weitertanzen, zu den süßlich-romantischen Klängen von »Before the Next Teardrop Falls«, in dem vollen Bewußtsein, daß sie Joey so sah, wie er einige Jahre später aussehen würde, nach seinem Tod bei der Explosion einer Marinekaserne im Libanon. Sie fühlte, wie der Tod von seinem kalten Fleisch auf sie übergriff. Sie wußte, daß sie sich aus seiner Umarmung losreißen mußte, bevor diese tödliche Flut sie überschwemmte. Doch als sie sich hilfesuchend umschaute, sah sie, daß Joey nicht der einzige tote Tänzer war. Sally Ontkeen, die acht Jahre später an Kokainvergiftung sterben würde, glitt in fortgeschrittenem Stadium der Verwesung vorbei, in den Armen ihres Freundes, der auf sie hinablächelte, als bemerkte er nichts von ihrer Zersetzung. Jack Winslow, der Footballstar des Colleges, der ein knappes Jahr später in trunkenem Zustand bei einem Autounfall ums Leben kommen würde, wirbelte mit seiner Partnerin vorüber; sein Gesicht war geschwollen, purpurfarben und grünlich, und sein Schädel war

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